# taz.de -- Eurokolumne: Die Mustermanns im Bankencrash
       
       > Falls der Euro auseinanderbricht, wäre in Deutschland jedes Geldinstitut
       > sofort bankrott. Stellen wir uns diesen Ernstfall doch einmal vor.
       
 (IMG) Bild: Selbst beim Eurocrash wäre auch in Deutschland nicht jede Bank unsicher.
       
       Wenn es um sein Vermögen geht, darf man den deutschen Sparer nicht
       unterschätzen. Da ist er misstrauisch, erfinderisch und fluchtgeneigt. Und
       wird sich also zu wehren wissen, falls die Eurozone tatsächlich beschließen
       sollte, dass alle Bankeinlagen jenseits der 100.000 Euro herangezogen
       werden, sobald ein Kreditinstitut in die Pleite geht.
       
       Es wäre noch nicht einmal schwierig, für den Bankencrash vorzusorgen. Das
       Ehepaar Mustermann könnte seine Konten nämlich einfach splitten. Die beiden
       würden kein gemeinsames Sparbuch mehr führen, sondern bei ihrer Bank
       jeweils getrennte Konten anlegen. Falls es mehr als 200.000 Euro zu retten
       gilt, bekommen halt auch noch die Kinder eigene Konten.
       
       Manchen mag dies immer noch zu riskant erscheinen, weil die Einlagen
       weiterhin bei einer Bank gebündelt wären. Aber auch dieses Problem können
       findige Sparer umgehen, indem sie ihr Geld auf Wanderschaft schicken: Die
       Mustermanns könnten einfach Konten bei mehreren Banken eröffnen, um
       nirgends über 100.000 Euro zu parken.
       
       Noch handelt es sich nur um abstrakte Planspiele – bisher ist das
       Bankensystem in Deutschland sicher. Falls aber der Euro auseinanderbricht,
       wäre auch hier jedes Institut sofort bankrott. Denn der Bankensektor müsste
       hunderte von Milliarden Euro abschreiben, weil Firmen und Regierungen in
       den anderen Euroländern ihre Schulden nicht mehr bedienen könnten, die sie
       in Deutschland haben.
       
       Man stelle sich den Ernstfall vor: Deutsche Banken driften gen Konkurs,
       ihre Sparer sollen bluten. Dies würde die Anleger sofort in Dumme und
       Schlaumeier teilen. Denn wahrscheinlich hätte nicht jeder vorgesorgt und
       seine Konten gesplittet: Einige trügen dann die ganze Last eines
       Eurocrashs, andere hätten ihr Vermögen gerettet.
       
       ## Finanzieller Schnüffelstaat
       
       Man kann absolut sicher sein, dass die deutschen Wähler eine derartige
       Lösung nicht akzeptieren würden. Dass Bauernschläue belohnt wird, dürfte
       hierzulande zu einem Aufschrei führen. Viele würden verlangen, dass alle
       ihre Konten und Vermögen offenlegen müssen. Empörte Bürger würden fordern,
       dass Deutschland zu einer Art „Schnüffelstaat“ wird und das
       Finanzministerium die individuellen Besitzverhältnisse ermittelt.
       
       Die Transparenzoffensive wäre sogar zu begrüßen, denn bisher weiß man über
       den Reichtum der wirklich Reichen fast nichts. Aus den Statistiken
       verschwinden Billionen im Daten-Nirwana, niemand hat erfasst, wer dieses
       Vermögen eigentlich besitzt.
       
       Mit der Offenlegung wäre die Protestwelle wütender Sparer noch längst nicht
       vorbei. Denn: Vielen dürfte auffallen, wie seltsam es ist, dass bei einem
       Eurocrash nur die Sparer bluten sollen, während die Besitzer von Immobilien
       oder Aktien ungeschoren blieben. Eine faire Lastenverteilung würde, gleich
       welche Variante man dafür wählt und wie man sie nennt, am Ende eine Art
       Vermögensteuer bedeuten.
       
       Bisher ist sie zwar noch für viele ein Tabu. Aber das zeigt nur erneut,
       dass zumindest Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) nicht verstanden hat,
       dass die Eurokrise eine systemische Krise ist, die bei einem Crash alle
       Banken erfasst.
       
       Die Idee einer begrenzten Einlagensicherung ist jedenfalls Murks, weil sie
       davon ausgeht, dass ein Crash nur einzelne Institute treffen würde, deren
       zufällige Kunden man dann heranziehen kann. Dies wird sich der deutsche
       Sparer nicht bieten lassen, falls der Ernstfall eintreten sollte – und wäre
       damit 7schlauer als Schäuble.
       
       19 Apr 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ulrike Herrmann
       
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