# taz.de -- Drohnenangriffe aus Stuttgart?: Bundesregierung weiß von nichts
       
       > Das US-Kommandozentrale „Africom“ sitzt in Stuttgart. Von dort werden
       > Angriffe in Somalia koordiniert, die eventuell gegen Völkerrecht
       > verstoßen.
       
 (IMG) Bild: Stuttgart-Möhringen: In den Kelley Barracks ist das Afrika-Kommando der US-Streitkräfte das Africom untergebracht
       
       BERLIN taz | In Deutschland stationierte US-Militärs sind an
       Drohnenangriffen in Somalia beteiligt. Das haben Recherchen des
       [1][ARD-Magazins Panorama] und der [2][Suddeutschen Zeitung] (SZ) ergeben.
       Politiker von Linken und Grünen fordern nun Aufklärung und eine Einstellung
       der deutschen Unterstützung von „völkerrechtswidrigen“ US-Aktionen.
       
       Bei zehn US-Drohnenangriffen in Somalia seien bislang bis zu 29 Personen
       getötet worden, berichten die beiden Medien. Meist dürfte es dabei um
       Mitglieder der islamistischen Shabaab-Milizen und verbündete Al
       Qaida-Kämpfer gehen.
       
       Die meisten US-Drohnenangriffe finden zwar in Pakistan und teilweise auch
       in Afghanistan und im Jemen statt. Aus deutscher Sicht sind die somalischen
       Operationen aber etwas besonderes, weil hier auch US-Militär-Einrichtungen
       in Deutschland einbezogen sind.
       
       So sitzt die US-Kommandozentrale Africom, die alle militärischen
       US-Operationen in Afrika (außer Ägypten) verantwortet, in
       Stuttgart-Möhringen. Nach Darstellung von Panorama/SZ sind in Stuttgart
       auch „Geheimdienst-Analysten“ in die Auswahl von US-Zielen eingebunden.
       
       Außerdem werden im „Air and Space Operation Center“ auf dem
       US-Militär-Flughafen Ramstein (Rheinland-Pfalz) Bilder von
       US-Überwachungsdrohnen in Somalia ausgewertet. Und schließlich läuft auch
       der Kontakt zwischen den USA und den todbringenden Drohnen, die von
       afrikanischen Basen aus starten, über eine Relais-Station in Ramstein.
       
       SZ und Panorama warfen deshalb die Frage auf, ob sich deutsche
       Regierungsmitglieder möglicherweise an völkerrechtswidrigen Delikten von
       US-Militärs beteiligt haben.
       
       Der Einsatz von bewaffneten Drohnen im Krieg ist allerdings nicht generell
       verboten, genauso wenig wie der von Panzern und Gewehren. Zunächst ist
       deshalb die völkerrechtliche Lage in Somalia zu klären.
       
       ## Bewaffneter Konflikt
       
       Die schwache somalische Regierung beherrscht nur einen Teil des Landes.
       Militärisch bedrängt wird sie unter anderem von den islamistischen
       Shabaab-Milizen. Man kann also in Somalia durchaus von einem bewaffneten
       Konflikt sprechen.
       
       In diesen Konflikt können die USA mit Billigung der somalischen Regierung
       auch mit Waffengewalt eingreifen. Dass eine solche Billigung besteht, kann
       angenommen werden, wird aber in der Regel nicht öffentlich bestätigt.
       Soweit Al-Qaida-Kämpfer in Somalia in die Aktionen der Shabaab-Milizen
       eingegliedert sind, sind auch sie Kombattanten, also legitime militärische
       Ziele.
       
       Völkerrechtlich problematisch sind vor allem Drohnen-Angriffe, bei denen
       übermäßig viele Zivilisten als „Kollateralschäden“ sterben, das wäre ein
       Kriegsverbrechen, das in Deutschland nach dem Völkerstrafgesetzbuch
       bestraft würde.
       
       ## Völkerrechtlich problematisch
       
       Strafbar könnte auch sein, wenn ein getöteter islamistischer Terrorist
       nicht in die Strukturen der Milizen eingebunden war. Schließlich dürfen
       Terroristen – jedenfalls nach europäischer Sicht – nicht einfach umgebracht
       werden. Es würde sich dann um eine außergesetzliche Hinrichtung handeln,
       faktisch also um einen Mord. Wieviele der US-Drohnen-Angriffe in Somalia
       völkerrechtlich problematisch sind, ist bisher unbekannt.
       
       Sollten einzelne dieser Angriffe nach deutschem Recht strafbar sein, dann
       gäbe es viele Mittäter. Ganz an der Spitze stünde US-Präsident Barack
       Obama, der jeden tödlichen Drohnen-Einsatz in Somalia persönlich abgesegnet
       hat.
       
       Auch der unmittelbare Befehl zum Abfeuern der Rakete auf die Zielperson
       erfolgt in der Regel in den USA. Soweit US-Soldaten in Deutschland sich an
       der Auswahl und Identifikation der Ziele beteiligten, machten sie sich aber
       mitschuldig, entweder als Mittäter oder bei geringeren Tatbeiträgen als
       Tatgehilfen.
       
       ## Ermittler ohne Handbabe
       
       Deutsche Ermittler haben aber keine Handhabe zur Strafverfolgung von
       US-Soldaten wegen dienstlicher Handlungen in Deutschland. Dafür sind nach
       dem Nato-Truppen-Statut US-Dienststellen zuständig, die aber
       höchstwahrscheinlich alles für legal halten.
       
       Dass sich auch deutsche Stellen strafbar gemacht haben, ist
       unwahrscheinlich. Sie hatten ganz sicher keine Tatherrschaft, sind also
       nicht Mittäter. Und für eine Beihilfe zum Mord wäre zumindest eine aktive
       Unterstützungshandlung erforderlich sowie eine grobe Kenntnis des geplanten
       Verbrechens.
       
       Dass den USA die Einrichtung des Afrika-Hauptquartiers in Stuttgart
       gestattet wurde, dürfte hierfür ebenso wenig ausreichen wie die Akzeptanz
       der US-Einrichtungen in Ramstein.
       
       Es ist vor allem eine politische Frage, ob die Bundesregierung akzeptiert,
       dass von ihrem Boden aus Drohnenangriffe in Afrika abgewickelt werden.
       Derzeit sagt die Regierung nur, sie habe gar keine Kenntnis von solchen
       Angriffen. Im übrigen müsse jede gezielte Tötung im konkreten Einzelfall
       bewertet werden, was aber „hochkomplex“ sei.
       
       ## Grüne sind empört
       
       Grünen-Fraktionsvorsitzender Jürgen Trittin ist empört: „Wir erwarten von
       der Bundesregierung, dass sie aufhört, sich in dieser Frage dumm zu
       stellen.“ Er fragt: „Stimmt es, dass von Deutschland aus
       völkerrechtswidrige oder völkerrechtsfragliche gezielte Tötungen gesteuert
       werden?“
       
       Der außenpolitische Sprecher der Linken, Jan van Aken, geht weiter. „Die
       Bundesregierung darf nicht hinnehmen, dass die USA ihren Drohnen-Krieg von
       Militärstützpunkten in Deutschland aus führen und damit gegen das
       Völkerrecht verstoßen“. Er fordert jetzt schon die Schließung von Africom
       und „aller Einrichtungen, die den Einsatz von Kampfdrohnen ermöglichen“.
       
       Der fraktionslose Ex-Linke-Abgeordnete Wolfgang Neskovic fordert von der
       Bundesregierung sogar den Einsatz der Staatsanwaltschaft gegen US-Militärs.
       
       31 May 2013
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://daserste.ndr.de/panorama/archiv/2013/ramstein109.html
 (DIR) [2] http://www.sueddeutsche.de/thema/Drohnen
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Rath
       
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