# taz.de -- Cyber-Attacken in Europa: EU steht sich selbst im Weg
       
       > Die EU tut sich schwer bei einer gemeinsamen Strategie im Kampf gegen
       > Cyberattacken. Nun wurde bei Europol zumindest ein Zentrum dafür
       > eingerichtet.
       
 (IMG) Bild: Zwei Mitarbeiter des „European Cybercrime Centre“ gehen auf Streife.
       
       BRÜSSEL taz | Schwerfällig bewegt sich die EU, wenn es um Strategien gegen
       Cyberkriminalität geht. Dabei hatten die Regierungen der Mitgliedstaaten
       bereits vor acht Jahren erklärt, dass sie die Verfolgung und die Höhe der
       Strafen in der ganzen EU anpassen wollten.
       
       Seitdem ist aber nicht viel passiert. Ein Grund dafür ist, dass alle
       Entscheidungen in diesem Bereich einstimmig getroffen werden müssen. Das
       ändert sich erst im Jahr 2014, wenn der Lissabon-Vertrag vollständig in
       Kraft tritt.
       
       EU-Politiker wie Alexander Alvaro sind besorgt: „Die Mitgliedstaaten sind
       viel zu selbstgefällig. Ich höre immer wieder, Deutschland würde das allein
       schaffen und brauche den Informationsaustausch auf europäischer Ebene
       nicht. Deshalb geht das so langsam voran“, so der deutsche
       FDP-Europa-Abgeordnete und Vizepräsident des EU-Parlaments. Alvaro hatte
       mit der taz gesprochen, bevor er am Wochenende bei einem Autounfall schwer
       verletzt wurde.
       
       Dabei sind Attacken wie nun aus China nicht selten: Schon Anfang 2009 hatte
       es gleich in mehreren EU-Ländern Schwierigkeiten gegeben. Damals konnten in
       Frankreich Flugzeuge der Armee nicht abheben, weil Militärcomputer
       infiziert waren; die deutsche Bundeswehr konnte vorübergehend ihre
       Webseiten nicht aktualisieren; und im britischen Verteidigungsministerium
       waren einige IT-Funktionen wochenlang nicht nutzbar.
       
       ## Den Ländern fehlen die Instrumentarien
       
       Immerhin ist die EU-Kommission jetzt aktiv geworden: Mitte Januar richtete
       sie bei der EU-Polizeibehörde Europol ein eigenes Zentrum zur Bekämpfung
       von Cyberkriminalität ein. Seit Anfang Februar liegt eine neue Richtlinie
       auf dem Tisch, die die Netz- und Informationssicherheit verbessern soll.
       „In vielen Ländern fehlt das notwendige Instrumentarium, um organisierte
       Cyberkriminalität bekämpfen zu können. Alle Mitgliedstaaten sollten daher
       nationale Stellen einrichten, die wirksam gegen Cyberstraftaten vorgehen“,
       forderte die schwedische EU-Innenkommissarin Margot Malmström.
       
       Dabei geht es nicht nur darum, nationale Behörden und ein EU-Frühwarnsystem
       für Cyberattacken zu schaffen. Die EU-Kommission schlägt auch [1][eine
       Meldepflicht für Unternehmen] vor, die Opfer von Hackern geworden sind –
       vor allem Anbieter von Finanzdiensten, Unternehmen im Verkehrs-, Energie-
       und Umweltbereich sowie öffentliche Verwaltungen. Außerdem sollen Betreiber
       von App-Stores, E-Commerce-Plattformen und Suchmaschinen mitmachen.
       Alexander Alvaro begrüßte den Vorstoß: „So können Parallelstrukturen
       verglichen werden, und man kann effektiver gegen Sicherheitslücken
       vorgehen.“
       
       Sein Kollege Jan Philip Albrecht stimmt zu: „Es wimmelt nur so von
       Sicherheitslücken. Wenn ein chinesischer Spion eine Lücke sucht, dann
       findet er sie. Deshalb müssen die Unternehmen Verantwortung übernehmen.
       Aber viele sparen lieber“, kritisiert der grüne EU-Abgeordnete. Ihm geht
       die von der EU-Kommission vorgeschlagene Meldepflicht nicht weit genug:
       „Unternehmen sollen Meldung machen, sobald sie eine Sicherheitslücke in
       ihrem System entdecken, und nicht erst, wenn das Unglück bereits passiert
       ist“, sagt Albrecht. So könnten Anbieter, die mit demselben System
       arbeiten, frühzeitig reagieren.
       
       Täglich sind etwa 150.000 Computerviren im Umlauf, schätzt die
       EU-Kommission. Laut der EU-Statistik-Behörde Eurostat haben jedoch nur 26
       Prozent der Unternehmen in der EU förmlich festgelegte Sicherheitsvorgaben.
       
       ## Schaden könnte immens sein
       
       Erstmals beteiligt sich auch der Auswärtige Dienst an einer Cyberrichtlinie
       der EU. Der Abgeordnete Albrecht plädiert für internationale
       Rechtshilfeabkommen, um die Verursacher über die EU-Grenzen verfolgen zu
       können: „Aber die Chinesen werden sich auf einen solchen Deal kaum
       einlassen. Deshalb bleibt uns nur, die Sicherheit unserer Systeme zu
       verbessern.“
       
       Die Zeit drängt. Eine Studie des Weltwirtschaftsforum rechnet – mit
       zehnprozentiger Wahrscheinlichkeit – damit, dass schon im kommenden Jahr
       kritische Informationsinfrastrukturen ausfallen könnten. Geschätzter
       Schaden: 250 Milliarden US-Dollar.
       
       25 Feb 2013
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /EU-und-Netzsicherheit/!110323/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ruth Reichstein
       
       ## TAGS
       
 (DIR) EU
 (DIR) Cyberattacke
 (DIR) Cyberkriminalität
 (DIR) Europäische Kommission
 (DIR) Hacker
 (DIR) Cyberkriminalität
 (DIR) Grenzsicherung
 (DIR) Hacker
 (DIR) Microsoft
 (DIR) Schwerpunkt Meta
 (DIR) EU
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Kriminelles Netzwerk lahmgelegt: FBI jagt Cyber-Gangster
       
       Über gehackte Computer hat ein weltweit agierendes Netztwerk über 500
       Millionen Dollar erbeutet. Das FBI und Microsoft kamen den Tätern auf die
       Spur.
       
 (DIR) Computergestützte Grenzsicherung: Mit dem Fingerabdruck nach Europa
       
       Nur noch sicherheitsgeprüfte Ausländer sollen in die EU einreisen, findet
       die EU-Kommission. Für eine Milliarde Euro will sie dazu eine Megadatenbank
       aufbauen.
       
 (DIR) Datenspionage aus China: Im Auftrag der Generäle
       
       Eine US-Sicherheitsfirma will herausgefunden haben, dass das chinesische
       Militär hinter einer großen Zahl von Angriffen steckt. Peking weist dies
       zurück.
       
 (DIR) Serie von Hackerangriffen geht weiter: Cyberattacke gegen Microsoft
       
       Nun hat es auch Microsoft erwischt. Wie zuvor schon Apple, Facebook und
       mehrere Zeitungen wurde die US-Firma Opfer einer Hackerattacke. Kundendaten
       wurden offenbar nicht gestohlen.
       
 (DIR) Schadsoftware eingefangen: Hacker-Angriff auf Facebook
       
       Facebook gilt manchem als „Datenkrake“, jetzt ist das soziale Netzwerk
       einer Hacker-Attacke zum Opfer gefallen. Die Angreifer benutzten eine
       Schadsoftware.
       
 (DIR) EU und Netzsicherheit: Aktiv gegen Angriffe
       
       Die EU plant eine Meldepflicht für Cyber-Attacken. Deutschland gilt dafür
       als Vorbild. Eine neue Behörde soll die Abläufe koordinieren.