# taz.de -- Abtreibungsrecht in Irland: Parlament stimmt für Ausnahmen
       
       > In Irland sind Schwangerschaftsabbrüche bisher strengstens verboten. Ein
       > neues Gesetz soll bei Gefahr für das Leben der Schwangeren den Abbruch
       > erlauben.
       
 (IMG) Bild: Gegner der Reform des Abtreibungsrechts demonstrieren in Dublin
       
       DUBLIN afp | Über zwei Tage hinweg wurde stundenlang debattiert, am Ende
       stand ein Beschluss mit reichlich politischem Zündstoff: Irlands Parlament
       hat in der Nacht zum Freitag ein umstrittenes Gesetz verabschiedet, dass
       Abtreibungen in Notfällen erlaubt - nämlich dann, wenn das Leben der
       Schwangeren unmittelbar in Gefahr ist. Die Koalitionsabgeordneten stimmten
       in der Nacht zum Freitag mit 127 zu 31 Stimmen klar für einen
       entsprechenden Regierungsvorschlag und zogen dabei auch einzelne
       Oppositionsvertreter auf ihre Seite.
       
       Das nach monatelangen Kontroversen verabschiedete Gesetz muss noch im
       ebenfalls von der Regierungsmehrheit dominierten Oberhaus genehmigt und vom
       Präsidenten unterzeichnet werden, bevor es in Kraft treten kann. Es würde
       Schwangerschaftsabbrüche wegen lebensgefährlicher Umstände auch in solchen
       Fällen ermöglichen, in denen ein Geburtshelfer und zwei Psychologen
       einstimmig Suizidgefahr bei der Schwangeren attestieren. Vor allem diese
       „Selbstmordklausel“ hatte das mehrheitlich katholische Land tief gespalten,
       da Gegner eine schleichende Liberalisierung des strengen Abtreibungsrechts
       befürchten.
       
       Schwangerschaftsabbruch ist in Irland bislang verboten, weshalb nach
       Angaben des britischen Gesundheitsministeriums zwischen 1980 und 2012 mehr
       als 150.000 Frauen für Abtreibungen nach England und Wales reisten. Zwar
       dürfen Ärzte seit einem Urteil des Obersten Gerichtshofs aus dem Jahr 1992
       einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen, wenn das Leben der Schwangeren
       unmittelbar in Gefahr ist. Doch bislang wurden die Gesetze nicht an die
       Rechtsprechung angepasst, was Dublin im Jahr 2010 auch ein missbilligendes
       Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte einbrachte.
       
       Besonders heftige Massenproteste hatte der Tod einer aus Indien stammenden
       Zahnärztin Ende Oktober wegen einer Fehlgeburt und anschließenden
       Blutvergiftung ausgelöst, nachdem die Ärzte ihr zuvor eine Abtreibung
       verweigert hatten. Daraufhin wurden Forderungen nach einer Änderung der
       Abtreibungsgesetze laut, wobei einige Verfechter liberalerer Regeln
       monieren, dass auch das aktuelle Gesetz keine Abtreibungsmöglichkeit im
       Falle von Inzest, Vergewaltigungen oder Schwangerschaftskomplikationen
       vorsieht. Von Gegnern der Neuregelung erhielt Ministerpräsident Enda Kenny
       nach eigenen Angaben mit Blut geschriebene Drohbriefe, andere hätten ihn
       als Mörder beschimpft.
       
       Und auch innerhalb der Regierung war der Kursschwenk keineswegs
       unumstritten: Die für Europaangelegenheiten zuständige Staatssekretärin
       Lucinda Creighton aus Kennys Partei Fine Gael stimmte gegen das Gesetz –
       und kam ihrem Rausschmiss aus der Partei durch freiwilligen Rücktritt
       zuvor. „Ich bin zutiefst überzeugt, dass Teile dieses Gesetzes auf falscher
       Logik und absolut null medizinischer Expertise beruhen“, sagte Creighton,
       der vor allem die Klausel zur Suizidgefahr übel aufgestoßen war. Kenny
       hatte den Abgeordneten keine Abstimmung nach freiem Gewissen zugestanden
       und im Vorfeld schon vier Parlamentarier aus der Partei werfen lassen, die
       sich gegen das Vorhaben ausgesprochen hatten.
       
       12 Jul 2013
       
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