# taz.de -- Türkischer Protest zum NSU-Prozess: Der Streit wird diplomatisch
       
       > Zum NSU-Prozess sind nun endgültig keine türkischen Medien zugelassen.
       > Der Streit belastet inzwischen die deutsch-türkischen Beziehungen auf
       > höchster Ebene.
       
 (IMG) Bild: Die Aufregung hat nichts gebracht: türkische Medien bleiben draußen.
       
       ISTANBUL taz | Die Nichtberücksichtigung türkischer Medien im
       bevorstehenden NSU-Prozess gegen Beate Zschäpe in München droht zu einer
       Belastungsprobe in den deutsch-türkischen Beziehungen zu werden. Nach
       massiven Protesten der Medien hat sich die türkische Regierung in die
       Affäre eingeschaltet. Am Samstag griff Außenminister Ahmet Davutoglu zum
       Telefonhörer und meldete sich bei Außenminister Guido Westerwelle (FDP).
       
       Davutoglu machte in dem Gespräch mit Nachdruck klar, dass die türkische
       Regierung und die gesamte türkische Öffentlichkeit erwarten, dass an dem
       Prozess, bei dem unter anderem der Mord an acht Männern mit türkischer
       Abstammung verhandelt wird, sowohl türkische Medien als auch der türkische
       Botschafter in Deutschland teilnehmen können. Der Prozess sei für die
       Türkei von „überragendem Interesse“. Westerwelle, so verlautete aus dem
       Auswärtigen Amt, habe Verständnis für das Anliegen geäußert, aber auf die
       Unabhängigkeit der Justiz verwiesen.
       
       Schon am Donnerstag letzter Woche hatte Vizeministerpräsident Bekir Bozdag
       in einem Interview gefragt, warum wohl die türkischen Medien ausgeschlossen
       würden, „wenn die deutsche Justiz nichts zu verbergen habe“? „Das bedeutet
       doch“, sagte er, „dass sie sich fürchten, weil sie eine subjektive Haltung
       haben.“
       
       Die Vorgeschichte der NSU-Mordserie gibt in der Türkei Anlass zu Misstrauen
       in die deutschen Sicherheitsorgane und die Justiz. Zweimal sind
       Delegationen des türkischen Parlaments in Berlin gewesen, um mit deutschen
       Kollegen aus dem NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestags über die
       fehlgeleiteten Ermittlungen und die Bemühungen um Aufklärung der
       Ermittlungspannen zu reden.
       
       ## „Schützende Haltung gegenüber Rassisten“
       
       Zumindest einmal kam es dabei zu heftigen Auseinandersetzungen, weil ein
       türkischer Parlamentarier den Verdacht äußerte, der deutsche Geheimdienst
       könne selbst in die Morde verstrickt sein. Erst vor sechs Wochen war der
       Vorsitzende des Untersuchungsausschusses, Sebastian Edathy, gemeinsam mit
       einigen Kollegen extra nach Ankara gereist, um ebendiese Befürchtungen zu
       zerstreuen.
       
       Mit der Entscheidung des Münchner Gerichts, die Vergabe der Presseplätze
       nicht zu revidieren, sind diese Bemühungen nun gescheitert. In einem
       Leitartikel der englischen Ausgabe der größten regierungsnahen Zeitung,
       Zaman, hieß es am Freitag: „Das Gericht zeigt mit seiner Entscheidung eine
       klare schützende Haltung gegenüber Rassisten und rechtsextremen Gruppen.“
       
       Obwohl das Hauptthema der Türkei in diesen Tagen die Bemühungen um einen
       Friedensschluss mit der kurdischen Guerilla PKK ist, rückt der
       bevorstehende Prozess in München immer mehr in den Fokus der
       Öffentlichkeit. Dabei geht die Empörung über das Münchner Gericht quer
       durch alle politischen Lager.
       
       ## Empörung durch alle Lager
       
       Angefangen von den Medien über die Regierung bis zu allen
       Oppositionsparteien sind sich alle in der Forderung einig, dass der
       Ausschluss der türkischen Presse und der Diplomaten nicht das letzte Wort
       sein dürfe. Der Menschenrechtsausschuss des türkischen Parlaments hat
       angekündigt, zum Prozessauftakt nach München zu reisen, auch der türkische
       Botschafter in Deutschland will am 17. April kommen.
       
       Eine versöhnliche Geste machte in der letzten Woche Hürriyet, die
       wichtigste türkische Zeitung in Deutschland. In einem Kommentar bedankte
       sich das Blatt bei allen deutschen Kollegen, die ihnen bereitwillig ihren
       Platz im Gerichtssaal angeboten hatten.
       
       1 Apr 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jürgen Gottschlich
       
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