# taz.de -- Drittes Album von Solange Knowles: Leiden kann ja so schön sein
       
       > Mit ihrem gelungenen Album „True“ hat sich die Singer-Songwriterin
       > Solange Knowles vom großen Namen ihrer Schwester Beyoncé emanzipiert.
       
 (IMG) Bild: Nicht nur ihr gewaltiger Afro lässt an Diven wie Diana Ross oder Chaka Khan denken: Solange Knowles
       
       BERLIN taz | „Beyoncé ist auch total klein, gerade mal 1,60 Meter“, erzählt
       eine junge Frau am Bartresen. Nein, es ist nicht einfach, die kleine
       singende Schwester eines Popstars zu sein, deren Lieder und Körpermaße die
       halbe Welt kennt. Und doch gelang es Solange Knowles bei ihrem
       ausverkauften Konzert in Berlin, etwas ganz anderes zu verkörpern.
       
       Bei etlichen TV-Auftritten singt, schreit, tanzt und zuckt Beyoncé wild
       herum, fast erschrickt man, wenn sie mit dem Fuß auf die Bühne stampft. Die
       anmutige Dame im Prince Charles Clubs in Kreuzberg scheint mit ihr so gar
       nichts am Hut zu haben. Bei Solanges Performance kracht und glitzert es
       nicht, die Aufregung lebt von coolem Understatement und einem immerzu
       packenden Groove.
       
       Nicht nur ihr gewaltiger Afro lässt an Diven wie Diana Ross oder Chaka Khan
       denken. Solange hat sich mir ihrer neuen Platte, „True“, eine eigene
       künstlerische Identität abseits der Beyoncé-Assoziationen geschaffen. Schon
       als 13-Jährige ging sie mit Destiny’s Child, der Band ihrer großen
       Schwester, auf Tour und tanzte im Background.
       
       Unter den Fittichen ihres Vaters, der auch Manager von Beyoncé war,
       arbeitete sie mit 14 Jahren an ihrem ersten Album, „Solo Star“, einer
       aufwendigen, aber recht langweiligen Produktion. Das zweite Album,
       „Sol-Angel and Hadley St. Dream“, auf dem sich Solange am Soul der 60er und
       70er Jahre abarbeitete, wurde immer wieder verschoben und 2008 mit mäßigem
       Erfolg veröffentlicht. Solange antwortete ihrem Label Interscope-Geffen mit
       dem Song „Fuck The Industry“ und konzentrierte sich erst einmal auf die
       Karriere als Modedesignerin.
       
       ## Ihren Sound gefunden
       
       Irgendwann sah man Solange dann auf Konzerten mit der Indie-Rockband Dirty
       Projectors experimentieren. Gerade erschien ihre EP „True“, auf der die
       Sängerin endlich ihren Sound gefunden hat. Dabei half die Zusammenarbeit
       mit den richtigen Leuten. Grizzly-Bear-Bassist Chris Taylor hat Solange auf
       dem eigenen Label Terrible Records gesignt und bringt ihre Singles als
       7-Inch-Platten heraus. Auf der Bühne fühlt sich die Sängerin in jeden ihrer
       Songs wie in die von ihr selbst kreierten Kleider ein.
       
       „True“ scheint für Solange maßgeschneidert. Als alleiniger Produzent und
       Co-Writer erscheint kein Geringerer als Dev Hynes, der sie auch auf der
       Bühne unterstützt. Hynes hat schon für Florence & The Machine und The
       Chemical Brothers geschrieben, offenbarte aber eine unvergleichliche Gabe
       fürs Liedermachen.
       
       ## Stücke aus dem Liebeskummer
       
       Solange erzählte dem Guardian kürzlich, Hynes habe sich nach der Trennung
       von seiner Lebensgefährtin mit Solange in deren Haus in Santa Barbara
       eingesperrt, um aus dem Liebeskummer Stücke zu produzieren. Das ist
       bezeichnend für die Stimmung auf „True“. Es wird gezweifelt und gelitten,
       man ist machtlos, es wird mit Herzen gespielt. Und gleichzeitig läuft ein
       Brett von Beat nach dem anderen, dumpfe Drums knallen über stechende
       Synthesizer-Akkorde. Solanges sanft hallende Stimmchöre thronen darauf wie
       ein Heiligenschein. Leiden kann ja so schön sein.
       
       Die erste Single, [1][„Losing you“], klingt nach einem R&B-Song von 1981,
       als gerade [2][„Don’t Stop the Music“] von Yarbrouh & Peoples auf Platz
       eins der Billboard Charts ging. Die Taktung der Drums gleicht der
       westafrikanischer Trommeln, der Keyboardsound verbreitet Kühle. Direkt
       schießt die Hook ins Mark. Auch was auf „Losing You“ folgt, ist eine Reihe
       von dunkel gefärbten Popsongs, im besten Sinne aufs Äußerste reduziert:
       streng schematische Arrangements und eine verdammt gute Melodie.
       
       [3][„Lovers in the Parking Lot“] etwa ist ein tieftrauriges Liebeslied,
       wirkt aber durch die plastische Produktion beinahe leichtfüßig. Ein Piano
       klimpert in der Ferne, und Solange singt von einer Parkplatzaffäre, von der
       sie sich mehr erhofft hatte. Dieses betonierte Pathos ohne große Ornamente
       scheint das Geheimrezept des britischen Produzenten Hynes zu sein, und es
       funktioniert.
       
       ## Hommage an den HipHop der 90er
       
       Das Stück [4][„Don’t let me down“] ist dann eher wie eine Hommage an den
       HipHop der 90er Jahre mit Laid-back-Attitüde. Fast mädchenhaft singt
       Solange ihre Strophen, um sie dann in wechselnden Oktaven und mit
       ungewöhnlicher Barockästhetik ausklingen zu lassen.
       
       Mit lediglich sieben starken Liedern verzichten Solange/Hynes auf
       Lückenfüller, die die Kohärenz eines ganzen Albums voraussetzen würde. So
       ist „True“ ein kurzweiliges und zugleich geistreiches kleines Werk
       geworden, mit dem sich Solange ohne große Gesten sowohl von der
       Einseitigkeit des gegenwärtigen Mainstream-Pop, als auch vom eigenen
       Nachnamen emanzipiert hat.
       
       Solange Knowles: „True“ (New Music)
       
       22 Jan 2013
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.youtube.com/watch?v=Hy9W_mrY_Vk
 (DIR) [2] http://www.youtube.com/watch?v=1XZ7gi1VRwU
 (DIR) [3] http://www.youtube.com/watch?v=942NKl7QWbo
 (DIR) [4] http://www.youtube.com/watch?v=kSsCqsdM92c
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Fatma Aydemir
 (DIR) Fatma Aydemir
       
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