# taz.de -- Kommentar Syrien: Der Wendepunkt
       
       > Europa übt in Syrien vornehme Zurückhaltung – und macht sich damit
       > mitschuldig an den Opfern. Denn der Konflikt wird sich nicht von selber
       > lösen.
       
 (IMG) Bild: Europas Schuld? Zerstörter Straßenzug in Homs
       
       Man kann Briten und Franzosen durchaus vorwerfen, dass sie schnell
       militärische Lösungen zur Hand haben, wenn es irgendwo bewaffnete Konflikte
       gibt. Man muss ihnen aber auch zugutehalten, dass sie bereit sind, eine
       Entscheidung zu treffen, wenn sie Kriegsverbrechen wie in Syrien nicht
       länger tatenlos zuschauen wollen. Der deutsche Außenminister Guido
       Westerwelle dagegen mahnt, warnt und sorgt sich ohne Unterlass.
       
       Aber so unterschiedlich die Positionen in Europa sind in der Frage, ob man
       die syrischen Rebellen bewaffnen sollte, so nahe ist man sich in einem
       anderen Punkt: Europa steht nicht mehr so klar auf der Seite der
       Aufständischen wie zu Beginn. Die europäischen Außenminister sind mit zwei
       Wendepunkten im Syrienkonflikt konfrontiert. Der direkten [1][Einmischung
       der libanesischen Hisbollah] in den Konflikt – sie könnte den Bürgerkrieg
       in einen Flächenbrand verwandeln. Und der zunehmenden Dominanz
       dschihadistischer und islamistischer Gruppen auf der Seite der Rebellen.
       
       Immer mulmiger wird dem Westen bei dem Gedanken, dass die Kämpfer mit den
       schwarzen Fahnen und langen Bärten das Ruder übernehmen, wenn das
       Assad-Regime fällt. Die Zweifel wachsen, dass die derzeit tonangebenden
       Gruppen in Syriens Widerstand tatsächlich etwas planen, das mit Demokratie
       und der Achtung vor Minderheiten zu tun hat.
       
       Nur vor diesem Hintergrund ist zu verstehen, warum sie auf eine
       internationale Syrien-Konferenz drängen. Die Strategie des Westens im Fall
       Syrien lautete von Anfang an, dass man sich raushalten wollte. Das schien
       vernünftig, war man doch sicher, dass die Tage von Assad ohnehin gezählt
       sind.
       
       Inzwischen ist Europäern wie Amerikanern klar geworden, dass Assad durchaus
       noch Unterstützer hat: die Alawiten, zu denen er selbst zählt; die
       christliche Minderheit, die den Sunniten nicht traut; sowie Anhänger und
       Profiteure des Systems und der regierenden Baath-Partei. Alles in allem
       machen die Unterstützer des Regimes rund ein Drittel der Bevölkerung aus.
       
       Sich herauszuhalten ist dennoch keine Option für die Europäer. Die
       Zurückhaltung hat bisher nur dem Assad-Regime genützt. Es ist eine
       Illusion, zu glauben, dass man sich nicht schuldig macht, wenn man nichts
       tut. Für den Tod der über 70.000 Menschen in den vergangenen zwei Jahren
       werden die Syrer auch den Westen anklagen.
       
       27 May 2013
       
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