# taz.de -- Türkeiexperte über die Proteste: „Erdogan ist auf Konfrontationskurs“
       
       > Ändert Premier Erdogan nicht seinen Kurs, wird weiter demonstriert, sagt
       > Türkeiexperte Yasar Aydin. Sein Image habe Schaden genommen.
       
 (IMG) Bild: Protest gegen den türkischen Premier Erdogan auf dem Taksim Platz in Istanbul
       
       taz: Herr Aydin, am Montag hatte Erdogan noch Gespräche angekündigt, am
       Dienstag ging die Polizei massiv gegen die Proteste auf dem Taksim-Platz
       vor. Wie erklärt sich der Widerspruch? 
       
       Yasar Aydin: Ich fürchte, dass war nur Taktik, ein Ablenkungsmanöver. Mit
       dem Vorwand, gegen radikale Gruppen und illegitime Plakate vorzugehen,
       sollen die Proteste geschwächt werden. Erdogan hat auch nicht gesagt, mit
       wem er reden will. Wenn er es wirklich ernst meint, müsste er sich mit
       Vertretern der Taksim-Plattform treffen, die seit Monaten gegen das
       geplante Bauprojekt protestieren.
       
       Wird er mit dieser harten Linie durchkommen? 
       
       Erdogan ist auf Konfrontationskurs. Er versucht die Proteste zu
       diskreditieren. Er hat sogar das Gerücht verbreitet, Demonstranten hätten
       in einer Moschee Alkohol getrunken und Sex gehabt. Dabei sagt der Imam, der
       Demonstranten in seiner Moschee Schutz vor Polizeigewalt gewährt hat, dass
       das nicht stimmt. Es kommt darauf an, wie die Bürger von Istanbul am
       Mittwoch reagieren. Wenn sie nach Feierabend auf den Taksim-Platz strömen,
       dann wird es schwierig werden.
       
       Staatspräsident Abdullah Gül hat sich mit versöhnlichen Tönen von Erdogan
       abgesetzt. Droht der Regierungspartei AKP eine Spaltung? 
       
       Ich halte es für zu früh, von Spaltung zu sprechen. Von Gül hätte ich
       erwartet, noch stärker ein Gegengewicht zu Erdogan zu bilden. Stattdessen
       hat er am Montag das umstrittene Gesetz zur Neuregelung des Alkoholverkaufs
       unterzeichnet. Das ist eine Enttäuschung.
       
       Die Bundesregierung zeigt sich besorgt über die Entwicklung in der Türkei.
       Was kann sie tun? 
       
       Deutschland ist ein wichtiger Handelspartner der Türkei und kann seinen
       Einfluss geltend machen. Die Bundesregierung muss Erdogan klarmachen, dass
       die Türkei auf den Weg der Demokratisierung zurückkehren muss, den sie von
       2003 bis 2006 eingeschlagen hatte. Denn seit 2011 zeigt die Regierung
       zunehmend autoritäre Tendenzen.
       
       Was wird von den Protesten bleiben? 
       
       Wenn Erdogan seinen Politikstil nicht korrigiert, dann werden die Proteste
       weitergehen. Sie haben ja nicht nur auf dem Taksim-Platz, sondern an vielen
       Orten in Istanbul und der Türkei stattgefunden. Nächstes Jahr finden
       Kommunalwahlen statt, da wird auch der Bürgermeister von Istanbul gewählt.
       Da könnte die AKP die Rechnung bekommen. Denn Erdogans Image hat Schaden
       genommen.
       
       13 Jun 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Daniel Bax
       
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