# taz.de -- EU-Wahlen in Kroatien: Von Vertrauen keine Spur
       
       > Am 1. Juli treten die Kroaten der EU bei. Am Sonntag wählen sie bereits
       > ihre Vertreter für das Brüsseler Parlament. Die Beteiligung dürfte gering
       > sein.
       
 (IMG) Bild: Unterzeichnung des EU-Beitrittsvertrages mit Kroatien am 9. Dezember 2011 in Brüssel.
       
       LJUBLJANA taz | „Pipl mast trast as“ stand auf dem Manuskript von Ingrid
       Anticevic Marinovic, Beobachterin der sozialdemokakratischen Partei (SDP)
       im EU-Parlament. Ihre in bestem Balkan-Englisch gehaltene Rede in Brüssel
       wurde zum [1][Youtube-Hit]. Eigentlich wollte sie ihre Zuhörer davon
       überzeugen, dass Kroatien reif für die EU ist. Eine schlechtere Werbung
       hätte sich der ärgste Gegner des kroatischen EU-Beitritts allerdings kaum
       ausdenken können.
       
       Vertrauen in Politiker zu haben, fällt in diesem Land allerdings auch ohne
       Kauderwelsch- Englisch ziemlich schwer. Am Sonntag sollen die Kroaten 12
       Abgeordnete wählen, die sie ab dem 1. Juli im EU-Parlament vertreten.
       Gerade mal sechs Wochen ist es her, dass der Präsident Kroatiens Ivo
       Josipovic diesen Wahltermin ankündigte. Nun stehen 366 Politiker zur Wahl,
       die kaum Zeit hatten, sich selbst den Wählern vorzustellen, geschweige denn
       ein Programm für ihren Auftritt in Brüssel auszuarbeiten.
       
       Obwohl Kroatien erst am 1. Juli der EU beitreten soll und immer noch zwei
       Länder - darunter Deutschland - den Beitrittsvertrag ratizifieren müssen,
       entscheidet sich also schon am Sonntag, welche Repräsentanten nach Brüssel
       geschickt werden. Mit einer entsprechend niedrigen Wahlbeteiligung ist
       daher wohl zu rechnen.
       
       Und so ist dieser Wahltermin auch eher nur eine Randnotiz in den Zeitungen.
       Die einzigen Aufreger waren neben Marinovic - die nicht mehr auf der
       Kandidatenliste für das EU-Parlament steht, der Kandidat Damir Hrsak,
       bekennender Homosexueller und die Meldung, dass das Wahlregister von über
       700.000 Wahlberechtigen bereinigt wurde. Es handelte sich dabei um
       sogenannte „Geisterwähler“ - längst Verstorbene oder unter nicht
       existierenden Adressen Gemeldete. Kroatien hatte bei den vergangenen Wahlen
       und beim EU-Referendum im Januar 2012 4,5 Millionen Personen als
       wahlberechtigt angegeben - mehr Wähler als das Land Einwohner hatte.
       
       ## Gute Chancen für die Regierungskoalition
       
       Die größten Chancen auf einen Umzug nach Brüssel hat laut Umfragen die
       gemeinsame Liste der Regierungskoalition Kukukuriku, der die
       Sozialdemokraten (SDP), die liberale Volkspartei (HNS) sowie die
       Rentnerpartei (HSU) angehören. Sie liegt bei etwa 30 Prozent. Die
       konservative Partei (HDZ) des verstorbenen Staatsgründers Franjo Tudjman
       tritt gemeinsam mit der Rechtspartei (HSP) und dem Rentnerblock an und
       könnte auf fünf Abgeordnete hoffen.
       
       Dragan Zelic von der NGO „[2][Gong]“, die sich seit 1997 für Menschen- und
       Bürgerrechte einsetzt, kritisiert im Gespräch mit der taz die ultrakurze
       Terminierung und die inhaltsleeren Wahlkampagnen. „Trotzdem fordern wir die
       Bürger dazu auf, wählen zu gehen. Wir erhoffen uns von dem Beitritt zur EU
       und der Vertretung im EU-Parlament einen Demokratisierungsschub für
       Kroatien.“
       
       Das Adriatic Institut sieht das ein wenig anders. Am vergangenen Mittwoch
       veröffentlichte der liberale Think Tank, dem auch ehemaligen US-Senatoren
       angehören, in der kroatischen Hafenstadt Rijeka einen offenen Brief an
       Bundeskanzlerin Angela Merkel. Darin wird sie aufgefordert, unter anderem
       wegen Korruption, organisiertem Verbrechen, Unterdrückung der Medien,
       Unregelmäßigkeiten bei Wahlen und der schwachen Konjunktur den Beitritt
       Kroatiens abzulehnen.
       
       Dragan Zelic kann die Beweggründe eines solchen Schreibens verstehen: "Es
       gibt viele, die befürchten, dass der Demokratieiserungsprozess nach dem
       EU-Beitritt Kroatiens zu Ende ist und sich Bürgerrechte wie im Fall Ungarn
       einfach wieder abschaffen lassen, ohne dass sich darüber irgendjemand
       aufregen würde."
       
       Allein die Art und Weise, wie dieser Wahltermin am Sonntag zustande kam,
       verspricht nichts Gutes. Aber auch der kroatische Präsident sagte zu der
       Kritik an der viel zu kurzfristigen Festlegung des Urnengangs sinngemäß
       einfach nur: „Pipl mast trast us“.
       
       14 Apr 2013
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.youtube.com/watch?v=LH460wxQOTI
 (DIR) [2] http://www.gong.hr/en/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Doris Akrap
       
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