# taz.de -- UN-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag: Freispruch für kroatischen Ex-General
       
       > Der ehemalige kroatische General Ante Gontovina wurde im vergangenen Jahr
       > wegen Kriegsverbrechen zu 24 Jahren Haft verurteilt. Jetzt sprach ihn das
       > Gericht frei.
       
 (IMG) Bild: Ex-General Ante Gontovina kann als freier Mann den Gerichtssaal verlassen.
       
       SARAJEVO taz | Die Freisprüche für den kroatischen Ex-General Ante Gotovina
       und den mitangeklagten Ex-General Mladen Markac durch das
       UN-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag am Montag haben in Kroatien und in
       Serbien unterschiedliche Reaktionen ausgelöst.
       
       Während im Zentrum Zagrebs nach der Übertragung des Urteils auf einem
       riesigen Bildschrim Jubel ausbrach, herrschte in Belgrad Bestürzung vor.
       Der für die Zusammenarbeit mit dem Tribunal zuständige serbische Minister
       Rasim Ljajic erklärte, die Entscheidung sei ein Beweis für selektive
       Justiz.
       
       Das UN-Kriegsverbrechertribunal hob damit eine erstinstanzliche
       Entscheidung vom 15. April 2011 auf. Die beiden Generäle waren damals wegen
       Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit beim Vorgehen
       gegen die serbische Bevölkerung in Kroatien zu 24 bzw. 18 Jahren Haft
       verurteilt worden.
       
       Das Gericht sah es damals als erwiesen an, dass beide Generäle
       Verantwortung für den Tod von 324 Zivilisten und gefangene Soldaten trügen.
       Sie hätten in ihrem Militärbezirk zudem 90.000 Serben zum Verlassen der
       serbischen Siedlungsgebiete in der kroatischen Krajina gezwungen.
       
       Der Fall Gotovina hatte seit Jahren in beiden Ländern große Emotionen
       hervorgerufen und zugleich bei Juristen und Militärexperten zu heftigen
       Auseinandersetzungen geführt. Im Kern ging es in der Öffentlichkeit beider
       Länder darum, ob die Wiedereroberung der von Serben 1991 besetzten Gebiete
       in Kroatien durch kroatische Truppen 1995 rechtmäßig gewesen sei oder
       nicht.
       
       ## Operation „Oluja“
       
       General Gotovina hatte die kroatischen Truppen in der Region Dalmatien
       befehligt, denen es im August 1995 in der Operation „Oluja“ (Sturm) gelang,
       die serbischen Truppen, die seit ihrer Offensive 1991 fast ein Drittel des
       kroatischen Territoriums besetzt gehalten hatten, vernichtend zu schlagen.
       In 72 Stunden überrannten kroatische Truppen damals die serbischen
       Stellungen auch in anderen Teilen des Landes, serbische Soldaten und
       insgesamt fast 200 000 serbische Zivilisten flohen damals in die von Serben
       gehaltenen Gebiete in Bosnien und Herzegowina und nach Serbien.
       
       Nach der Militäraktion kam es zu Übergriffen an nicht geflohenen serbischen
       Zivilisten und Soldaten vor allem durch kroatische Zivilisten und
       Polizeiangehörige. Die Frage, ob die Generäle Gotovina und Markac daran
       Verantwortung trügen, wurde erstinstanzlich bejaht, jetzt aber
       zurückgenommen.
       
       Gotovina hatte immer wieder betont, dass er schon wenige Tage nach Abschluß
       der militärischen Aktion nach Bosnien und Herzegowina versetzt worden sei,
       um dort die Gegenoffensive „Maestral“ ( Westwind) vorzubereiten. Im ersten
       Urteil wurden diese Argumente nicht anerkannt, befremdlich wirkte zudem der
       Freispruch des verantwortlichen Polizeigenerals.
       
       Das Gericht in Den Haag ist im Revisionsverfahren offenbar der
       Argumentation der Verteidigung gefolgt. Der Freispruch wird in der
       kroatischen Öffentlichkeit zudem als Bestätigung dafür gewertet, dass die
       Wiedereroberung des Landes rechtens gewesen sei. Für die Verbrechen der
       serbischen Truppen 1991 in Kroatien, denen mehr als 10 000 Menschen zum
       Opfer fielen, muß sich der serbisch-kroatische Politiker Goran Hadzic in
       Den Haag verantworten.
       
       Kroatiens Regierungschef Zoran Milanovic begrüßte das Urteil. Gleichzeitig
       räumte er ein, dass im Krieg auch auf kroatischer Seite „Fehler“ gemacht
       worden seien. Dafür sei aber der kroatische Staat insgesamt verantwortlich
       „und nicht Markac und Gotovina“. Zagreb sei bereit, „seine Schuld gegenüber
       denen, denen Unrecht durch den kroatischen Staat widerfahren ist, zu
       begleichen“.
       
       16 Nov 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Erich Rathfelder
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