# taz.de -- NGO-Mitarbeiterin über Russland: „Man nimmt uns als Bedrohung wahr“
       
       > Das Vorstandsmitglied der Menschenrechtsorganisation Memorial, Swetlana
       > Gannuschkina, über die Folgen staatlicher Kontrolle uns was sie vom
       > Westen erwartet.
       
 (IMG) Bild: Mit auf der Liste der russischen Behörden: Die NGO Memorial in Moskau.
       
       taz: Frau Gannuschkina, haben Sie die Überprüfungen erwartet? 
       
       Swetlana Gannuschkina: Ja, ist doch Memorial eine von elf Organisationen,
       die sich an den Europäischen Menschengerichtshof gewendet haben mit der
       Forderung, uns als potenzielle Opfer des sogenannten Gesetzes zu
       ausländischen Agenten anzuerkennen. Gleichzeitig sind wir als eine der
       führenden Menschenrechtsorganisation schon lange im Blickfeld der Behörden.
       
       Wie sind diese Überprüfungen abgelaufen? 
       
       Die Behörden sagen, [1][diese Überprüfungen] seien vorab geplant. Das sind
       ja schöne Pläne: Im ganzen Land werden innerhalb eines Monats viele
       Nichtregierungsorganisationen von diesen Kontrolleuren, die wie
       Überfallkommandos auftreten, aufgesucht. Eine konstruktive Zusammenarbeit
       von Behörden und NGOs sieht anders aus.
       
       Was bedeuten diese Überprüfungen für Memorial? 
       
       Dem Staat gefällt nicht, dass wir so leben und handeln, wie wir es für
       richtig halten, und dass wir mit unserer Arbeit Einfluss auf die
       Gesellschaft und die Machthaber nehmen. Offensichtlich nimmt man uns als
       Bedrohung wahr. Die Machthaber registrieren die wachsende Unzufriedenheit
       in der Gesellschaft und versuchen, uns für die Missstände verantwortlich zu
       machen. [2][Unser Ansehen leidet unter diesen Überprüfungen]. Viele nehmen
       uns nun als seltsame Organisation wahr, in der Hausdurchsuchungen
       stattfinden, die ihr Geld aus dem Westen bezieht. Immer häufiger wird die
       Vermutung geäußert, wir würden für die CIA arbeiten.
       
       Wie reagiert ihr unmittelbares Umfeld? 
       
       Kürzlich wollte ein Anwalt von seinem Kollegen wissen, warum er eigentlich
       noch für Memorial arbeite. Angesichts der jüngsten Hausdurchsuchungen, so
       der Anwalt, müsse man doch nun davon ausgehen, dass diese Organisation in
       der nächsten Zeit geschlossen werde. Das Gesetz zu ausländischen Agenten
       hat doch nur eine Funktion: Es ist Propaganda gegen uns. Und mit den
       Überprüfungen hat man der Stimmung gegen uns weiteren Vorschub geleistet.
       
       Was soll der Westen tun? 
       
       Vom Westen erwarte ich mir Solidarität. Doch das ist wahrscheinlich
       vergeblich. Denn der Westen zeigt schon lange, dass ihm seine Interessen
       wichtiger sind als seine Werte. Durch sein Nichreagieren ist er mit dafür
       verantwortlich, was hier abläuft. Dabei müsste der Westen doch begriffen
       haben, dass er von einer großen Nähe zu Putin nichts hat.
       
       26 Mar 2013
       
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