# taz.de -- Kommentar zum „Fiscal Cliff“: Verhindern als Lebenszweck
       
       > Das US-Repräsentantenhaus hat dem Kompromiss zugestimmt, den der US-Senat
       > verabschiedet hat. Wirklich gewonnen ist damit herzlich wenig.
       
       Das US-Repräsentantenhaus hat dem Kompromiss zugestimmt, den der US-Senat
       mit großer Mehrheit in der Neujahrsnacht verabschiedet hat. Der Absturz des
       Landes über die „Steuerklippe“ ist zunächst vermieden.
       
       Nur: Wirklich gewonnen ist damit herzlich wenig, erst recht, wenn es darum
       geht, ein Programm umzusetzen, für das Barack Obama im November erneut zum
       Präsidenten gewählt worden ist, auch wenn die oppositionellen Republikaner
       das nicht wahrhaben wollen.
       
       Alle Seiten sind jetzt verärgert, manches nicht durchgesetzt zu haben. Vor
       allem aber sind sie froh, Dinge verhindert zu haben. Die Republikaner haben
       verhindert, dass die Steuern für alle steigen, die mehr als 250.000 Dollar
       verdienen, wie es Obama wollte und im Wahlkampf kategorisch und unter der
       Androhung von Vetos versprochen hatte.
       
       Die Demokraten haben Kürzungen bei Sozialleistungen verhindert, die die
       Republikaner wollten. Alle zusammen sind froh, allgemeine Steuererhöhungen
       für alle und Kürzungen quer durch den gesamten Haushalt abgewendet zu
       haben.
       
       Washington heute, das ist Verhinderung als Lebenszweck von Politik.
       Wirklich verwundern kann das nicht, war doch schon der vergangene Wahlkampf
       von ähnlichem Denken geprägt. Weder bei Republikanern noch bei Demokraten
       kam überschwängliche Begeisterung für den eigenen Kandidaten auf, umso mehr
       allerdings eine ins Apokalyptische übersteigerte Angst davor, dass der
       jeweils andere gewinnen könnte.
       
       Aber was für den Wahlkampf noch als Taktik durchgehen mag, ist für
       Politikgestaltung tödlich. Alle Seiten tun so, als sei eine Praxis der
       immer aufs Neue panisch gezogenen Notbremse die einzig denkbare
       Politikform.
       
       Und als sei die andauernde Flickschusterei, die eine unversöhnlich
       gespaltene Regierungsmacht mit sich bringt, genau das, was sich die
       Verfassungsväter gedacht hätten, als sie die Macht zwischen Präsident,
       Senat und Repräsentantenhaus verteilten.
       
       Es wäre ein kleines politisches Wunder, wenn die kommende Etappe, die
       Verhandlungen der nächsten zwei Monate über die aufgeschobenen
       Haushaltskürzungen und die Anhebung der Schuldenobergrenze, anderen
       Mechanismen folgen würde. Vielleicht hätte der Gang über die Klippe daran
       etwas ändern können. Die Politik hat das zu verhindern gewusst.
       
       1 Jan 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Bernd Pickert
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