# taz.de -- Renzension Little Big Planet Karting: Säcke, die auf der Fahrbahn rempeln
       
       > Rasen, drängeln, schießen: die niedlichen Sackboy-Figuren aus der
       > Spielereihe „Little Big Planet“ geben jetzt Gas in ihrem eigenen
       > Kart-Spiel.
       
 (IMG) Bild: Sehen so aus wie das Ergebnis einer Bastelstunde in der Waldorfschule: die Figuren von „Little Big Planet Karting“.
       
       Nintendos Klempner und dessen Freunde aus dem Klassiker „Mario Kart“
       bekommen Konkurrenz – von den Sackboy-Figuren aus „Little Big Planet“ auf
       der PlayStation 3. Auch hier heißt es: wer rempelt, gewinnt. Haufenweise
       fiese Tricks statt Perfektion hinterm Steuer lautet das Erfolgsrezept des
       Partygames für Rennspielmuffel, die nicht gerne alleine vor dem Bildschirm
       hocken.
       
       „Oh, wie niedlich,“ rufen die meisten Leute, wenn sie den Sackboys zum
       ersten Mal begegnen. Nicht nur Frauen mit Schleifchen im Haar, die auf rosa
       Tapeten Bilder von Katzenbabys aufhängen. Auch echte Kerle erliegen dem
       Charme der Figuren mit den großen Köpfen.
       
       Die ähneln Plüschtieren, sind aus grober Wolle gestrickt oder aus
       Blümchenstoff genäht, tragen Drachenkostüme oder Löwenmasken. Ob süß, cool
       oder einfach schräg: die Helden der Spielereihe „Little Big Planet“ sehen
       aus wie das Ergebnis einer Bastelstunde in der Waldorfschule – mit Liebe
       selbstgemacht, etwas skurril, aber charmant. Bislang hüpften sie in
       Geschicklichkeitsspielen durch kunterbunte Levels, nun geben sie Vollgas.
       
       In „Little Big Planet Karting“ gewinnt natürlich derjenige, der als Erster
       ans Ziel kommt. Wie er das anstellt, ist egal. Drängeln, rempeln, driften
       oder schießen: in den etwa 30 vorgefertigten Leveln ist Fairness
       Nebensache. Das gilt nicht nur für die Arenen, in denen der Spieler
       möglichst oft seine Gegner treffen muss. Auch auf den Straßen, Pisten und
       an Stränden ist die harmlose Schadenfreude ebenso große Spielmotivation wie
       der Siegestaumel.
       
       ## Ungeheuer und Absturzstellen
       
       Wenn der denn eintritt. Eins haben fast alle Fun-Kart-Games gemein: wer am
       Anfang vorne liegt, steht zum Schluss nicht unbedingt auf dem
       Siegertreppchen. Erst muss er noch elegant an den Ungeheuern und
       Absturzstellen am Wegesrand vorbei, abgefeuerte Waffen abwehren oder ihnen
       ausweichen.
       
       Da es auf Dauer langweilt, Computergegner mit Gemeinheiten zu bedenken,
       fahren Kart-Fans hier am besten mit Freunden. Entweder über das Internet
       oder besser am geteilten Bildschirm vor einer Konsole. Da wird es auf der
       Couch dann ebenso turbulent wie bei der Action auf dem Fernseher.
       
       Die Rennen sind genretypisch flott und abwechslungsreich. Während ein
       Fahrer auf seinen Vordermann ballert, verschießt das Kart nebenan Blitze.
       Schnell muss man den über die Fahrbahn rollenden Monstern ausweichen,
       Extras einsammeln, Vollgas geben und sich mit dem Greifhaken über den
       nächsten Abgrund hangeln.
       
       In dem grafisch gelungenen Spiel gibt es so vieles zu entdecken, dass es
       nicht langweilig wird – zumindest bei den Rennstrecken. Die Minispiele sind
       teilweise weniger dynamisch. Beim Fahren über den Rundkurs etwa dreißigmal
       eine Rakete abzuwehren, das wirkt zumindest auf erwachsene Spieler
       spätestens nach der zwölfen Rakete etwas öde. Aber zum Glück können Spieler
       diese Parts in den kunterbunten Menüs einfach überspringen und in den
       nächsten Level einsteigen.
       
       ## Kleine Geschichten in Sprechblasen
       
       Bunt und kreativ, mit Liebe zum Detail gestaltet wirkt hier fast alles: die
       Figuren, die Strecken, die Karts. Die Filmsequenzen, die die wirre
       Geschichte des Spiels erzählen, scheinen allerdings übertrieben kindlich,
       fast aufdringlich. Hier erzählen Figuren in Sprechblasen kleine
       Geschichten, die sich für oft nur schwer mit einem Rennspiel in
       Zusammenhang bringen lassen. Da drücken die meisten Spieler ab 10 Jahren
       wohl den Knopf zum Überspringen.
       
       Wer den kurzen Story-Modus durchgespielt hat, muss selber ran. Oder warten,
       bis es andere tun. Das Herzstück des Spiels ist der Kreativ-Part. Schon die
       Hüpfvorgänger lebten vor allem durch das riesige Level-Angebot, das andere
       Spieler kreiert und veröffentlicht haben. So können Kreative auch bei der
       Kart-Variante Levels völlig frei gestalten.
       
       Nicht nur Kurven, Abzweigungen und Dekogegenstände können sie im Level
       verteilen, sogar Stand und Farbe der Sonne sind nach Vorlieben variabel. Um
       die etlichen Design-Möglichkeiten für den perfekten Level voll
       auszuschöpfen, brauchen selbst Profis eine Weile. Dafür gleicht am Ende
       kaum eine Strecke der anderen. Wahrscheinlich nur eine Frage der Zeit, bis
       so maskierte Sackboys durch Batman-Level rasen und Gandalf-Figuren durch
       Fanatsy-Landschaften düsen.
       
       „Little Big Planet Karting“ erinnert auf den ersten Blick an Mario Kart,
       ist aber keine billige Kopie. Für Bastler wirkt der integrierte Editor wie
       ein kleines, virtuelles Paradies. Kart-Fans, die es bunt und plüschig
       mögen, werden ebenfalls viel Freude an den Sackrennen haben. Die
       actionreichen Drängeleien könnten sogar manch einen Rennspielmuffel aus der
       Reserve locken. Simulations-Fans schütteln bei dem rasanten Treiben
       wahrscheinlich nur den Kopf.
       
       9 Nov 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Nina Ernst
       
       ## TAGS
       
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