# taz.de -- Kolumne Luft und Liebe: Die Liebe höret immer auf
       
       > Der Frühling ist noch nicht da, die Frühjahrsmüdigkeit schon. Mit der
       > Alkohol-Diät der „InStyle“ hätte man vielleicht ein wilderes Leben.
       
 (IMG) Bild: „Ich geh mir nur schnell noch 'nen Gin Tonic holen!“
       
       Tränen laufen wie bescheuert. Nasses Gesicht. Dann windgetrocknetes
       Gesicht. Ein Gedanke, noch einer, ein Gedankenwasserfall, neunasses
       Gesicht. Hoffentlich gibt es Füchse hier auf dem Friedhof, oder
       Eichhörnchen. Eichhörnchen verhalten sich zu Füchsen wie Elfen zu Menschen.
       
       Es ist vielleicht dumm, auf dem Friedhof spazieren zu gehen, wenn man
       sowieso schon traurig ist. Oma liegt im Krankenhaus, schon wieder, ich habe
       Angst um sie.
       
       Der Friedhof ist ganz ruhig. Zwischen den Blättern, die schon den ganzen
       Winter tot sind, und dem Schnee, der wieder festgefroren ist, kommen neue
       Blumen raus. Ich bin müde von der Buchmesse, auf der ich für die taz
       [1][gebloggt] habe, und auch sonst bin ich müde.
       
       Ich wollte über einen Roman schreiben, der vor einer Weile erschienen ist.
       „Häschen in der Grube“ von Maria Sveland. Es geht um Vergewaltigung und wie
       schwierig es ist, Kinder davor zu bewahren, oder sich selbst, oder darüber
       zu sprechen oder Anzeige zu erstatten und dass mit einer Anzeige noch lange
       nicht alles in Ordnung gebracht ist, sondern dass man sich damit oft mitten
       in eine Hölle begibt, aus der man meinte, gerade entkommen zu sein.
       
       Es ist das beste Buch über Missbrauch, das ich bisher gelesen habe, und ich
       wollte darüber schreiben, damit andere Menschen es auch lesen, aber ich
       hatte keine Kraft und musste beim Lesen immer wieder weinen. Jetzt ist das
       Erscheinungsdatum schon über zwei Monate her, jetzt kann man keine
       Rezension mehr anfangen.
       
       Auf dem Friedhof, über den ich laufe, gibt es große, alte Familiengräber.
       Sie müssen einst sehr prunkvoll gewesen sein, aber inzwischen fallen sie
       langsam auseinander. An einem der Gräber steht ein Spruch: „Die Liebe höret
       immer auf“. Man kann noch erkennen, dass da einmal stand: „Die Liebe höret
       nimmer auf“, aber irgendwann ist das „n“ abgefallen. Ich muss ein bisschen
       lachen, als ich das sehe.
       
       Später erzähle ich einem Freund davon, und er fragt, ob ich das „n“
       abgemacht hätte, und ich sage Nein, natürlich nicht. Aber dann beschließen
       wir, nachts vielleicht noch einmal zum Friedhof zu gehen, über den Zaun zu
       klettern und die restlichen Buchstaben so abzubrechen, dass da nur noch
       steht: „Liebe immer“.
       
       (Nein, natürlich machen wir das nicht. Es ist schöner, wenn die Zeit das
       selbst macht.)
       
       Statt also über das schöne, traurige Buch von Maria Sveland zu schreiben,
       war ich auf der Buchmesse. Buchmessen funktionieren so, dass man sehr viel
       rumläuft und Kaffee und Prosecco trinkt. Viel mehr passiert da nicht. Man
       ist damit aber auch sehr im Trend, denn die Alkoholdiät ist das neue, heiße
       Ding. Hab ich in der InStyle gelesen.
       
       Ein Artikel der aktuellen InStyle handelt von einem Selbstversuch, bei dem
       die Autorin eine Woche lang statt Abendbrot Weißwein und Gin Tonic trinkt.
       Sie nimmt davon nicht nur ab, sondern hat auch noch ein wildes Leben. Dafür
       kriegt die InStyle im Internet gerade heftigen Ärger. Ich bin nicht sicher,
       ob der Text eine Art Satire sein sollte. Auf jeden Fall ist diese
       Weichei-Variante mit Weißwein etwas albern. Ich hoffe, die Autorin kokst
       wenigstens noch dazu, das hemmt ja auch den Appetit. Und Heroin soll auch
       ganz gut helfen.
       
       20 Mar 2013
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Margarete Stokowski
       
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