# taz.de -- Kommentar Piratenprozess: Harte Strafen, geringe Wirkung
       
       > Der Piratenprozess hat die Defizite der deutschen Justiz offengelegt. Die
       > Somalier lernten schneller Deutsch als die Juristen Somalia verstanden.
       
       Eines ist sicher: Dass die jungen somalischen Piraten, die jetzt seit fast
       zwei Jahren in Hamburg vor Gericht standen, zu hohen Haftstrafen verurteilt
       worden sind, wird für die Piraterie im Indischen Ozean nicht den geringsten
       Unterschied machen.
       
       Anders als beim Prozess gegen zwei ruandische Milizenführer in Stuttgart
       wegen Kriegsverbrechen ihrer Truppen im Kongo standen in Hamburg keine
       mutmaßlichen Rädelsführer einer Organisation vor Gericht. Die jungen
       Somalier waren, so das Gericht, direkte Täter, und die Strafen gegen sie
       fallen ja auch deshalb so hoch aus, weil das Gericht zum Schluss gekommen
       ist, dass sie bei der Kaperung des deutschen Frachters „Taipan“ nicht zur
       Mitwirkung gezwungen wurden.
       
       Es dürfte von diesem Urteil wenig Signalwirkung auf andere Somalier
       ausgehen – sofern andere Somalier von dem Urteil überhaupt je erfahren.
       Dennoch war es sinnvoll, den Prozess zu führen. Und zwar deshalb, weil
       dadurch Defizite des deutschen Justizwesens offenkundig geworden sind. Die
       somalische Lebensrealität ist von den Kategorien des deutschen Rechtswesens
       weit entfernt. Die deutschen Juristen brauchten so lange, sich dieser
       Lebensrealität einigermaßen anzunähern, dass am Schluss die Angeklagten
       selber ungeduldig wurden und verlangten, jetzt endlich verurteilt zu
       werden.
       
       Und die jungen Somalier haben schneller Deutsch gelernt, als dass die
       deutschen Juristen Somalia verstanden hätten.
       
       Ebenso wie der Kriegsverbrecherprozess in Stuttgart zeigt der
       Piratenprozess: Wenn die deutsche Justiz sich anmaßt, Täter aus fernen
       Konfliktgebieten anzuklagen, muss sie sich selber auch die Kapazitäten
       geben, solche Verfahren angemessen zu führen. Sie hat diese Kapazitäten
       noch nicht. Sie kann nach diesem Prozess also nicht einfach die Akten
       schließen und zur Tagesordnung übergehen.
       
       19 Oct 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dominic Johnson
       
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