# taz.de -- Zwei Jahre Revolution in Ägypten: Sie haben alles aufgegessen
       
       > Mit Protesten und Brandanschlägen zeigen Mursis Gegner ihren Unmut. Die
       > Muslimbrüder feiern mit Märkten und Sportfesten.
       
 (IMG) Bild: Ein Protestteilnehmer auf dem Tahrir-Platz versucht, sich vor dem Tränengas der Polizei zu schützen.
       
       KAIRO taz | Es sind die alten Slogans der Revolution, wenngleich die Banner
       heute erstmals auf einem eigens dafür zusammengezimmerten Holzturm auf dem
       Tahrirplatz im Wind wehen. „Brot, Freiheit und Soziale Gerechtigkeit“,
       steht darauf. Für die Menschen die zum zweiten Jahrestag der Revolution auf
       den Tahrir-Platz gekommen sind, wurde keiner der revolutionären Forderungen
       bisher erfüllt.
       
       „Ich bin gekommen um Veränderung zu fordern, weil nichts passiert ist. Wir
       kehren nach rückwärts im Namen der Religion“ sagt der Agroingenieur Mansour
       Schahin. „Wo ist das Brot, die soziale Gerechtigkeit und die Freiheit?“,
       fragt er. Sein Nachbar, der Beamte Ahmad Ghrorab stimmt zu.
       
       „Seit zwei Jahren hat uns die Revolution nichts gebracht. Wir haben die
       Revolution gemacht und die Muslimbrüder haben sie uns gestohlen und uns
       wieder in die alten Zeiten zurückgebracht“, meint er und zitiert ein
       ägyptisches Sprichwort: „Wir haben gekocht und sie sind gekommen und haben
       alles aufgegessen“.
       
       Seitdem der Muslimbruder Muhammad Mursi die Präsidentschaft übernommen
       habe, stagniere alles. „Er sollte freiwillig gehen“, fordert Ghorab. Am
       Jahrestag der Revolution wissen alle politischen Strömungen, dass der Gang
       der Dinge seit dem Sturz Mubaraks für die meisten Ägyptern viel zu langsam
       ist. Das ägyptische Pfund ist eingebrochen, die Preise sind gestiegen, und
       die Reformen des Staatsapparates lassen auf sich warten.
       
       ## Der Präsident ist verantwortlich
       
       Die zerstrittenen politischen Strömungen bezichtigen sich gegenseitig für
       die Stagnation verantwortlich zu sein. Der Opposition reicht der Hinweis,
       dass die Muslimbrüder mit ihrem Präsidenten Mursi an der Macht sind und
       damit die volle politische und wirtschaftliche Verantwortung tragen.
       
       Die Muslimbrüderschaft wirft der Opposition dagegen vor, mit
       Demonstrationen und Streiks den Weg nach Vorne zu sabotieren. „Die
       Konterrevolution, angeführt von den Überbleibseln des alten Regimes
       versucht alles, um den Weg nach Vorne zu behindern“, lautete auch der
       Vorwurf von Mursi selbst, bei einer Rede, einen Tag vor dem Revolutionstag.
       
       Nichts unterstreicht die Polarisierung des Landes wohl mehr, als die
       Tatsache, dass man den Revolutionstag fein säuberlich politisch getrennt
       begeht. Ein paar Kilometer vom Tahrir-Platz entfernt in Rod El-Farag, einem
       der alten historischen Marktviertel Kairos, das über die Jahre völlig
       heruntergekommen ist, feiern die Muslimbrüder den Jahrestag der Revolution
       auf ihre Weise.
       
       Auf einem der unbebauten Grundstücke haben sie mit buntem Zeltstoff
       provisorisch einen Markt aufgebaut. Dort hängen Fleischstücke am
       Metzgerhaken, die zum halben Preis angeboten werden. Käse, Reis und
       Kleidung werden dort ebenfalls verbilligt angeboten. „Das ist unsere Art
       die Revolution zu feiern, wir veranstalten eine Demonstration der
       Wohltätigkeit“, sagt Muhammad Hilal, ein Mitglied des Ortsverbandes der
       Freiheit und Gerechtigkeitspartei, dem politischen Arm der
       Muslimbruderschaft.
       
       ## Sporttuniere für Jugendliche
       
       „Die Opposition demonstriert und wirft mit Slogans gegen uns um sich. Wir
       wollen für die Menschen an diesem Tag einen konstruktiven Beitrag leisten“,
       sagt er. Andererorts veranstalten die Mulimbrüder Sporttuniere für
       Jugendliche oder haben dafür gesorgt, dass ihnen nahestehende Ärzte an
       diesem Tag ihre Dienste kostenlos anbieten.
       
       Aber auch Gewaltszenen bleiben an diesem Tag nicht aus. In Suez versuchten
       Demonstranten ein örtliches Verwaltungsgebäude zu stürmen und lieferten
       sich Straßenschlachten mit der Polizei. Auch in einer der Nebenstraßen rund
       um den Tahrir-Platz kam es zu Auseinandersetzungen mit der Polizei. In Suez
       und in der Suezkanalstadt Ismailiya wurde das Hautquartier der Muslimbrüder
       angegriffen. In In Alexandria wurden bei Auseinandersetzungen ebenfalls
       mindestens 30 Menschen verletzt.
       
       25 Jan 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Karim Gawhary
 (DIR) Karim El-Gawhary
       
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