# taz.de -- Regierungspersonal in Niedersachsen: Urgrüne Prinzipien machen Ärger
       
       > Die Trennung von Amt und Mandat hat bei den Grünen Tradition. In
       > Niedersachsen fordert das jetzt die Basis von den künftigen MinsterInnen.
       
 (IMG) Bild: Bald in der Regierung und schon steht der Zwist an: Grüne in Niedersachsen
       
       HANNOVER taz | Zwist droht den niedersächsischen Grünen bei ihrer
       Landesdelegiertenkonferenz am Wochenende: Dort soll die Basis den Weg für
       Rot-Grün frei machen und den Koalitionsvertrag wie auch das grüne
       Regierungspersonal absegnen. Zudem steht turnusgemäß die Wahl eines neuen
       Landesvorstands an. Diskussionsbedarf zeichnet sich unterdessen vor allem
       bei den Personalia ab – Teile der Grünen-Basis pochen auf der strikten
       Trennung von Amt und Mandat.
       
       Sprich: Die designierten Grünen-MinisterInnen Gabriele Heinen-Klajic
       (Wissenschaft), Stefan Wenzel (Umwelt) und Christian Meyer (Agrar) sollen
       ihre Abgeordnetenmandate abgeben. Einzig Antje Niewisch-Lennartz wäre von
       einer solchen Regelung nicht betroffen – sie ist als Justizministerin
       nominiert, ohne dass sie einen Sitz im Parlament hat.
       
       Die Trennung von Amt und Mandat hat bei den Grünen Tradition und ist
       Ur-Prinzip. Nach den Landtagswahlen 2012 in Schleswig-Holstein und
       Nordrhein-Westfalen etwa traten die grünen Kabinettsmitglieder ihre
       Landtagsmandate ab. Für sie zogen Nachrücker von den Grünen-Landeslisten in
       die Parlamente. In Niedersachsen fordert eben das nun auch ein Antrag, über
       den die Delegiertenkonferenz am Wochenende abstimmt. Für die Trennung von
       Amt und Mandat spreche nicht nur, „dass der Landtag die Regierung
       kontrollieren soll“, heißt es darin. In der Praxis hätten
       Regierungsmitglieder zudem kaum Zeit für die Arbeit in der
       Landtagsfraktion.
       
       Die Grünen-Spitze trifft dieser Vorstoß der Basis offenbar weitgehend
       unvorbereitet: Von einem „alten Grünen-Grundthema“, spricht Landeschef Jan
       Haude und warnt zugleich vor „negativen Wirkungen“, sollten die Delegierten
       dem Antrag am Wochenende zustimmen: Eine Rückkehrmöglichkeit in den Landtag
       ist darin für den Fall, dass grüne MinisterInnen vorzeitig aus der
       Regierung ausscheiden, nicht vorgesehen. Haude fürchtet deshalb, dass
       Regierungsmitglieder „auf ihrem Stuhl kleben“ könnten.
       
       Auch angesichts der knappen Mehrheitsverhältnisse sind die Parteistrategen
       skeptisch gegenüber einer allzu strikten Trennung von Amt und Mandat: Eine
       enge Anbindung von Regierung und Fraktion halten sie wegen der
       Ein-Stimmen-Mehrheit, mit der Rot-Grün im Landtag regieren wird, für
       besonders wichtig.
       
       Landeschef Haude plädiert für eine Lösung nach Hamburger und Bremer
       Vorbild. Dort sieht die Landesverfassung das sogenannte ruhende Mandat vor:
       Regierungsmitglieder dürfen demnach kein Parlamentsmandat ausüben, haben
       aber bei Ausscheiden aus der Regierung das Recht, ins Parlament
       zurückzukehren. Eine solche Regelung, kündigt Haude an, wolle man nach
       Regierungsantritt „in aller Ruhe prüfen“.
       
       Fraglich ist unterdessen, ob ein solcher Vorstoß Aussicht auf Erfolg hat:
       Für Verfassungsänderungen braucht es eine Zweidrittelmehrheit im Parlament.
       Die Grünen müssten also nicht nur den künftigen Koalitionspartner SPD davon
       überzeugen, ihr Ur-Prinzip der Trennung von Amt und Mandat in der
       Verfassung zum Prinzip für alle Parteien im Landtag zu machen. Auch die
       schwarz-gelbe Opposition müsste man gewinnen. 2010, als die Grünen bereits
       erstmals eine entsprechende Initiative ins Parlament eingebracht hatten,
       gelang das nicht – wegen verfassungsrechtlicher Bedenken der
       Landtagsgremien kam es damals erst gar nicht zur Abstimmung.
       
       Besonders pikant: Mitunterzeichnerin des Parteitags-Antrags ist Beate
       Jeromin-Oldewurtel, die am Wochenende für den Posten des weiblichen Parts
       im Grünen-Führungsduo kandidiert. Der wird frei, weil die bisherige
       Landeschefin Anja Piel nicht wieder antritt. Piel zieht erstmals in den
       Landtag ein und gilt dort als sichere Anwärterin auf den Fraktionsvorsitz.
       Landeschef Jan Haude steht erneut zur Wahl, bislang ohne Gegenkandidaten.
       Als Co-Chefin an der Seite des Realos war ursprünglich Julia Willie Hamburg
       vorgesehen, künftige Landtagsabgeordnete für die Grüne Jugend, Vertreterin
       des linken Parteiflügels und derzeit noch stellvertretende
       Landesvorsitzende.
       
       Jeromin-Oldewurtel dagegen ist Kommunalpolitikerin aus Ostfriesland und
       gehört keinem Parteiflügel an. Sie wird den Antrag zur Trennung von Amt und
       Mandat, der die Parteispitze schon jetzt in Bedrängnis bringt, nutzen, um
       sich beim Parteitag am Wochenende gegen Hamburg zu profilieren. Der Antrag
       geht auf keinen der Parteiflügel zurück, sondern ist eine Initiative von
       Weser-Ems-Grünen rund um Jeromin-Oldewurtel.
       
       14 Feb 2013
       
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 (DIR) Teresa Havlicek
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