# taz.de -- Kommentar Litauen: Mutige Litauer
       
       > Die Litauer haben nicht nur ihre Regierung abgewählt, sondern sich auch
       > einem Atomreaktorneubau verweigert. Das ist beeindruckend.
       
       Nein, danke!“ Das sagten die litauischen WählerInnen am Sonntag
       mehrheitlich nicht nur bei der Volksabstimmung zum Projekt eines
       Atomreaktorneubaus. Nein sagten sie auch zum Sparkurs der bisherigen
       konservativen Regierung, der zu umfassenden Einschnitten in das
       Sozialsystem geführt hat.
       
       Es interessiere ihn nicht, ob die EU und der IWF diese Politik begrüßten,
       brachte es ein nach seinem Votum im Fernsehen befragter Wähler auf den
       Punkt: Deren Vertreter hätten gut reden, sie müssten ja nicht in Litauen
       leben. Dass der für weite Kreise der Bevölkerung kräftig gesunkene
       Lebensstandard der Preis für den Beitritt des Landes zur Eurozone sein
       soll, erwies sich als kein überzeugendes Argument mehr.
       
       Ist die Ablösung einer Regierung wegen Unzufriedenheit mit der von ihr
       geführten Sparpolitik mittlerweile in der EU ja eher zur Regel geworden,
       fällt Litauen mit seinem Atom-Nein durchaus aus dem Rahmen. Feierte die
       Atomlobby doch das im dortigen Visaginas geplante und auch von
       EU-Energiekommissar Günther Oettinger befürwortete Neubauprojekt als einen
       Beweis für die „Renaissance“ der Atomenergie in Europa.
       
       Tatsächlich schien es noch vor einigen Monaten wenig realistisch, diesen
       Bau stoppen zu können. Um so beeindruckender der Erfolg der
       Antiatomkraftbewegung, errungen gegen eine Regierung und Atomlobby, die vom
       Schönrechnen der Kosten bis zur Diffamierung der Atomkraftgegner als fünfte
       Kolonne Moskaus nichts ausließ, um ihre Pläne durchzudrücken.
       
       Sicher, ob dieses Referendum das letzte Wort ist, sollte man nicht sein.
       Litauens politisches System hat sich in der Vergangenheit als zu korrupt
       erwiesen, als dass man den Versprechungen, sich an das „beratende“ Votum
       des Volkes halten zu wollen, wirklich trauen könnte. Die litauische
       Atomopposition wird weiterkämpfen müssen. Und bekommt dann hoffentlich die
       bislang weithin fehlende Unterstützung aus dem Westen.
       
       16 Oct 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Reinhard Wolff
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Litauen
 (DIR) Litauen
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Neue Regierung in Litauen: Allianz im Kleinkrieg
       
       Erstmals ist die Partei der polnischen Minderheit in einer
       Regierungskoalition in Litauen. Auch mit dabei ist die linkspopulistische
       „Arbeitspartei“.
       
 (DIR) Parlamentswahlen in Litauen: Regierungsbildung blockiert
       
       Sozialdemokraten gewinnen die Wahlen und wollen mit zwei weiteren
       Oppositionsparteien die neue Regierung bilden. Der Präsidentin passt ein
       Koalitionspartner nicht.
       
 (DIR) Parlamentswahl in Litauen: Linke Opposition gewinnt
       
       Die litauischen Wähler haben die konservative Regierung für ihre
       Sparpolitik abgestraft. Ende Oktober kommt es zur Stichwahl um
       Direktmandate.