# taz.de -- Kommentar zu Schavans Doktortitel: Kleinkarierte Vorwürfe
       
       > Die Düsseldorfer Uni prüft Annette Schavans Doktorarbeit. Die Ministerin
       > ist mehr als angeschlagen. Sie wird damit zum Problemfall für die
       > Koalition.
       
 (IMG) Bild: Geprüftes Gewissen: Die Düsseldorfer Uni schaut sich Annette Schavans Doktorarbeit von 1980 jetzt ganz genau an.
       
       Es wird eng für Annette Schavan. Nachdem die Düsseldorfer
       Heinrich-Heine-Universität am Dienstagabend ein förmliches Verfahrens zur
       Überprüfung ihres Doktortitels eingeleitet hat, ist die Bundesministerin
       für Bildung und Forschung mehr als angeschlagen. Schwer vorstellbar, dass
       sie sich noch bis zur Bundestagswahl im Amt halten kann.
       
       Es gehören keine hellseherischen Fähigkeiten dazu, um vorauszusagen, dass
       die Rufe nach ihrem Rücktritt, schon jetzt unüberhörbar, immer lauter
       werden, je näher der Wahltermin rückt. Die Opposition kann sich die
       günstige Gelegenheit gar nicht entgehen lassen. Damit wird Schavan zum
       Problemfall für die schwarz-gelbe Koalition. Ganz gleich, ob sie ihren
       Doktortitel verliert oder nicht. Die Gesetzmäßigkeiten des politischen
       Geschäfts entsprechen nicht den Regeln des Rechtsstaats. Sich auf die
       Unschuldsvermutung zu berufen, nützt nicht viel.
       
       Dabei ist es keineswegs ausgemacht, dass Schavan demnächst nicht mehr ihren
       Doktortitel tragen darf. Das Verfahren gegen sie sei ergebnisoffen,
       versichert die Düsseldorfer Uni. Sicherlich lässt sich eine gewisse
       Schadenfreude nur schwer verbergen, dass ausgerechnet die
       CDU-Bildungsministerin unter Plagiatsverdacht steht. Trotzdem überwiegt ein
       schales Gefühl.
       
       Alleine, dass sich die Düsseldorfer Hochschule neun Monate Zeit zu ihrer
       Vorprüfung genommen hat, ohne dabei den Eindruck zu vermitteln, besonders
       sorgfältig vorgegangen zu sein, ist ein Vorgang, der jenseits des
       universitären Elfenbeinturms kaum nachvollziehbar ist. Selbst verschuldet
       hat sie sich damit zwischen die Wahlkampffronten manövriert.
       
       Doch das ist nicht das einzige Problem. Wer sich Schavans Dissertation
       durchliest, wird schnell feststellen: Bei Lichte betrachtet erscheinen die
       gegen sie erhobenen Vorwürfe mehr als kleinkariert. Doktorarbeiten wie ihre
       dürften zumindest zu jener Zeit, als sie sie erstellte, eher die Regel denn
       die Ausnahme gewesen sein.
       
       ## Kein Copy-and-Paste-Produkt
       
       Schavan ist kein Karl-Theodor zu Guttenberg. Ihre Arbeit ist kein
       Copy-and-Paste-Produkt. Aus gutem Grund ist die Bewertung ihrer
       Dissertation in der Wissenschaft höchst umstritten. Selbst scharfe Kritiker
       sprechen zumindest von einem Grenzfall. Nicht jeder Zitierfehler resultiert
       aus einer Täuschungsabsicht.
       
       Wenn die Universität Düsseldorf die gleichen Maßstäbe anlegen würde, wie
       die Uni Potsdam bei ihrer Bewertung des Arbeit des niedersächsischen
       Kultusministers Bernd Althusmann, dürfte Schavan nicht viel zu befürchten
       haben. Gegenüber der Text-Collage, die ihr Parteifreund einst abgegeben
       hatte, erscheint ihre geschwurbelte Dissertation unter dem Titel „Person
       und Gewissen“ aus dem Jahr 1980 geradezu als Musterbeispiel guter
       wissenschaftlicher Praxis.
       
       Trotz einer Reihe von „Mängeln von erheblichem Gewicht“ durfte der damalige
       Präsident der der Kultusministerkonferenz seinen Titel behalten. Doch
       einheitliche Verfahrensregeln und Maßstäbe gibt es leider nicht. Es ist an
       der Zeit, dass sich das ändert.
       
       Es gibt viele gute Gründe, sich zu wünschen, dass Annette Schavan als
       Bildungsministerin abtritt. Ihre Doktorarbeit gehört nicht dazu. Nützen
       dürfte ihr diese Erkenntnis allerdings wenig.
       
       23 Jan 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Pascal Beucker
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Annette Schavan
 (DIR) Plagiat
 (DIR) Doktorarbeit
 (DIR) Düsseldorf
 (DIR) Karl Theodor zu Guttenberg
 (DIR) Schavan
 (DIR) Annette Schavan
 (DIR) Annette Schavan
 (DIR) Plagiat
 (DIR) Universität
 (DIR) Plagiat
 (DIR) Plagiat
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Bildungsministerin ohne Doktortitel: Schavans Fall
       
       Jetzt entscheidet die Kanzlerin über die politische Zukunft Annette
       Schavans. Dabei gilt: Machterhalt geht vor Freundschaft.
       
 (DIR) Entscheidung der Uni Düsseldorf: Schavan verliert Doktortitel
       
       Bundesbildungsministerin Annette Schavan verdient keinen Doktortitel mehr.
       Dies hat der Fakultätsrat für Plagiatsverfahren der Uni Düsseldorf
       entschieden.
       
 (DIR) Plagiatsverfahren gegen Annette Schavan: Ministerposten steht auf dem Spiel
       
       SPD und Grüne fordern Schavans Rücktritt bei Aberkennung des Doktortitels.
       Der zuständige Fakultätsrat der Uni Düsseldorf will am Dienstag
       entscheiden.
       
 (DIR) Annette Schavan: Nominierung und neue Vorwürfe
       
       Zwei Drittel der Deutschen fordern den Rücktritt von Annette Schavan, falls
       die Plagiatsvorwürfe stimmen. Ihre Bundestagskandidatur hat die Ministerin
       immerhin seit Freitag sicher.
       
 (DIR) Affäre um Plagiatsvorwürfe: Schavan geht in die Offensive
       
       Die Uni Düsseldorf hat ein Plagiatsverfahren gegen die
       Bundesbildungsministerin eingeleitet. Nun verteidigt sie sich und fordert
       externe Fachgutachten an.
       
 (DIR) Uni eröffnet Verfahren: Schavan wird „ergebnisoffen“ geprüft
       
       Für Bildungsministerin Schavan geht es um die politische Karriere: Die Uni
       Düsseldorf überprüft nun ihre Dissertation auf wissenschaftliches
       Fehlverhalten.
       
 (DIR) Doktorarbeit von Bildungsministerin: „Die produktive Kraft des Zweifels“
       
       Die Uni Düsseldorf entscheidet am Dienstag, ob Schavans Doktortitel
       gefährdet ist. Sie muss ihren Titel behalten, alles andere wäre ein Affront
       gegen das Gute.
       
 (DIR) Opposition kritisiert Bildungsministerin: Schlechtes Zeugnis für Schavan
       
       Ab Dienstag berät die Uni Düsseldorf über die Plagiatsaffäre von
       Bildungsministerin Schavan (CDU). Die Opposition findet sie aber auch ohne
       Skandal unhaltbar.