# taz.de -- Kommentar NSU-Prozess: Provinziell und unsensibel
       
       > Gerangel um Plätze, unglückliche Äußerungen: Das Münchner
       > Oberlandesgericht versteht die historische Dimension des NSU-Prozesses
       > nicht.
       
 (IMG) Bild: An dieser Stelle in Nürnberg wurde der Imbissbetreiber Ismail Yasar am 09.06.2005 vom Neonazi-Terrortrio NSU ermordet.
       
       Die Norweger haben vorgemacht, wie es geht. Im Prozess gegen den
       Rechtsterroristen Anders Behring Breivik hat die dortige Justiz es
       geschafft, ein streng rechtsstaatliches Verfahren durchzuführen und dennoch
       sowohl den Opfern gerecht zu werden als auch den Bedürfnissen einer
       internationalen Medienöffentlichkeit. Sogar eine Simultanübersetzung ins
       Englische hatte das Osloer Amtsgericht organisiert.
       
       Ganz anders die bayerische Justiz. Dem Oberlandesgericht München ist es
       gelungen, noch vor Beginn des historischen Prozesses gegen die mutmaßliche
       NSU-Terroristin Beate Zschäpe und vier Helfer so viel Porzellan zu
       zerdeppern wie möglich. Weil der Gerichtssaal zu klein ist, werden
       voraussichtlich nur 50 Zuschauer und 50 Journalisten Platz finden – die
       zudem nur einen Teil des Geschehens sehen können.
       
       Die Forderung, den Prozess für die Medien wenigstens in einen Nebensaal zu
       übertragen, schmetterte die Gerichtssprecherin mit den Worten ab, man sei
       doch nicht beim Public Viewing. Dieselbe Dame befand auf die Frage, ob dies
       ein Jahrhundertprozess werde: Das könne man nicht sagen, das Jahrhundert
       sei noch lang.
       
       ## Schlange stehen
       
       Selbst die Bitte, für den türkischen Botschafter einen Platz zu
       reservieren, wurde zunächst zurückgewiesen. Wäre es dabei geblieben, hätte
       er sich zum Prozessauftakt morgens um fünf Uhr anstellen müssen, um eine
       Chance zu haben, reinzukommen.
       
       Niemand will, dass das NSU-Verfahren zum Schauprozess wird. Es ist auch
       gut, dass kein eigenes Gericht gebaut wurde wie damals in Stammheim für die
       RAF-Angeklagten. Aber so unsensibel und provinziell wie die bayerische
       Justiz darf man an dieses Verfahren nicht herangehen.
       
       Warum nicht wie in Norwegen? Auf diese Frage antwortete der Präsident des
       Oberlandesgerichts: Wir sind hier in Deutschland. Ein Armutszeugnis.
       
       1 Jan 1970
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Wolf Schmidt
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