# taz.de -- Abtreibungsverbot in Irland: Glaube gerettet, Patientin tot
       
       > Irische Ärzte haben einer Schwangeren trotz einsetzender Fehlgeburt eine
       > Abtreibung verweigert. Die Gesetzeslage erlaube das nicht. Jetzt ist die
       > Frau gestorben.
       
 (IMG) Bild: Proteste nach dem Tod von Savita Halappanavar: „Dieses Land tötet Frauen.“
       
       DUBLIN taz | Eine Schwangere, die eine prolongierte Fehlgeburt erlitten
       hatte, ist in einem irischen Krankenhaus gestorben, weil die Ärzte ihr
       einen Schwangerschaftsabbruch verweigerten. Die 17 Wochen schwangere Savita
       Halappanavar war Ende Oktober mit heftigen Rückenschmerzen ins
       Universitätskrankenhaus der westirischen Stadt Galway gegangen. Die Ärzte
       stellten fest, dass bei ihr eine Fehlgeburt eingesetzt hatte. Das Baby, so
       erklärten sie ihr, sei nicht zu retten. Die 31-jährige bat die Ärzte
       mehrmals, den Fötus aus der Gebärmutter zu entfernen, da sie unter
       erheblichen Schmerzen litt. Die Ärzte weigerten sich: Solange das Herz des
       Embryos schlage, dürften sie nichts unternehmen. „Das ist ein katholisches
       Land“, fügten sie hinzu.
       
       Nach zweieinhalb Tagen hörte der Herzschlag schließlich auf, und die Ärzte
       entfernten den Fötus. Zu der Zeit ging es Halappanavar bereits so schlecht,
       dass sie auf die Intensivstation verlegt werden musste. Eine Woche später
       starb sie an einer Blutvergiftung, die zum Versagen von Herz, Nieren und
       Leber führte.
       
       „Es war eine Tortur für Savita“, sagte ihr Mann Praveen Halappanavar, der
       als Ingenieur bei Boston Scientific in Galway arbeitet. „Sie war sehr
       traurig, aber sie akzeptierte, dass sie das Baby verlieren würde. Sie
       fragte die Ärzte, ob sie in Anbetracht der Tatsache, dass das Baby nicht zu
       retten sei, die Schwangerschaft beenden würden, doch sie behaupteten, das
       würde gegen das Gesetz verstoßen. Savita erklärte ihnen, dass sie weder
       irisch, noch katholisch sei, aber sie sagten, da könne man trotzdem nichts
       machen.“ Am Abend brach Savita Halappanavar auf dem Weg zur Toilette
       zusammen. Man verabreichte ihr Antibiotika, verweigerte ihr aber nach wie
       vor den Schwangerschaftsabbruch.
       
       ## Lebensgefahr ist kein Abtreibungsgrund
       
       „Sie hatten es in der Hand, aber sie ließen sie sterben“, sagte ihr Mann.
       „Warum lässt man eine junge Fraue sterben, nur um ein Baby zu retten, das
       ohnehin nicht überleben würde? Es ist schwer zu verstehen, dass so etwas im
       21. Jahrhundert geschehen kann.“ Dabei wäre eine Abtreibung aufgrund eines
       Urteils von 1992 durchaus möglich gewesen. Damals war einer 14-Jährigen,
       die vergewaltigt und geschwängert worden war, per Gerichtsbeschluss die
       Ausreise zur Abtreibung nach England verwehrt worden. Das höchste Gericht
       hob das Urteil auf: Bei Lebensgefahr für eine Schwangere, und dazu zählten
       die Richter auch Selbstmordgefahr, sei eine Abtreibung statthaft.
       
       Die Regierung wollte die Rechtslage danach fünf Mal durch Volksentscheide
       klären lassen, doch das Volk spielte nicht mit. Die Frauenorganisationen
       monierten, dass eine Gesundheitsgefährdung der Schwangeren kein
       Abtreibungsgrund sein sollte, die Abtreibungsgegner wollten nicht mal akute
       Lebensgefahr gelten lassen.
       
       Vor zwei Jahren entschied der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte,
       dass Irland Gesetze verabschieden muss, um bei Lebensgefahr für die
       Schwangere einen Abbruch zu ermöglichen. Doch die Regierung hat sich bisher
       nicht getraut, das heiße Eisen anzufassen. Die Gesundheitsbehörde hat nun
       eine Untersuchung des Falls Halappanavar eingeleitet, und das Krankenhaus
       hat interne Ermittlungen aufgenommen.
       
       15 Nov 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ralf Sotscheck
       
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