# taz.de -- Polizei darf Fingerabdrücke einsehen: Asylsuchende unter Generalverdacht
       
       > Die Polizei darf wohl bald auf gespeicherte Fingerabdrücke von
       > Asylsuchenden zugreifen. Der Datenschutzbeauftragte sagt, das verstoße
       > gegen EU-Recht.
       
 (IMG) Bild: Mit ihren Fingerabdrücken landen Asylsuchende im Visier der Polizei
       
       BRÜSSEL taz | Asylbewerber werden in der Europäischen Union in Zukunft noch
       strenger überwacht. Der Innenausschuss des Europäischen Parlaments
       beschloss am Montagabend mit großer Mehrheit, die EU-Datenbank Eurodac für
       Polizei und andere Strafverfolgungsbehörden zu öffnen. Dort werden
       Fingerabdrücke von Asylsuchenden und Einwanderern ohne Papiere gespeichert.
       „Ausgerechnet Menschen, die in Europa Schutz vor Verfolgung suchen, geraten
       so unter Generalverdacht, Kriminelle zu sein“, sagt Ska Keller von den
       Grünen. Ihre Fraktion und die Linke haben gegen den Vorschlag gestimmt.
       
       Die Mehrheit der Sozialdemokraten hat sich allerdings in letzter Minute
       Konservativen und Liberalen angeschlossen. „Die Mitgliedstaaten kriegen den
       Polizeizugriff, damit sie im Gegenzug wenigstens einigen Verbesserungen bei
       EU-Standards für Asylverfahren zustimmen“, erklärt Ska Keller diesen
       Kuhhandel. Die sozialdemokratischen Fachpolitiker waren am Dienstag für
       eine Stellungnahme nicht zu erreichen.
       
       Eine Richtlinie für künftige Regeln für die Asylverfahren in den EU-Ländern
       wird zurzeit im Ministerrat verhandelt. Die im EU-Parlament zuständige
       Berichterstatterin von den Sozialdemokraten hat wohl negative Auswirkungen
       befürchtet, hätte ihre Fraktion gegen die polizeiliche Nutzung von Eurodac
       gestimmt. Auch die deutsche Bundesregierung hat sich beim jüngsten
       Innenministertreffen Ende Oktober dafür ausgesprochen, dass die Polizei die
       Eurodac-Daten nutzen darf. Die Mitgliedstaaten halten dies für
       erforderlich, um effektiver gegen organisierte Kriminalität und potenzielle
       Terroristen vorgehen zu können.
       
       Die Datenbank für Asylbewerber besteht seit dem Jahr 2000. Damit sollte
       ursprünglich Asylmissbrauch verhindert werden, zum Beispiel dass eine
       Person in zwei EU-Mitgliedstaaten einen Antrag stellt. Außerdem überprüfen
       die Länder so, welcher Staat tatsächlich für den Asylantrag zuständig ist.
       Nach der sogenannten Dublin-II-Verordnung ist dies immer der Staat, über
       den der Flüchtling in die EU eingereist ist.
       
       ## Strenge Auflagen
       
       Nun sollen also auch Strafverfolgungsbehörden Zugriff auf diese Daten
       bekommen, um sie beispielsweise mit Fingerabdrücken von Tatorten zu
       vergleichen. Immerhin gelten dafür strenge Auflagen: Zunächst bekommen die
       Ermittler nur die Fingerabdrücke zum Vergleich, keine Namen. Nur wenn
       Abdrücke übereinstimmen, werden die persönlichen Daten freigegeben. Bevor
       Polizisten überhaupt eine Anfrage an Eurodac stellen können, müssen sie
       außerdem vorher ihre eigenen und die Datenbanken der anderen
       Mitgliedstaaten nach möglichen Tätern durchforsten.
       
       Dennoch: Der Polizeizugriff auf Eurodac ist ein Verstoß gegen europäisches
       Datenschutzrecht. Dies hat auch der Europäische Datenschutzbeauftragte in
       seiner Stellungnahme festgestellt: „Die Notwendigkeit und die
       Verhältnismäßigkeit für einen Zugriff auf Eurodac-Daten ist nicht
       ausreichend bewiesen worden“, schrieb Peter Hustinx den Mitgliedstaaten in
       einem Brief im September dieses Jahres. „Der Vorschlag beachtet die Aspekte
       des Datenschutzes nicht in ausreichender Form.“
       
       Dies scheint zumindest die Mehrheit der EU-Abgeordneten nicht zu stören.
       Mit seinem Beschluss geht das EU-Parlament nun in die Verhandlungen mit den
       Mitgliedstaaten. Da diese den Polizeizugriff auf die Eurodac-Daten
       unbedingt wollen und schon länger auf eine Umsetzung drängen, dürften die
       Diskussionen schnell abgeschlossen sein.
       
       18 Dec 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ruth Reichstein
 (DIR) Ruth Reichstein
       
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