# taz.de -- Hass im Gottesdienst: Olaf Latzels Gotteslehre
       
       > Auf der mit Geldern der Friedensnobelpreisträgerin 2012 geförderten
       > maritimen Woche hat der Martini-Pastor Andersgläubige mit Tod und Qualen
       > bedroht.
       
 (IMG) Bild: In der Martini-Gemeinde waren sie früher schon schräg drauf.
       
       Die maritime Woche, ach Gottchen, haben wir auch diesmal wieder verpasst.
       Aber Klaus Jürgen Schmidt nicht. Der war „sehr angetan von der
       Lale-Andersen-Schau“ auf der Bühne am Martini-Anleger. Und dann fiel ihm
       auf, dass da auch ein Gottesdienst stattfinden sollte, am Sonntag: „Da sind
       meine Frau und ich extra hingefahren“, sagt er. Die Schmidts wohnen umzu.
       
       Und dann sitzen sie da und trauen ihren Ohren nicht: „Wir waren entsetzt“,
       so Schmidt. „Ich war kurz davor aufzustehen und zu gehen“, bleibt aber
       höflich sitzen. Der Prediger auf der Bühne aber ist für ihn „ein zorniger
       Eiferer“, so Schmidt: „Das hat Bremen nicht verdient.“
       
       Auch Olaf Latzel nennt seine eigene Predigt „ein hartes Wort“. Latzel ist
       seit 2008 Pastor an St. Martini und behauptet, er betreibe „die klare
       bibeltreue Wortverkündigung“. Das ist ziemlich exakt das, was mit dem Wort
       „Fundamentalismus“ gemeint ist. Der richtet sich stark aufs Jenseits – und
       im Diesseits gegen Minderheiten.
       
       So verteidigt Latzel mit Verve, dass laut Gemeindestatut Frauen in St.
       Martini Predigtverbot haben. Auf der maritimen Woche spricht er über
       „sabbernde Greise“ und bedroht Andersgläubige damit, „in die Hölle
       geschmissen“ zu werden. Das sei ein „ganz furchtbarer Ort“, wie es im
       Predigt-Mitschnitt heißt.
       
       Dass die Schmidts sich darüber ärgern, hat mit ihren Erfahrungen zu tun:
       „Diese Intoleranz erinnert uns stark an afrikanische Pfingstler“, so
       Schmidt. In mehreren Ländern des Kontinents hat das Ehepaar seit den
       1980ern gelebt. In vielen sind Bibeltreue ein ernstes Problem – der
       bekannteste ist der Pastor und Massenmörder Joseph Kony.
       
       Die City Initiative (CI) veranstaltet die maritime Woche, aus dem
       europäischen Regionalfonds (EFRE) gibt der Wirtschaftssenator 100.000 Euro
       dazu: „Es ist kein Euro in den Gottesdienst geflossen“, stellt sein
       Sprecher Holger Bruns klar. Allerdings prangt auf dem Programm, das auch
       Latzels Auftritt ankündigt, das Logo der EU, die sich dem Toleranzprinzip
       verpflichtet weiß. Daher werde man sich „durchaus selbstkritisch fragen
       müssen, ob man im Rahmen der maritimen Woche wirklich Auftritte wünscht,
       die polarisieren, statt zu integrieren“, so Bruns.
       
       Pastor Latzel ist im Grunde ein armer Mann: Seit er seinen Hund erschossen
       hat, lebt er ganz allein. Das Tier will er getötet haben, weil er ihm die
       Bissigkeit nicht austreiben konnte, erklärte der Geistliche dem Gericht,
       das ihn einst verurteilte. Er findet die Tat heute selber schlimm. Nur,
       dass die Bissigkeit seines Hundes etwas mit ihm selbst zu tun gehabt haben
       könnte, scheint er noch immer nicht ganz kapiert zu haben: Sein aggressives
       Gottesverständnis jedenfalls pflegt er weiter. Und er versteckt’s auch
       nicht. So antwortet er den Schmidts, die ihm per Mail auf seine Intoleranz
       hingewiesen haben, das Wort Gottes sei nun mal „ein zweischneidiges
       Schwert, das durchdringt und scheidet“, Hebräer soundso. Und versteift sich
       darauf, nur das wiederholt zu haben, „was in der Bibel ausdrücklich so
       gesagt“ sei. Sabbergreise eingeschlossen.
       
       Naja. Es ist halt alles relativ. Die CI jedenfalls hatte sich keinerlei
       Gedanken über Latzels Theologie gemacht. Touristisch wirksam soll die
       Veranstaltung sein, Leute nach Bremen locken, aus dem Umland, wie die
       Schmidts. Einen Gottesdienst fand man da eine gute Idee. Und die räumliche
       Nähe zu Martini ist ja nicht zu leugnen. Eine andere folkloristische
       Gruppe, ein weiterer Shanty-Chor oder ein unterhaltsamer Handfurzer – hätte
       es wohl auch sein können. Es lägen „keine Beschwerden zum Gottesdienst
       vor“, so die etwas dürre Auskunft.
       
       12 Oct 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Benno Schirrmeister
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