# taz.de -- Kommentar Zwangsbehandlung: Risiken und Nebenwirkungen
       
       > Der Bundestag hat ein Gesetz zur Zwangsbehandlung psychisch Kranker
       > gebilligt. Es soll den Trend zu Neuroleptika nicht verstärken.
       
 (IMG) Bild: Wahnkranke bekommen trotz ihrer schweren Erkrankung oft nur wenig menschlich-therapeutische Zuwendung
       
       Psychisch Kranke dürfen, wenn sie zwangsweise in einer Klinik untergebracht
       sind, unter bestimmten Umständen auch gegen ihren Willen behandelt werden.
       Der Bundestag billigte am Donnerstagabend mit großer Mehrheit ein
       entsprechendes Gesetz; der Bundesverband der Psychiatrie-Erfahrenen
       protestierte erwartungsgemäß.
       
       Der Streit ruft alte Bilder auf, die den Blick auf die wirklichen Probleme
       in der Psychiatrie verstellen können. Laut Klischee stehen auf der einen
       Seite die Psychiater im weißen Kittel, die Menschen in Ausnahmezuständen
       gegen ihren Willen festhalten lassen und niederspritzen.
       
       Auf der anderen Seite findet man Patienten, die durch Zwangsbehandlungen
       gefühlloser Psychiater traumatisiert wurden, so das Schwarz-Weiß-Bild. Das
       Gesetz sieht jetzt hohe Hürden für Eingriffe gegen den Willen der Patienten
       vor. Eine Zwangsbehandlung darf nur noch angeordnet werden, wenn der
       ansonsten drohende gesundheitliche Schaden „erheblich“ ist.
       
       Der „zu erwartende Nutzen der ärztlichen Zwangsmaßnahme“ muss die möglichen
       „Beeinträchtigungen“ also deutlich überwiegen, so das Gesetz. Nach dieser
       Regelung ist es nicht mehr ohne weiteres möglich, einem psychotischen
       Menschen gegen seinen Willen in der Klinik starke Medikamente spritzen zu
       lassen, nur weil er Wahngedanken hat.
       
       ## Kosten und Menschlichkeit
       
       Zumal besonders Neuroleptika erhebliche Nebenwirkungen haben. Liegt eine
       Patientenverfügung vor, die eine Behandlung mit bestimmten Medikamenten
       ausschließt, ist diese für die Klinik bindend. Das Gesetz sollte aber nicht
       den Trend verstärken, gerade bei schwer psychisch Kranken nur noch über
       chemische Keulen zu sprechen und nicht mehr über alternative oder
       ergänzende Behandlungsverfahren.
       
       Dabei geht es auch um die Kosten: Eine Behandlung von Psychotikern ohne
       Neuroleptika dauert länger und kann aufwendiger werden als die
       Verabreichung pharmazeutischer Präparate. Wahnkranke bekommen trotz ihrer
       schweren Erkrankung oft weniger menschlich-therapeutische Zuwendung als
       Leute mit leichteren psychischen Störungen. Dieses Ungleichgewicht darf
       nicht hingenommen werden.
       
       18 Jan 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Barbara Dribbusch
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