# taz.de -- Trainer an US-College: Der tolerierte Angstmacher
       
       > Ein Video führt zum Rausschmiss von US-Basketballcoach Mike Rice. Es
       > zeigt, wie er Spieler traktiert. Die Rutgers-Universität, sein
       > Arbeitgeber, wusste schon länger davon.
       
 (IMG) Bild: Er habe „Fehler“ gemacht, gestand Mike Rice vor Fernsehkameras.
       
       WASHINGTON taz | Wer sich Einblicke in den US-amerikanischen College-Sport
       verschaffen will, sollte das Video unbedingt anschauen: Es zeigt Mike Rice,
       den Basketball-Trainer von Rutgers, einer der ältesten Universitäten des
       Landes, wie er Spieler tritt und boxt, wie er ihnen Basketbälle an den Kopf
       und an den Unterleib schmettert und wie er sie mit frauen- und
       schwulenfeindlichen Flüchen anschreit.
       
       Wenige Monate nachdem der Football-Trainer Jerry Sandusky von der
       Universität Penn State wegen des sexuellen Missbrauchs von Jungen in 45
       Fällen zu einer Gefängnisstrafe von mindestens 30 Jahren verurteilt wurde,
       ist das der neueste Skandal im College-Sport.
       
       Weil Rice beim Training der „Scarlet Knights“ an der Rutgers-Universität
       wie ein Berserker wütete, ist er am Mittwoch gefeuert worden. Doch die
       Universitätsspitze von Rutgers wusste schon lange vorher von seinen
       Exzessen. Bereits im vergangenen November haben der Sportdirektor Tim
       Pernetti und der Präsident der Universität, Robert Barchi, ein Video mit
       Gewaltszenen aus zwei Jahren erhalten. Damals hielten die beiden an ihrem
       Trainer fest. Suspendierten ihn lediglich für drei Spiele und forderten ihn
       auf, eine Therapie zu machen.
       
       ## Spieler hatten Angst
       
       Erst nachdem das Video in dieser Woche an die Öffentlichkeit geriet, hat
       Universitätspräsident Barchi ihn Trainer entlassen. „Ich habe das Video
       persönlich erst gestern gesehen“, behauptete Barchi am Mittwoch.
       
       Das Basketball-Video ist die Kurzfassung von Dutzenden von Stunden von
       Aufzeichnungen. Der US-amerikanische Sportsender ESPN hat gleichzeitig mit
       dem Video auch den Mann vorgestellt, der den Skandal enthüllt und das Video
       im vergangenen Herbst zur Chefetage der Rutgers-Universität getragen hat.
       
       Eric Murdock, ehemaliger Profi in der NBA, war Mitarbeiter von Trainer
       Rice. Er erzählt von Spielern, die nicht schlafen konnten, die Angst hatten
       und die zu anderen Universitäten wechselten, um dem Trainer zu entkommen.
       Als er das Video im November der Universitätsspitze vorlegte, erwartete
       Murdock, dass sie den Trainer entlassen würde. Stattdessen verlor er selbst
       seinen Job.
       
       Anders als der geschasste Murdock, der jetzt gegen die Universität
       prozessiert, zeigen mehrere Basketballspieler Verständnis für die Methoden
       ihres Ex-Trainers. „Das Training war hart und körperlich“, sagt Frank
       Mitchell, „aber wir haben uns angepasst.“ Tyree Graham findet, der Trainer
       sei „manchmal zu weit gegangen“, habe es aber getan, um die „respektlosen
       Taktiken von anderen Mannschaften zu simulieren“.
       
       Und Wally Judge, der vorher bei Kansas State gespielt hat, meint, dass die
       Praktiken dort „härter“ gewesen seien. Der inzwischen nach Rhode Island
       übergewechselte Gilvydas Biruta, den Rice „Schlappschwanz“, „Memme“ und
       „Schwuchtel“ nannte, erklärt indes, dass er sich „nicht als Basketballer,
       sondern als Mensch angegriffen“ gefühlt habe.
       
       ## Beichte im Fernsehen
       
       Beim College-Sport geht es um Millionen. Universitäten wollen mithilfe
       sportlicher Erfolge ihr Prestige verbessern und zahlungskräftige Studenten
       anlocken. Und für die Spieler ist das Stipendium oft die einzige
       Möglichkeit, an ansonsten unerschwinglich teuren Universitäten zu
       studieren. Zugleich hoffen viele, dass die College-Teams ihnen als
       Sprungbrett für eine weitere Karriere dienen.
       
       An der Rutgers-Universität hat vor zwei Jahren homophobes Mobbing den
       Studenten Tyler Parenti in den Tod getrieben. Jetzt ertönt dort der Ruf
       nach dem Rücktritt des Sportdirektors und des Universitätspräsidenten, die
       so lange an einem gewalttätigen Trainer festgehalten haben und erst
       aufgrund des öffentlichen Drucks reagierten.
       
       Der entlassene Rice hat bereits eine Beichte im Fernsehen abgelegt. Er habe
       „Fehler“ gemacht, gestand er ein. Dass es für Leute wie ihn auch eine
       Karriere danach geben kann, zeigt der Fall eines anderen früheren
       Basketball-Trainers. Bob Knight verlor vor gut zehn Jahren seinen Job in
       der Universität Indiana.
       
       Auch von ihm kursierte ein Video, auf dem er einen Spieler für einige
       Sekunden am Hals packte. Gegen die Entlassung des Trainers demonstrierten
       damals viele Studenten. Heute kommentiert er vom Fernsehsender ESPN aus den
       College-Sport.
       
       5 Apr 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dorothea Hahn
       
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