# taz.de -- Französischer Steuerskandal: Schwarze Schafe, weiße Westen
       
       > Vom Cahuzac-Skandal schwer erschüttert, will Hollandes Linksregierung mit
       > Transparenz Vertrauen zurückgewinnen. Aber wenn die Politiker lügen?
       
 (IMG) Bild: Hat einen alten Twingo in der Garage stehen: Die grüne Wohnungsministerin Cécile Duflot.
       
       PARIS taz | Jetzt will jeder beweisen, dass er nichts zu verbergen hat.
       Bereits haben mehrere französische Minister und Staatssekretäre begonnen,
       das Inventar ihrer Ersparnisse und Besitztümer zu veröffentlichen.
       Regierungssprecherin Najat Vallaud-Belkacem gesteht, dass sie Mieterin ist
       und gerade mal eine Lebensversicherung mit 25.000 Euro Kapital besitzt.
       
       Die grüne Wohnungsministerin Cécile Duflot enthüllt, dass sie neben ein
       bisschen Erspartem einen alten Twingo in der Garage stehen hat. Andere
       Kollegen deklarieren Wohneigentum und Aktien oder Obligationen. Wenn man
       ihnen Glauben schenken kann, scheint niemand von ihnen sehr reich zu sein.
       
       Nach dem Skandal um den Steuerbetrug von Exhaushaltsminister Jérôme Cahuzac
       ist Misstrauen der Bürger in ihre Politiker groß. Frankreichs
       Premierminister Jean-Marc Ayrault möchte ihnen jetzt zeigen, dass Cahuzac
       ein bedauernswerter Einzelfall ist.
       
       Er hat allen Regierungsmitgliedern bis zum 15. April aufgegeben, ihre
       privaten Guthaben vor der Nation offenzulegen. Natürlich hofft er
       inständig, dass sich keine weiteren schwarzen Schafe in seinem Team
       befinden. Eine Garantie darauf erhält er nicht, denn nichts hindert einen
       Minister daran zu lügen, wie dies Cahuzac getan hat, als er öffentlich und
       vor dem Parlament abstritt, je ein heimliches Bankkonto in der Schweiz
       besessen zu haben.
       
       ## Die Gerüchteküche brodelt
       
       Wie sehr der Staatspräsident und seine Regierung unter Druck stehen, belegt
       der üble Geruch aus der Gerüchteküche in Paris. In einem Fall haben pure
       Spekulationen sogar einen prominenten Minister zu einem „formellen Dementi“
       veranlasst, nachdem er von der Tageszeitung Libération ohne jeglichen
       Beweis oder wenigstens plausible Verdachtsumstände in Verruf gebracht
       worden war.
       
       Solchen Verdächtigungen möchte Ayrault im Auftrag von Präsident François
       Hollande jetzt mit dem sofortigen und obligatorischen Kassensturz einen
       Riegel vorschieben. Die Minister, die jetzt dem Volk nullkommaplötzlich
       Einblick in ihr Portefeuille gewähren müssen, werden sich bestimmt bei
       ihrem Exfreund Cahuzac bedanken.
       
       ## Künftig mehr Transparenz
       
       Hollande, der übrigens bereits vor seiner Wahl vor einem Jahr wie alle
       anderen Präsidentschaftskandidaten eine Liste seines privaten Vermögens
       publiziert hatte, möchte für die Zukunft mit einer möglichst drakonischen
       Gesetzesvorlage für mehr Transparenz sorgen. Er hat bereits angekündigt,
       dass die Kontrolle der weißen Westen von Amtsträgern vor dem Mandatsbeginn
       verschärft und die Unabhängigkeit der Justiz bei ihren Ermittlungen
       garantiert werden müsse.
       
       Ein besonderes Augenmerk soll möglichen Interessenkonflikten zwischen
       privaten und beruflichen Aktivitäten und einer öffentlichen Funktion
       gelten. Im Extremfall könnte das bedeuten, dass ein Amtsträger nicht
       zugleich Anwalt oder Firmenchef bleiben kann.
       
       Zudem soll auch die bisher immer noch gern von politischen „Platzhirschen“
       praktizierte Ämterhäufung verboten werden. Und ein Politiker, der wegen
       Steuerbetrugs oder Korruption verurteilt worden ist, kriegt Berufsverbot
       und darf nie wieder für ein öffentliches Amt kandidieren.
       
       ## Zwischen Amnestie und Rücktritt
       
       Zwei Abgeordnete der rechten UMP-Opposition haben andere Lehren aus dem
       Cahuzac-Skandal gezogen. Sie beantragen vor einer Änderung der Spielregeln
       zuerst eine große Amnestie, die es erlauben könnte, Steuerfluchtgelder aus
       dem Ausland nach Frankreich zurückzuholen.
       
       Der rechten Opposition reichen punktuelle Verbesserungen des gesetzlichen
       Arsenals gegen Korruption und Steuerhinterziehung nicht. Sie fordert
       außerdem einen Regierungswechsel.
       
       Die Linksfront aus Kommunisten und Linkspartei ruft derweil ganz klassisch
       zu einer Kundgebung auf und träumt davon, mit dem „Besen“ in der
       „Oligarchie“ an der Spitze des Staates und der Wirtschaft zu kehren.
       
       10 Apr 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Rudolf Balmer
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