# taz.de -- Hardware gegen Störerhaftung: Sorglos dank Crowdfunding
       
       > Wegen der sogenannten Störerhaftung sind offene WLan-Netze selten
       > geworden. Mit der „Sorglosbox“ soll sich das ändern.
       
 (IMG) Bild: Getippt muss werden – mit oder ohne Sorgen.
       
       BERLIN taz | In den letzten zwei Jahren sind viele Cafés und Kneipen zur
       internetlosen Zone geworden. Aus Angst vor Abmahnungen haben sie ihre
       offenen Netze geschlossen und durch anmeldepflichtige Angebote ersetzt.
       Selbst im Oberholz, Treffpunkt der digitalen Bohème Berlins, ist das WLan
       nur noch nach Registrierung nutzbar.
       
       Schuld ist ein BGH-Urteil aus dem Jahr 2010, das es untersagt,
       unkontrolliert ein offenes Netz zur Verfügung zu stellen. Gemeint ist die
       sogenannte Störerhaftung: Wer ein offenes WLan betreibt, haftet dann, wenn
       einer der Nutzer gegen geltendes Recht verstößt und nicht ermittelt werden
       kann; beispielsweise, wenn er illegal Filme oder Musik runterlädt. Er muss
       dann in Zukunft verhindern, dass ein anderer mittels des offenen Netzes
       Urheberrechtsverletzungen begeh – also sein freies Netz einzäunen.
       
       „Die Störerhaftung ist mindestens ein Kollateralschaden der Bestrebungen
       von Musik- und Filmindustrie, ihre Rechte durchzusetzen“, sagt Joerg
       Heidrich, Rechtsanwalt und Justitiar Computerzeitschrift c't. Das Problem
       sei auch, dass die Rechtsprechung keiner klaren Linie folge.
       
       Zum Beispiel sind Access-Provider, etwa die Telekom mit ihren Hotspots, von
       der Haftung ausgeschlossen. Warum das nicht auch für Cafés und Kneipen
       gilt, sei kaum nachzuvollziehen. „Die Störerhaftung steht noch nicht mal im
       Gesetz, und die Prüfungspflichten, denen man als Betreiber nachkommen muss,
       sind uneinheitlich: das LG Köln entscheidet da ganz anders als das LG
       Hamburg.“
       
       ## Dank Crowdfunding 5.000 Euro eingenommen
       
       Dazu soll es eine Alternative geben: die Sorglosbox. Sie verspricht, einem
       die Angst vor Abmahnungen zu nehmen, wenn man sein Internet teilen will.
       Momentan gibt es sie nur als Prototyp, aber das ist nur ein
       Übergangsstadium. [1][Ein Crowdfunding-Aufruf über 5.000 Euro ist, einen
       Tag vor Ende der Kampagne, bereits erfolgreich.] 
       
       „Wir haben uns gedacht, dass es eine unkomplizierte Lösung für kleine
       Anbieter geben sollte“, sagt Wolfgang Lauterbach, einer der Initiatoren des
       Projektes. Und die Lösung, die die Betreiber gefunden haben, ist
       tatsächlich erstaunlich simpel: über eine [2][VPN-Verbindung] bezieht der
       Router seine IP-Adresse vom Server eines Access Providers, der als großer
       Telekomunikationsdienstleister geschützt ist vor Haftungsansprüchen. Und
       diesen Schutz gibt er dann weiter.
       
       Eine auch juristisch elegante Lösung: Schließlich kann niemand dem Nutzer
       vorschreiben, unter welcher IP er im Netz unterwegs zu sein hat.
       
       ## Alternative Freifunk
       
       Es wird auch nicht mehr lange dauern, bis das Gerät auf den Markt kommt:
       Momentan befindet sich ein Prototyp im Betatest, er soll in verschiedenen
       Locations ausprobiert werden. Im Laufe des Novembers werden, falls
       notwendig, Anpassungen an der Software vorgenommen, „und dann kann die Box
       auch schon bald in Produktion gehen“, sagt Lauterbach. Um die 20 Euro solle
       das Gerät kosten.
       
       „Die Resonanz ist bisher sehr positiv“, sagt Lauterbach. Er hofft, mit der
       Sorglosbox den Druck zu erhöhen, damit der Gesetzgeber die Störerhaftung
       anpasst. Tatsächlich wächst der Druck.
       
       Auch [3][Freifunk-Aktivist Jürgen Neumann schilderte im taz-Interview] ein
       ähnliches Verfahren, um freies W-Lan in Berlin anbieten zu können. Freifunk
       nutzt die VPN-Zugänge eines schwedischen Providers, um der Störerhaftung zu
       entgehen, und importiert damit sozusagen Rechtssicherheit. Diese
       technischen Lösungen werden wohl noch eine ganze Weile der Ausweg für
       kleine Anbieter bleiben, denn bisher lässt der Gesetzgeber keinen Willen
       erkennen, das Dilemma zu lösen.
       
       12 Oct 2012
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.indiegogo.com/sorglosinternet
 (DIR) [2] http://de.wikipedia.org/wiki/Virtual_Private_Network
 (DIR) [3] /!95330/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Frédéric Valin
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Überwachung
 (DIR) Schuhe
 (DIR) Die Linke
       
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