# taz.de -- Keine Hilfe für Vergewaltigungsopfer: Politiker droht mit Klinikschließung
       
       > Die Polizei bestätigt: Ein katholisches Krankenhaus hat eine mutmaßlich
       > vergewaltigte Frau abgewiesen – das Erzbistum sieht einen „bedauerlichen
       > Einzelfall“.
       
 (IMG) Bild: Katholische Krankenhäuser wollen werdendes Leben erhalten. Die Abtreibungspille gibt es deshalb auch nicht für Vergewaltigungsopfer.
       
       KÖLN taz | Mit dem Slogan „Der Mensch in guten Händen“ wirbt die Kölner
       Stiftung der Cellitinnen zur hl. Maria. Vergewaltigte Frauen sollten sich
       jedoch besser nicht angesprochen fühlen. Denn Opfer, die in einer der
       Krankenhäuser der katholischen Ordensgemeinschaft Hilfe suchen, droht eine
       böse Überraschung, wie der Fall einer 25-Jährigen zeigt: Aus religiösen
       Gründen wurde sie abgewiesen. Das Kölner Erzbistum spricht von einem „sehr
       bedauerlichen Einzelfall“.
       
       Nach Polizeiangaben war die junge Frau in der Nacht zum 15. Dezember bei
       einer Party auf den Kölner Ringen offenbar mit K.-o.-Tropfen betäubt worden
       und kam erst einen Tag später auf einer Bank in einem anderen Stadtteil
       wieder zu sich. In Begleitung ihrer Mutter suchte sie daraufhin den
       ärztlichen Notdienst auf. Die Polizei wurde alarmiert und kam in die
       Praxis. Ein Protokoll wurde aufgenommen.
       
       „Die Betroffene hat angegeben, dass sie vergewaltigt worden sei“, sagte
       eine Polizeisprecherin der taz. Bei zwei Cellitinnen-Krankenhäusern bemühte
       sich eine Notärztin darum, eine gynäkologische Untersuchung der Frau zur
       Spurensicherung zu erreichen - vergeblich.
       
       Laut einem Bericht des Kölner Stadt-Anzeigers sollen sowohl das
       St.-Vinzenz-Hospital als auch das Heilig-Geist-Krankenhaus abgelehnt haben.
       Zur Begründung sei angegeben worden, eine solche Untersuchung nach einem
       sexuellen Übergriff sei nicht möglich, weil man in einem
       Arzt-Patienten-Gespräch auch auf eine ungewollte Schwangerschaft, deren
       möglichen Abbruch und die „Pille danach“ zu sprechen kommen müsse.
       
       Ein solches Aufklärungsgespräch sei aber mit dem katholischen Gedankengut
       unvereinbar. So sähen es neue Richtlinien vor, die ein klinisches
       Ethikkomitee in Abstimmung mit Kölns Erzbischof Joachim Meisner im November
       verabschiedet habe.
       
       ## Alles nur ein Missverständnis?
       
       Dass das mutmaßliche Vergewaltigungsopfer keine Hilfe im
       St.-Vinzenz-Hospital gefunden hat, bestätigt die Kölner Polizei. „Nach
       unseren Erkenntnissen wurde die Geschädigte in dem Krankenhaus abgewiesen“,
       sagte eine Sprecherin. Die junge Frau sei dann in ein evangelisches
       Krankenhaus gebracht worden. Dort hätten alle für ein
       Beweissicherungsverfahren notwendigen Untersuchungen stattfinden können.
       
       Von einem „Missverständnis“ spricht die Cellitinnen-Stiftung, die sich
       selbst als "modernes Gesundheits- und Pflegeunternehmen" bezeichnet und
       insgesamt fünf Krankenhäuser in Köln unterhält: „Außer der Abgabe der
       Notfallkontrazeption“ – also der Pille danach – würden „alle medizinischen
       Maßnahmen sofort angeboten“. Warum das im konkreten Fall nicht geschehen
       sei, werde derzeit aufgeklärt.
       
       „Das bedauern wir sehr“, sagte Stiftungssprecher Christoph Leiden am
       Donnerstag auf einer Pressekonferenz. Der Vorfall entspräche auf keinen
       Fall einer „Grundsatzhaltung“.
       
       Der entstandene Eindruck, Vergewaltigungsopfer dürften in katholischen
       Krankenhäusern nicht mehr behandelt werden, sei „falsch“, beteuert auch das
       Erzbistum Köln. Es habe "das feste Vertrauen", dass der Träger der
       Krankenhäuser „die Gesamtsituation vollständig aufklären und gegebenenfalls
       Maßnahmen ergreifen wird, um eine Wiederholung eines solchen sehr
       bedauerlichen Einzelfalls auszuschließen“, heißt es in einer Stellungnahme.
       
       ## Ministerium prüft möglichen Gesetzesbruch
       
       Das NRW-Gesundheitsministerium kündigte die Untersuchung des Falles an:
       „Das Ministerium prüft, ob ein Verstoß der Krankenhäuser gegen gesetzliche
       Regelungen vorliegt.“ Grundsätzlich dürfe kein Krankenhaus das Opfer einer
       Gewalttat abweisen, sagte NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens
       (Grüne).
       
       Von einer „zynischen Moral der katholischen Kirche“, sprach der
       Landesvorsitzende der NRW-Grünen, Sven Lehmann. „Christliche Nächstenliebe
       hört da auf, wo es um die Dogmen einer verstaubten Amtskirche geht.“ Wenn
       Einrichtungen in kirchlicher Trägerschaft Menschenrechte wie das Recht auf
       erste Hilfe ablehnten, solle ihnen die Betriebserlaubnis entzogen werden,
       so Lehmann.
       
       Empört reagierte auch die NRW-Landtagsfraktion der Piratenpartei. „Wer den
       Glauben über den Opferschutz stellt, hat das mit den Menschenrechten nicht
       verstanden“, kritisierte deren Gesundheitspolitischer Sprecher Lukas Lamla.
       
       17 Jan 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Pascal Beucker
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