# taz.de -- Kretschmann über Stuttgart 21: „Wir eröffnen keine Ausstiegsdebatte“
       
       > Die Distanzierung des Bundes von den Mehrkosten bei Stuttgart 21
       > kommentiert Winfried Kretschmann nur mit wenigen Sätzen. Und wiederholt
       > sie mantraartig.
       
 (IMG) Bild: Wie war der Satz nochmal? Ach ja, „Wir eröffnen keine Ausstiegsdebatte“.
       
       STUTTGART taz | Früher hätte Winfried Kretschmann als Oppositionspolitiker
       an so einem Tag wohl klare Worte gefunden. Schließlich gehörte der
       Grünen-Politiker selbst zur Bewegung gegen das Großprojekt Stuttgart 21.
       Heute belässt er es als Ministerpräsident bei wenigen Sätzen, die er in
       einer Pressekonferenz am Dienstag in Stuttgart mantraartig wiederholt. Denn
       die grünen S-21-Gegner in der baden-württembergischen Landesregierung
       wissen, dass auch so derzeit vieles zu ihren Gunsten läuft.
       
       „Ich kann dieses Dossier und seinen Charakter nicht beurteilen“, war einer
       dieser Sätze Kretschmanns zu dem bekannt gewordenen Papier aus dem
       Bundesverkehrsministerium. Aus diesem geht hervor, wie sich der Bund von S
       21 distanziert, wie viele Zweifel bezüglich steigender Mehrkosten bestehen
       und und wie unzufrieden die Bundesregierung mit der Informationspolitik
       ist.
       
       Die entscheidenden Sätze aber waren: „Wir eröffnen keine Ausstiegsdebatte.“
       Vielmehr zeigt Grün-Rot mit dem Finger auf Berlin. „Der Ball liegt nicht
       mehr bei uns. Die Entscheidung, ob die Bahn die Mehrkosten trägt, liegt
       jetzt beim Aufsichtsrat“, sagte Kretschmann. Für seine Regierung jedenfalls
       gelte der Koalitionsbeschluss, dass das Land keinen Cent mehr bezahle.
       
       Für den Fall aber, dass Berlin den Daumen pro Weiterbau heben sollte,
       mahnte der baden-württembergische Regierungschef: Es müsse klar sein, dass
       das Projekt durchfinanziert ist. „Ich bin nicht bereit, das Risiko eines
       Debakels und Desasters einzugehen, wie es in Berlin beim Flughafen der Fall
       ist.“
       
       Tatsächlich könnte Stuttgart 21 scheitern, tatsächlich könnte es auch zu
       einem Desaster werden. Für beides will Kretschmann nicht verantwortlich
       sein. Auf weitere Fragen ging er deshalb nicht ein. Ob die Regierung denn
       Alternativen hätte, deren Prüfung jetzt auch im Dossier gefordert werden?
       „Wir eröffnen keine Ausstiegsdebatte.“ Ob es beim Bau von S 21 ein Zurück
       gebe? „Wir eröffnen keine Ausstiegsdebatte.“ Auch einem erneuten Streit mit
       seinem Koalitionspartner SPD geht er so aus dem Weg.
       
       ## „Reine Schönfärberei“
       
       Die Sozialdemokraten stimmten am Dienstag den gleichen Ton an. Die Partei
       musste intern immer wieder um ihre Meinung zu S 21 ringen, war aber zuletzt
       mehrheitlich dafür. „Es gibt bei der SPD eine klare Beschlusslage, deshalb
       gibt es bei uns im Moment auch keine Debatte dazu“, sagte
       Bundesratsminister Peter Friedrich.
       
       So blieb es der Bewegung vorbehalten, an diesem Tag deutliche Worte zu
       sprechen. Sie fordert den sofortigen Ausstieg aus Stuttgart 21. „Das
       Dossier legt alle Fakten ungeschminkt offen“, sagte die Landeschefin der
       Umweltorganisation BUND. „Sämtliche Kostenberechnungen und Zeitpläne der
       Bahn waren reine Schönfärberei, die einzig und allein dazu dienten, das
       umstrittene Vorhaben politisch durchzusetzen und die Vertragspartner bei
       Laune zu halten.“
       
       Carola Eckstein von den Parkschützern sagte, das Tunnelprojekt sei eine
       Planungskatastrophe sondergleichen. „Mit solchen politisch verkorksten
       Großprojekten blamiert Angela Merkel den Standort Deutschland vor aller
       Welt.“ Der Berliner Flughafen sei peinlich genug, „wenigstens eine
       Wiederholung der Fehler sollte die Kanzlerin uns ersparen: Alle Beteiligten
       sollten S 21 jetzt ganz schnell in der Versenkung verschwinden lassen und
       dafür sorgen, dass der Stuttgarter Bahnhof repariert wird.“
       
       5 Feb 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Nadine Michel
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