# taz.de -- Hochwasser-Management in Holland: Deichen sollt ihr weichen
       
       > Die Niederlande geben den Flüssen zum Schutz gegen Überflutungen wieder
       > mehr Raum. Dafür startet in Nijmegen ein gigantischer Umbau.
       
 (IMG) Bild: Das Groß-Projekt in Nijmegen (hier eine Computersimulation) kostet 351 Millionen Euro und soll bis 2015 abgeschlossen sein
       
       AMSTERDAM taz | Feierstimmung in [1][Nijmegen]: Am Dienstag fällt in der
       Stadt nahe der deutschen Grenze der Startschuss für ein spektakuläres
       Projekt im Wassermanagement. Um die 130.000 Einwohner künftig vor
       Überflutungen zu schützen, wird das Flussbett der Waal verbreitert, die
       sich in einer engen Kurve an der Stadt vorbeiwindet. Der Deich am
       gegenüberliegenden Nordufer wird um 350 Meter nach hinten versetzt. Zu
       seiner Befestigung braucht es 300.000 Kubikmeter Sand und Klei.
       
       Das [2][gigantische Projekt] in Nijmegen, das 351 Millionen Euro kostet und
       bis 2015 abgeschlossen sein soll, ist das größte Bauvorhaben in einem
       umfangreichen Programm, mit dem sich die Niederlande gegen die Auswirkungen
       des Klimawandels absichern wollen. An über 30 heiklen Stellen entlang der
       Flüsse Maas, Waal, Rhein, Lek und Ijssel wird für insgesamt 3,2 Milliarden
       Euro dem Wasser wieder mehr Raum gelassen, weil steigende Pegel in den
       Flüssen und im Meer die tief liegenden Siedlungsgebiete bedrohen.
       
       In Nijmegen werden die Planer vor dem neuen Deich einen zusätzlichen
       Flutkanal graben, um das Wasser schneller abzuführen. Nach dem Eingriff
       soll die Waal bis zu 18.000 statt bislang 15.000 Kubikmeter Wasser pro
       Sekunde transportieren können. „Damit legen wir eine Art Bypass an“, so
       Mathieu Schouten, der als Landschaftsarchitekt der Stadt bei der Umsetzung
       beteiligt war. 150 bis 200 Meter wird der Kanal breit sein, auf einer Länge
       von knapp drei Kilometern. Effekt: Der Wasserspiegel soll um 34 Zentimeter
       sinken.
       
       Prunkstück des Projekts, das 2011 den renommierten [3][internationalen
       Waterfront Center Award] gewann, ist die Insel, die mitten in der
       verbreiterten Waal entstehen soll. Mit Naturgebieten an den Rändern und
       Raum für Wohnen und Kultur im Inneren kombiniert sie Hochwasserschutz und
       Stadtentwicklung, weil die unbebauten Ränder als potenzielle
       Überflutungsgebiete eingeplant sind.
       
       ## „Île de la Cité“
       
       „Das wird unsere Île de la Cité“, spielt Vizebürgermeister Jan van der Meer
       auf die Lage von Paris an. Auch das gegenüberliegende Ufer will man im
       Laufe des Projekts renovieren und mit zwei zusätzlichen Brücken als neuem
       Quartier erschließen. Der Slogan „Nijmegen umarmt die Waal“ ist in der
       Stadt allgegenwärtig.
       
       Das ambitionierte Vorhaben ist aus der Not geboren. 1993 und 1995 erlebte
       der Süden der Niederlande an den großen Flüssen Rhein, Maas und Waal zwei
       schwere Überschwemmungen. Gerade Nijmegen, wo ihre enge Biegung die Waal
       wie in einem Flaschenhals aufstaut, traf es hart: 250.000 Menschen und eine
       Million Nutztiere wurden in der Region evakuiert. Weil die Deiche hielten,
       blieb eine Katastrophe aus.
       
       Danach machte man in den Niederlanden eine düstere Bestandsaufnahme: Wenn
       mehr als die Hälfte des Landes unterhalb des Meeresspiegels liegt, dieser
       durch den Klimawandel ansteigen wird und zudem die Regenfälle zunehmen,
       können Deicherhöhungen als Schutz vor Überströmungen dauerhaft kaum
       ausreichen.
       
       Die Lösung: Hochwasser mittels potenzieller Flutgebiete steuerbar machen.
       Diesem Prinzip folgt auch das Programm Room for the River, das die
       Regierung 2007 startete. Es kombiniert Präventivmaßnahmen an den
       Flussläufen. Insgesamt sollen vier Millionen Menschen von dem gigantischen
       Umbauprojekt profitieren.
       
       23 Jan 2013
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.nijmegen.nl/
 (DIR) [2] http://www2.nijmegen.nl/.../Room_for_the_river.pdf
 (DIR) [3] http://www.waterfrontcenter.org/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Tobias Müller
       
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