# taz.de -- Republikanische Aktivisten zur Wahl: „Die wichtigste Wahl meines Lebens“
       
       > Alle Mobilisierungsversuche der Romneyanhänger nützen nichts. Trotzdem,
       > kritisiert werden die Republikaner von ihren Fans nur am Rande.
       
 (IMG) Bild: Mit Atemhilfe zur Wahl: Die Wahlhelfer nehmen zum Teil große Mühen auf sich
       
       CINCINNATI taz | Großmutter und Enkelin sind in knallroten Blusen gekommen.
       „Tragt rot am Wahltag“, lautete die Aufforderung an RepublikanerInnen. Es
       ist die Farbe der konservativen Partei. Aber an diesem späten Dienstag
       Abend sitzen die 63- und die 17jährige allein an einem leeren runden Tisch
       in einem viel zu großen Saal des Kongresszentrums von Sharonville.
       
       Die ältere Frau hat noch bis wenige Stunden vor Schliessung der Wahllokale,
       Telefonanrufe gemacht, um potenzielle Mitt-Romney-WählerInnen zu
       mobilisieren. Die jüngere hat ihr Auto mit Romneys Namen beklebt. Und beide
       tragen Romney-Sticker auf ihren Blusen. Aber an diesem Abend gibt es nichts
       zu feiern. Paula Williams, die Großmutter, ist eine gläubige Katholikin und
       Vorsteherin einer konservativen Familie.
       
       „Ich glaube nicht an Abtreibung. Und nicht an die gleichgeschlechtliche
       Ehe. Ich bin für ein starkes Militär. Und gegen zu viel Wohlfartsstaat“,
       sagt sie. Sie hat auch gehofft, dass ihre Rente, die seit zwei Jahren nicht
       erhöht worden ist, unter Romney steigen würde. Oder dass der zumindest,
       wenn ihre Rente schon so niedrig bliebe, auch bei den anderen
       Staatsausgaben spare.
       
       Die beiden Frauen verlassen das Kongresszentrum Stunden bevor fest steht,
       dass ihnen vier weitere Jahre mit Obama bevorstehen. Die „Elefanten-Herde
       stürmt heran“, hat auf der Einladung zu dem Abend in dem erst in diesem
       Jahr eröffneten nagelneuen Ausbau des Kongresszentrums gestanden. In
       Sharonville im Norden von Cincinnati hat der Autokonzern Ford eine große
       Fabrik.
       
       ## Der Saal zu zwei Drittel leer
       
       Die Gemeinde hat Geld. Auf der Bühne vor dem zu zwei Drittel leeren Saal,
       lösen sich lokale und nationale Politiker der republikanischen Partei ab.
       Der Südwesten von Ohio hat an diesem Wahltag vier republikanische
       Kongressabgeordnete – darunter auch den Vorsitzenden des
       Repräsentantenhauses John Boehner – sowie zahlreiche Lokalpolitiker und
       Senatoren im Bundesstaat wieder gewählt.
       
       Der Abgeordnete Steve Chabot, einer der vier Kongressmänner, ein
       steuerkonservativer katholischer Politiker, sagt am frühen Abend:
       „natürlich bin ich nervös. Aber nicht wegen meiner eigenen Wiederwahl.
       Sondern wegen Romney“. An einem anderen halbleeren Tisch im Raum, und
       ebenfalls in einem roten T-Shirt hat der 70jährige Bruce Long schon am
       frühen Abend gesagt: „Ich bete“.
       
       Wie viele im Raum ist er erschöpft von dem langen Wahlkampf. Er hat es
       getan, weil er meint, dass Präsident Obama die USA „immer sozialistischer“
       mache. Und weil er nicht will, dass sein Land „wie Europa“ wird. Ausser ihm
       sitzen vier weitere Erwachsene am Tisch. Zwei befreundete Paare. Die beiden
       Frauen – 20 und 40 - sind arbeitslos. Der ältere Mann – 51 - ist
       arbeitsunfähig. Und der mit 23 Jahre jüngste am Tisch, hat bereits acht
       Arbeitsjahre hinter sich. Im Augenblick ist Bobby Mason in der
       Autoindustrie beschäftigt, von der einer von acht Jobs in Ohio abhängt. Der
       junge Mann baut Radios ein.
       
       Obama hat die „großen drei“ der Auto-Branche im Jahr 2009 mit einem
       milliardenschweren Rettungsprogramm von dem Bankrott abgehalten. Die
       „Auto-Rettung“ ist das Hauptargument der Demokratischen Partei für Obamas
       Wiederwahl in Ohio und im benachbarten Michigan gewesen. Aber der junge
       Republikaner, der Auto-Radios einbaut und als einziger am Tisch in Lohn und
       Brot steht, sagt, das sei ein Fehler gewesen.
       
       ## Freie Marktwirtschaft statt Rettung
       
       Wenn ein Unternehmen zahlungsfähig sei, solle man es pleite gehen lassen.
       Anschliessend würden andere kommen und die Lücke füllen. Nur fünf Tage vor
       diesem trostlosen Wahlabend sind noch 30.000 jubelnde AnhängerInnen zu
       einem Auftritt von Mitt Romney im benachbarten West Chester gekommen.
       
       Am selben Freitag sind auch Cindy Dally und ihr Mann Bill aus Austin, Texas
       in Ohio eingeflogen. Im Swing-State Ohio haben sie im Wahlkampf geholfen.
       Vor der Abreise haben die beiden jungen RentnerInnen zuhause ihre Stimme
       abgegeben. In Texas gab es keinen Anlass zum Wahlkämpfen. Dort stand der
       Sieg der RepublikanerInnen von vornherein fest. Wie mehr als 100 andere
       TexanerInnen, die in den vergangenen Tagen in Ohio nach Ohio ausgeschwärmt
       sind, haben die Dallys ihre Reise selbst bezahlt.
       
       „Es ist die wichtigste Wahl meines Lebens“, erklärt Cindy Dally, das Land
       gehe „in die falsche Richtung“. Zuviele Steuergelder aus Texas gingen nach
       Washington DC und kämen allenfalls nach einem teuren Umweg zurück, fügt ihr
       Mann hinzu. Der republikanische Senator in Ohio, Bill Seitz, der selbst an
       diesem Abend zuversichtlich ist, dass er wiedergewählt worden ist, sagt,
       dass Romney eine „ziemlich gute Kampagne“ gemacht habe.
       
       ## „Die Blockade in Washington wird weitergehen“
       
       Stunden bevor Romneys Niederlage fest steht, macht Senator Seitz bereits
       Manöverkritik. Seine größte Enttäuschung ist, dass sie die Mehrheit im
       US-Senat verfehlt hat. „Die Blockade in Washington wird weitergehen“,
       prognostiziert er. Verantwortlich dafür macht er die Nominierung von „zu
       extremen Kandidaten“. Er nennt namentlich die beiden radikalen
       Abtreibungsgegner Richard Mourdock und Todd Akin, deren Einzug in den
       US-Senat am Dienstag in Indiana und Missouri gescheitert sind.
       
       Beide Staaten stimmen ansonsten republikanisch. Seitz folgert daraus, dass
       die Tea Party zwar die radikale Basis seiner Partei mobilisiere, aber nicht
       für nationale Wahlen taugt. Das hätten schon im Jahr 2010 die Niederlagen
       der radikalen Kandidatinnen bei den Halbzeitwahlen in Nevada (Sharron
       Angle) und Delaware (Christine O'Donnell) gezeigt. Für künftige
       KandidatInnenküren sagt er: „Wir müssen klug sein“.
       
       7 Nov 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dorothea Hahn
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