# taz.de -- Kolumne American Pie: Das Stigma der Streber
       
       > Die Teams der Uni Caltech stellen ständig neue Negativrekorde auf. Dafür
       > hat die Hochschule 31 Nobelpreisträger hervorgebracht.
       
 (IMG) Bild: Verliererin: Bridget Connor im Spiel gegen die University of Redlands.
       
       Verlieren ist nicht schön. Es kann aber leicht zur Gewohnheit werden. Vor
       allem, wenn man für das [1][California Institute for Technology] antritt.
       Die Universität ist vor den Toren von Los Angeles im schicken Pasadena
       beheimatet und zählte zu den besten in den USA. Zumindest was Forschung und
       Lehre angeht. Im Sport allerdings, der an amerikanischen Hochschulen eine
       wichtige Rolle spielt, gibt es traditionell kaum ein College, das
       schlechter ist als Caltech.
       
       Die [2][Beavers], wie die Caltech-Teams genannt werden, fahren regelmäßig
       neue Rekorde ein. Allerdings eher solche der bitteren, unrühmlichen Art.
       Anfang Februar gelang der Baseball-Mannschaft ein 9:7-Sieg gegen Pacifica.
       „Nach dem Spiel waren alle ganz ruhig“, sagte Trainer Matthew Mark, „es
       schien fast so, als hätten meine Spieler so etwas schon einmal erlebt.“
       Hatten sie aber definitiv nicht: Der Sieg war der erste nach 228 Pleiten in
       Folge. Eine Niederlagenserie, die nahezu zehn lange Jahre angedauert hatte.
       Der Erfolg war dann auch nur ein einmaliger Ausrutscher: Die drei Partien,
       die seitdem stattfanden, gingen wieder in Gänze verloren, die
       aufgeflackerte Siegermentalität war nicht von Dauer.
       
       Aber nicht nur die Baseballspieler glänzen mit solch epischen
       Durststrecken. Obwohl die Teams aus Pasadena nur in der Division III, der
       schlechtesten Liga im College-Sport, antreten, bringen sie nicht viel
       zustande. Die Caltech-Basketballer hatten sogar 310 Spiele hintereinander
       verloren, als im Februar 2011 das Spiel gegen Occidental kurz vor Schluss
       unentschieden stand.
       
       [3][Ryan Elmquist] stand an der Freiwurflinie. Er hatte zu diesem Zeitpunkt
       zwar schon seinen Abschluss in Computerwissenschaften und einen lukrativen
       Job bei Google in der Tasche, aber stand nun, erinnerte er sich
       anschließend, vor der „größten Herausforderung meines Lebens“. Elmquist
       traf, die Beavers gewannen 46:45 und die 26 Jahre dauernde Serie ohne Sieg
       war Geschichte.
       
       Eher bescheiden wirken dagegen die Pleitenserien der Kommilitoninnen: Die
       Volleyballerinnen blieben einmal 56 Spiele lang ohne Sieg, die
       Basketballerinnen verloren bloß 50 Mal. Auch in obskuren Randsportarten
       schlagen sich die Beavers gar nicht schlecht: Die Tischtennisspielerinnen
       qualifizieren sich immer mal wieder für die Meisterschaftsrunde und die
       Fechter treten sogar in der Division I an, der ersten Liga des
       College-Sports.
       
       ## Ungeschlagene Footballer
       
       Allein die Football-Spieler wollen sich nicht einreihen in diese
       beeindruckend katastrophale Bilanz. Auf dem Campus sind T-Shirts zu kaufen,
       auf denen steht: „Caltech-Football – ungeschlagen seit 1993“. Das liegt
       allerdings vor allem daran, dass Caltech seit 1993 keine
       Football-Mannschaft mehr stellt. In Pasadena ist anderes wichtiger, vor
       allem die Wissenschaft.
       
       31 Nobelpreisgewinner hat die Uni hervorgebracht, aber keinen einzigen
       Basketballspieler, der es in die NBA geschafft hat. Kein Wunder: Andere
       Universitäten finanzieren mit Dollarmillionen aus TV-Geldern Spielstätten
       und Trainingsgelände, die luxuriöser sind als bei manchem Profi-Klub, und
       locken gute Sportler mit Stipendien und leichten Aufnahmeprüfungen.
       
       Caltech dagegen nimmt keine Studenten an, deren Highschool-Abschluss nicht
       nur aus Einsen besteht. Wenn im März wieder das große Turnier um den
       nationalen Basketball-Titel beginnt und die sogenannte „March Madness“
       ausbricht, werden wieder Zehntausende in die Hallen strömen und Millionen
       vor dem Fernseher sitzen. Beim ersten Sieg der Caltech-Baseballer seit fast
       zehn Jahren waren genau 87 Zuschauer dabei.
       
       Wenn Caltech-Teams gewinnen wollen, sind sie deshalb bisweilen auf
       wissenschaftliche Hilfe angewiesen. Bei einem Football-Spiel 1984
       verwandelte sich eine Niederlage gegen das Massachusetts Institute of
       Technology, eine andere Elite-Uni, urplötzlich in einen souveränen
       38:9-Sieg: Caltech-Studenten hatten per Fernbedienung die Anzeigetafel im
       Stadion gehackt.
       
       13 Feb 2013
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.caltech.edu/
 (DIR) [2] http://www.gocaltech.com/landing/index
 (DIR) [3] http://www.gocaltech.com/sports/mbkb/2010-11/bios/Ryan
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Thomas Winkler
       
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