# taz.de -- Streit ums Leipziger Einheitsdenkmal: Verordnetes Einheitsgedenken
       
       > In Leipzig stößt das geplantes Einheitsdenkmal auf wenig Akzeptanz in der
       > Bevölkerung. Die Bevölkerung kann mit der bunten Patchwork-Fläche nur
       > wenig anfangen.
       
 (IMG) Bild: Das Model des Leipziger Freiheits- und Einheitsdenkmals.
       
       DRESDEN taz | Klio, die Muse der Geschichtsschreibung, blinzelt schalkhaft
       in unser Jahrhundert herüber. So ist das eben mit den Denkmälern. Die
       gewachsenen wie die [1][Eastside-Gallery] in Berlin sollen abgerissen
       werden, und die künstlich-künstlerischen finden wenig Akzeptanz in der
       Bevölkerung.
       
       So wird die Schaukel-Schale des geplanten [2][Einheits- und
       Freiheitsdenkmals] in Berlin als „Bundes-Wippe“ verspottet. Einem ähnliche
       Projekt ergeht es in der „Heldenstadt“ Leipzig nicht anders: Laut
       [3][Umfrage] der Leipziger Volkszeitung (LVZ) ist nur ein Drittel der
       Leipziger für ein solches Wende-Denkmal. Seine Realisierung erscheint
       deshalb fraglich.
       
       Auch Leipzig verfügt über authentische Erinnerungsstätten an die friedliche
       Revolution des Herbstes 1989, vor allem in der Umgebung der Nikolaikirche
       und am Ring. Die Montagsdemonstration vom 9. Oktober entlang dieser Route
       mit geschätzt 70 000 Teilnehmern gilt als Durchbruch des Bürgerwillens, der
       das Ende der DDR einläutete.
       
       Auf Drängen mehrerer ostdeutscher Abgeordneter beschloss der Bundestag 2007
       neben der Errichtung eines Einheitsdenkmals in Berlin auch ein offizielles
       Mahnmal in Leipzig. An den Kosten von 6,5 Millionen Euro sind der Bund mit
       4 und Sachsen mit etwa 2,5 Millionen Euro beteiligt. Die Stadt stellt ein
       Grundstück in der Innenstadt zur Verfügung.
       
       ## 70 000 Schachteln zum mitnehmen
       
       Im Juli 2012 favorisierte die Jury drei Entwürfe des
       Architektenwettbewerbs. Doch vor allem der Siegerentwurf „Siebzigtausend“
       des Münchener Künstlerduos M+M und der Berliner Landschaftsarchitekten
       Annabau löst bis heute anhaltende Kontroversen aus. Eine bunte
       Patchwork-Fläche, die ältere Leipziger eher an die Turn- und Sportfeste der
       DDR im Zentralstadion erinnert, dazu Hocker als Symbol der freien Rede und
       70 000 Schachteln, die auch mitgenommen werden können.
       
       Schon das Online-Forum der Stadt offenbarte reichlich Kritik, weil Bürger
       überhaupt keinen Bezug zu den Ereignissen von 1989 erkannten. Bei der
       Umfrage der LVZ vom Januar waren 39 Prozent strikt dagegen, weitere 28
       Prozent ohne Meinung. Auch der ehemalige Chef des Bundesamtes für
       Bauordnung und Raumwesen Florian Mausebach hält den Leipzig Wettbewerb für
       gescheitert, wie er in einem offenen Brief an Leipzigs Oberbürgermeister
       Burkhard Jung (SPD) schrieb.
       
       Mausebach ist Initiator des Berliner Einheitsdenkmals und erhielt dafür
       2008 den Nationalpreis. Leipzigs Kulturamtschefin Susanne Kucharski-Huniat
       lehnte jedoch eine Neuausschreibung ab. Siegfried Schlegel, Bauexperte der
       Linksfraktion im Stadtrat, glaubt, dass die erste Phase des Wettbewerbs
       noch nicht abgeschlossen ist. Denn die drei Preisträger sind aufgefordert,
       ihre Entwürfe zu überarbeiten.
       
       Auf dieses Ergebnis ist nur Bürgermeister Jung „gespannt“, wie er jetzt der
       LVZ sagte. „Die Preisträger bekommen eine faire Chance.“ Schon zuvor sagte
       Jung, es sei nicht tragisch, wenn der angestrebte Realisierungstermin zum
       25. Jahrestag der Wende 2014 nicht gehalten werden kann. „Wir brauchen eine
       hohe Akzeptanz, deshalb darf es nicht übers Knie gebrochen werden“, sagte
       er.
       
       ## Für die Nation, nicht nur für Leipzig
       
       Dieser Auffassung ist auch einer der Initiatoren, der ehemalige
       SPD-Bundestagsabgeordnete Gunter Weißgerber. „Wir sind damals für die
       Freiheit und nicht für ein Denkmal auf die Straße gegangen!“ Weißgerber
       gibt sich gelassen, erinnert aber daran, dass dieses Denkmal nicht nur eine
       Sache der Leipziger, sondern der ganzen Nation.
       
       350 000 Euro hat das verordnete Mahnmal seit seiner Auslobung schon
       gekostet. Im Stadtrat scheiterte die Linke mit ihrer Forderung nach einem
       Bürgerentscheid an der geschlossenen Ablehnung von CDU bis Grün. Was bei
       den Genossen süffisante Vergleiche mit dem Bürgergeist des Jahres 1989
       provoziert.
       
       4 Apr 2013
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /!113580/
 (DIR) [2] /!69136/
 (DIR) [3] http://www.lvz-online.de/leipzig/citynews/umfrage-der-lvz-zum-leipziger-freiheits-und-einheitsdenkmal/r-citynews-a-170882.html
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Michael Bartsch
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