# taz.de -- Prozesse gegen somalische Piraten: Was tun mit den vielen Freibeutern?
       
       > Somalische Piraten beschäftigen Gerichte rund um die Welt. In Europa
       > kommt es schon mal vor, dass ein Verurteilter Asyl beantragt.
       
 (IMG) Bild: Und an welches Gericht gehen diese Herren Freibeuter?
       
       BERLIN taz | Der Hamburger Piratenprozess ist nicht der einzige. Seit
       EU-Marinestreitkräfte Ende 2008 begannen, im Indischen Ozean vor Somalia
       Schiffsrouten gegen Überfälle zu schützen, stellt sich die Frage, was im
       Erfolgsfall passieren soll, wenn also Piraten aufgegriffen werden.
       
       Der erste Somalia-Piratenprozess Europas fand in den Niederlanden statt;
       die Angeklagten erhielten im Juni 2010 fünf Jahre Haft. Weil einer von
       ihnen aus der Haft heraus Asyl beantragte und Abschiebungen nach Somalia
       ohnehin nicht erlaubt sind, begann daraufhin eine Diskussion, ob solche
       Prozesse nicht lieber vor Ort zu führen sind. Denn sonst könnte sich ja
       Piraterie als sichere Migrationsroute nach Europa erweisen.
       
       Dennoch gibt es immer mehr Somalia-Piratenprozesse in Europa. Im November
       2011 wurden in Paris fünf Somalier zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt.
       Ein zweiter Pariser Piratenprozess begann im Mai 2012 gegen sechs Somalier,
       die eine französische Luxusjacht auf dem Weg von den Seychellen nach Jemen
       gekapert hatten. Neun somalische Freibeuter wurden im März in Rom vor
       Gericht gestellt. In den Niederlanden begann im September ein neues
       Piraterieverfahren. Auch in den USA laufen zwei Prozesse.
       
       Am liebsten sehen es die Europäer, wenn somalische Piraten in der Region
       bleiben. Mangels eines funktionierenden Staats- und Rechtswesens in Somalia
       selbst steckte die EU zu Beginn ihres Antipiraterieeinsatzes erhebliche
       Mittel in den Aufbau eines Sondergerichts im kenianischen Mombasa.
       Innerhalb von drei Jahren wurden dort 160 somalische Piraten angeklagt, von
       denen bis Anfang 2012 50 verurteilt und 17 freigesprochen wurden; die
       anderen Fälle laufen noch. Inzwischen werden auch in anderen Ländern
       Sondergerichte finanziert, z. B. auf den Seychellen oder Mauritius, auf
       Madagaskar oder in Tansania.
       
       Für Unmut in diesen Ländern sorgt, dass wegen des Drucks aus Europa
       Somalia-Prozesse viel schneller gehen als die gegen Einheimische. In Europa
       wiederum werden die Haftbedingungen kritisch gesehen. Die UN-Abteilung zum
       Kampf gegen das Organisierte Verbrechen unterstützt auch Piratentribunale
       in den somalischen Regionen Puntland und Somaliland, wo es anders als im
       Rest des Landes ein funktionierendes Justizwesen gibt. Eigentlich sollen
       Häftlinge aus anderen Staaten auch dorthin zurückgeführt werden können. Ein
       UN-Bericht vom Januar dazu beklagt in diesem Zusammenhang aber
       „unerklärliche“ Freilassungen.
       
       Man kann auch kurzen Prozess machen. Ein Gericht in Jemen verurteilte 2010
       sechs somalische Piraten zum Tode. Anfang 2011 wurden bei einer Seejagd
       zehn Somalier von Indiens Kriegsmarine getötet.
       
       19 Oct 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dominic Johnson
       
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