# taz.de -- Kolumne American Pie: Unerschütterliche Euphorie
       
       > Vor dem Super Bowl kennt die Begeisterung mal wieder keine Grenzen.
       > Barack Obamas Bedenken hinsichtlich der Gesundheit der Spieler werden
       > weggelächelt.
       
 (IMG) Bild: Nur wer seinen Kopf ohne Rücksicht auf Verluste hinhält, schafft es in den Super Bowl – so wie Baltimores Cary Williams (Nummer 29).
       
       Super Bowl Week, das bedeutet: Football auf allen Kanälen in den USA, ein
       mediales Sperrfeuer bis zum Überdruss. Die großen Geschichten werden
       gemolken, bis sie noch aus dem allerletzten Sichtwinkel beleuchtet wurden,
       und die kleinen Geschichten im Sekundentakt von der nächsten kleinen
       Geschichte verdrängt.
       
       Bis zum letzten Bankdrücker werden die beiden Mannschaften durchanalysiert.
       Starkolumnisten diskutieren, wo man den besten Kaffee in der Nähe des
       Stadions bekommt. Und wenn gar nichts mehr geht, werden die Bartlängen der
       Ersatz-Kick-Returner miteinander verglichen. Kurz: Jedermann darf seine
       Meinung sagen, natürlich auch der Präsident der Vereinigten Staaten von
       Amerika.
       
       Der heißt, das kann während des Hypes vor dem großen Endspiel leicht mal in
       Vergessenheit geraten, immer noch Barack Obama und weder Jim Harbaugh noch
       Jack Harbaugh. Das Duell der Brüder, die sich am Sonntag als Cheftrainer
       der San Francisco 49ers und der Baltimore Ravens im Superdome zu New
       Orleans gegenüber stehen werden, beherrscht natürlich die Schlagzeilen. Nur
       mit Not konnte sich der Präsident dazwischen quetschen mit der Bemerkung,
       falls er einen Sohn habe, müsste er „lang und intensiv darüber nachdenken“,
       ob er ihn Football spielen lassen würde.
       
       Da der Präsident nicht nur als talentierter Basketballspieler bekannt ist,
       sondern auch als Fan seines heimischen Football-Teams, der Chicago Bears,
       und vor allem als gewiefter Medienmanipulator, darf sich die NFL nun
       fragen, warum das Staatsoberhaupt ausgerechnet wenige Tage vor der Super
       Bowl die Diskussion um die Sicherheit des Sports aufwärmt und einen
       Schatten auf das große Ereignis wirft.
       
       Schließlich ist lange schon klar, dass die oft ungezählten
       Gehirnerschütterungen, die NFL-Profis während ihrer Laufbahn davontragen,
       tragische Folgen haben. Erst Anfang Dezember hatte sich Javon Belcher,
       Verteidiger bei den Kansas City Chiefs, in den Kopf geschossen, nachdem er
       seine Freundin umgebracht hatte. Im Mai hatte mit Junior Seau einer der
       besten und beliebtesten Profis seiner Generation – nicht einmal drei Jahre
       nach seinem letzten NFL-Spiel – Selbstmord begangen.
       
       Die Liga hat reagiert und versucht mit Regeländerungen die Akteure besser
       zu schützen. Das ist bei denen nicht unumstritten. Ravens-Safety Bernard
       Pollard, einer der härtesten Verteidiger der Liga, erklärte, dass „in 30
       Jahren die NFL nicht mehr existieren wird“. Die Regelverschärfungen würden
       auf Dauer den Charakter des Spiels verändern und damit auch seinen Erfolg
       beim Publikum gefährden.
       
       Bis heute produziert der Football offensichtlich tickende Zeitbomben, die
       an Depressionen leiden und eine Gefahr für sich und ihre Umwelt darstellen.
       Doch seltsamerweise tut das der Beliebtheit des Spiel keinen Abbruch. Zwar
       teilen immer mehr Eltern die Meinung Obamas und schicken ihre Kinder lieber
       zum Basketball, Baseball oder zum als Breitensport beliebter werdenden
       Fußball.
       
       Aber wenn sie den Nachwuchs vom Training abgeholt haben, gucken sie lieber
       wieder Football. Ob Freitagabend High-School-Football, Samstag
       College-Football oder Sonntag NFL: Die Stadien sind voll, die TV-Quoten
       enorm, die Werbe-Umsätze gigantisch. Auch dieser Super Bowl bricht wieder
       Rekorde: Einen 30-sekündigen Spot in einer der vielen Werbeunterbrechungen
       zu platzieren, kostet den Höchstwert von 4 Millionen Dollar.
       
       Die präsidiale Kritik wurde denn auch erfolgreich weggelächelt. Selbst Jim
       Harbaugh, als verbissen bekannter 49ers-Trainer, konterte Obamas Bemerkung
       mit einem Witz. Wenn der Präsident solche Bedenken habe, sei das prima für
       seinen eigenen Sohn Jack. Der sei zwar erst fünf Monate alt, aber habe dann
       ja keine große Konkurrenz mehr zu fürchten, wenn er mit dem Football
       beginnen werde.
       
       31 Jan 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Thomas Winkler
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Baltimore Ravens
 (DIR) American Football
 (DIR) NFL
 (DIR) Superbowl
 (DIR) San Francisco 49ers
 (DIR) Barack Obama
 (DIR) Football
 (DIR) Basketball
 (DIR) NHL
 (DIR) NFL
 (DIR) Football
 (DIR) Superbowl
 (DIR) Superbowl
 (DIR) NFL
 (DIR) NFL
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Football-Team „Redskins“: Heil dem Piiieeeep
       
       Ein Volk der amerikanischen Ureinwohner startet eine Kampagne, damit das
       Football-Team „Redskins“ seinen Namen ändert. Auch der US-Präsident ist
       dafür.
       
 (DIR) Kolumne American Pie: Brüchige Inspiration
       
       Louisville gewinnt die College-Meisterschaft im Basketball, doch im
       Mittelpunkt steht der verletzte Spieler Kevin Ware. Der Guard motivierte
       seine Team eindrucksvoll.
       
 (DIR) Trainer an US-College: Der tolerierte Angstmacher
       
       Ein Video führt zum Rausschmiss von US-Basketballcoach Mike Rice. Es zeigt,
       wie er Spieler traktiert. Die Rutgers-Universität, sein Arbeitgeber, wusste
       schon länger davon.
       
 (DIR) Kolumne American Pie: Paulus on Ice
       
       Jaromír Jágr spielt immer noch Eishockey. In Dallas präsentiert sich der
       arrogante Schnösel von einst als Vorbild für die Jüngeren.
       
 (DIR) Kolumne American Pie: Das Stigma der Streber
       
       Die Teams der Uni Caltech stellen ständig neue Negativrekorde auf. Dafür
       hat die Hochschule 31 Nobelpreisträger hervorgebracht.
       
 (DIR) Werbung während des Super Bowl: Der Teufel frisst Kekse
       
       Störrische Ziegen, süße Fohlen und teuflische Autos: Der Super Bowl ist
       auch der Super-Wettbewerb der großen Konzerne darum, wer die beste Werbung
       hat.
       
 (DIR) Super Bowl 2013: Göttlicher Stromausfall
       
       Packendes Finale, knappe Sieger: Die Baltimore Ravens haben den Super Bowl
       gewonnen. Auch weil Quaterback Joe Flacco eine Galavorstellung abliefert.
       
 (DIR) Superbowl 2013: Die Legende von John und Jim
       
       Fragen über Fragen vor der großen Show: Welcher der Brüder Harbaugh
       gewinnt? Und wird 49ers-Quarterback Kaepernick gegen Baltimore wieder so
       viel laufen?
       
 (DIR) Kolumne American Pie: Bruder gegen Bruder
       
       Es ist ein wichtiger Termin im Sportkalender. Beim Superbowl treffen die
       Baltimore Ravens auf die San Francisco 49ers. Doch es ist auch eine
       Familienangelegenheit.
       
 (DIR) Kolumne American Pie: Haufenweise gestürzte Denkmäler
       
       Vor den Playoffs der NFL sortieren die gescheiterten Klubs selbst
       altbewährte Führungskräfte aus. Sieben Trainer und fünf Manager müssen
       gehen.
       
 (DIR) Kolumne American Pie: Brutale Erschütterung
       
       Die Tragödie um den American-Football-Spieler Javon Belcher wirft viele
       Fragen auf. Er setzte eine seltsame Suizid-Serie von NFL-Profis fort.