# taz.de -- Kommentar Rechtsruck in Japan: Japan verjagt seine Reformer
       
       > Jeder dritte Japaner hat einen Teilzeitjob ohne Sozialversicherung. Jetzt
       > sollen es die Konservativen und die Rechten richten.
       
       Gibt es denn gar keine Linken und Liberale mehr in Japan? Bei der
       Parlamentswahl kommen die konservativen und rechten Kräfte in Nippon auf
       über 80 Prozent der Mandate. Eine prominente Anti-Atom-Partei errang nur
       neun Sitze. Doch der Rechtsruck ist in erster Linie eine Abwahl der
       sozialliberalen Demokratischen Partei (DPJ). Sogar Wahlsieger Shinzo Abe
       gibt dies zu.
       
       Das Reformprojekt der DPJ scheiterte auf der einen Seite an Inkompetenz und
       Unerfahrenheit. Es war von Anfang an unrealistisch, während der Finanzkrise
       den Wohlfahrtsstaat auszubauen oder trotz Hegemonialstreit mit China, den
       Bündnispartner USA zu provozieren, indem man den Truppenabzug forderte.
       
       Auf der anderen Seite hat das Establishment – von der Presse bis zur
       Ministerialbürokratie – die DPJ mit allen Kräften diskreditiert, um
       Veränderungen zu verhindern. Der kluge Kopf der DPJ, Ichiro Ozawa, wurde
       durch eine Spendenaffäre ausgeschaltet, die von der Justiz kurz vor dem
       Machtwechsel zur Linken wie ein Kaninchen aus dem Hut gezaubert wurde.
       
       Japans Wähler sind müde von Chaos und Stillstand der DPJ-Jahre und wollen
       wieder ihre Ruhe haben. Vielen geht es drei Jahre nach dem Machtwechsel vom
       September 2009 wirtschaftlich schlechter. Jeder dritte hat einen
       Teilzeitjob ohne soziale Absicherung. Trotzdem setzte die DPJ eine
       Verdoppelung der Mehrwertsteuer ab 2014 durch.
       
       Dagegen will die LDP das Wachstum auf bewährte Weise mit Bauprogrammen
       ankurbeln und Arbeitsplätze im ländlichen Raum schaffen. Das wird
       funktionieren, allerdings mit dem Preis, dass Japans Schuldenberg noch
       schneller wächst.
       
       Die sehr niedrige Wahlbeteiligung spricht aber dagegen, dass die Japaner
       einen scharf nationalistischen Kurs wollen. Die meisten denken pragmatisch.
       Japan soll sich nicht von China demütigen lassen, aber die pazifistische
       Grundhaltung hat sich nicht geändert. Das sollte der Rechtskonservative Abe
       nicht vergessen.
       
       17 Dec 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Martin Fritz
       
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