# taz.de -- Die Trainer-Doppelspitze von Leverkusen: Gelungenes Experiment
       
       > Mit Sami Hyypiä und Sascha Lewandowski hat Bayer Leverkusen zwei Chefs.
       > Und weil beide sich zurücknehmen, hat Bayer Leverkusen Erfolg.
       
 (IMG) Bild: Frei von Egozentrik und Allüren: Sami Hyypiä und Sascha Lewandowski
       
       LEVERKUSEN taz | Traditionalisten unter den Fußballfans halten Bayer 04
       Leverkusen für einen langweiligen Plastik-Klub. Daran stört sich die
       Werkself aber schon lange nicht mehr. Sie nutzt ihre ruhigen Leverkusener
       Laborbedingungen lieber, um auf dem Fußballplatz für ein besseres Image zu
       arbeiten, und zeigt schönen und progressiven Fußball, mit dem sie gerade in
       der Bundesliga bis auf Platz zwei vorgestoßen ist.
       
       Überhaupt klappt zurzeit viel: In der Europa-League schickte das bereits
       qualifizierte Leverkusen am Donnerstagabend wieder eine verstärkte
       Jugendmannschaft ins Spiel – und gewann trotzdem 1:0 gegen Rosenborg
       Trondheim.
       
       Die erstaunlichste Innovation ist dem Klub aber im Bereich der sportlichen
       Leitung gelungen. Leverkusen wird von dem Trainer-Duo Sami Hyypiä
       (39/Finnland) und Sascha Lewandowski (41/Westfalen) regiert – und zwar
       harmonisch, ohne Zankereien und ohne Kompetenzstreit. So etwas gab es in
       der Selbstdarsteller-Branche Bundesliga noch nie. Wie kann das Modell so
       gut funktionieren? Hyypiä bekannte unlängst ehrlich: „Das weiß ich auch
       nicht so genau.“
       
       Es hat sich entwickelt. Zunächst wurde das Trainergespann aus der Not
       geboren. Nach der Entlassung Robin Dutts im vergangenen April wäre der
       frühere Bayer-Profi Hyppiä, der schon ein Coaching-Praktikum in Leverkusen
       absolviert hatte, wohl eingesprungen, wenn er eine Trainer-Lizenz gehabt
       hätte. Über eine solche verfügt der ehemalige Junioren-Coach Lewandowski,
       der wäre aber ohne das Charisma des finnischen Stars ziemlich allein
       dagestanden; die Mannschaft hätte ihn vermutlich nicht ernst genommen.
       
       ## Draht zu den Profis
       
       Offenbar verstanden beide Männer von Anfang an, dass sie von den
       Fähigkeiten des anderen nur profitieren können. Hyypiä, 105-maliger
       finnischer Nationalspieler und Champions-League-Sieger mit dem FC
       Liverpool, hat den Draht zu den Profis. Er weiß, wie sie sich fühlen, wie
       er sie ansprechen muss, in Trainingsspielen macht er manchmal sogar noch
       mit. Lewandowski, der es als Spieler nur bis in die Oberliga geschafft
       hatte, kümmert sich vor allem um Taktik und Spielanalyse.
       
       Eigentlich sollte es nur eine Übergangslösung sein, aber nachdem Hyypiä und
       Lewandowski mit Bayer 04 in der letzten Saison überraschend auf den fünften
       Platz und damit in die internationalen Ränge gekommen waren, wollte
       Sportchef Rudi Völler mit dem Duo weitermachen. Beide erhielten Verträge
       für zwei Jahre. Lewandowski nennt sich Trainer, Hyypiä firmiert unter
       Teamchef. Auch die öffentlichen Aufgaben teilt sich das Duo brüderlich: Der
       Finne, der sehr gut Deutsch gelernt hat, spricht vor, Lewandowski nach den
       Spielen zu den Journalisten.
       
       Als Teamchef hat Hyypiä laut Völler in sportlichen Dingen das letzte Wort.
       Doch davon macht er keinen Gebrauch, zumindest dringt davon nichts nach
       draußen. Und hier liegt das Erfolgsgeheimnis der Doppelspitze. Beide Männer
       ruhen in sich und sind frei von Egozentrik und Allüren.
       
       ## Keine Posen
       
       Der freundliche und sachliche Hyypiä bildet sich nichts ein auf seinen
       internationalen Ruhm. „Ich habe als Spieler jeden Tag dazugelernt. Und
       genauso ist es als Trainer. Ich sehe hier jeden Tag neue Situationen und
       lerne immer dazu“, sagt er. Lewandowski braucht ebenfalls weder wuchtige
       Worte noch Posen, seine Haltung beschreibt er so: „Mir ist vor allem
       wichtig, dass meine Arbeit registriert wird.“ Und das wird sie.
       
       Das innovative Bayer-Spielsystem gilt als Lewandowskis Erfindung.
       Leverkusen agiert mit offensiven Außenverteidigern, einer Dreierkette im
       Mittelfeld, hinter der zwei Kreativ-Spieler im Einsatz sind. Bayer 04 müht
       sich dennoch, beim finnischen Verband eine Speziallösung für Hyypiä zu
       erreichen – wie es sie auch in Deutschland für sehr verdiente
       Nationalspieler gibt.
       
       Ob Leverkusen auch noch auf das Duo setzen wird, wenn Hyypiä die Lizenz
       erhält, ist wohl noch nicht entschieden. Hyypiä denkt daran jedenfalls noch
       nicht – denn: „Ich konzentriere mich ganz auf diese Saison.“
       
       9 Dec 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christiane Mitatselis
       
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