# taz.de -- Aufstand in der Türkei: AKP schließt Neuwahlen aus
       
       > Auch am Samstag ist der Taksim-Platz Ort des Protests gegen die Regierung
       > Erdogan. Tausende Fußballfans sind hinzugekommen. In Ankara setzt die
       > Polizei Tränengas ein.
       
 (IMG) Bild: Die Fans von Besiktas Istanbul sorgen für Stadionstimmung auf dem Taksim-Platz
       
       ISTANBUL/ANKARA dpa/afp | Die Protestwelle gegen den türkischen
       Regierungschef Recep Tayyip Erdogan hat am Samstagabend Zulauf von
       Zehntausenden Fußballfans erhalten. Auf dem Taksim-Platz in Istanbul und in
       den umliegenden Straßen versammelten sich am Abend noch mehr Menschen als
       an den Tagen davor, berichteten Augenzeugen. Für Sonntag riefen die
       Organisatoren zu einer neuen Großkundgebung auf, Unterdessen kam es zu
       Polizeigewalt gegen Demonstranten in Ankara.
       
       Die islamisch-konservative Regierungspartei AKP will am kommenden
       Wochenende zwei Gegendemonstrationen organisieren und schloss Neuwahlen als
       Reaktion auf die Protestwelle im Land aus. „Es gibt keinen Grund für
       vorgezogene Wahlen. Regierung, Parlament und Kabinett arbeiten wie ein
       Uhrwerk“, sagte Parteisprecher Hüseyin Celik am Samstag in Istanbul nach
       einem Treffen der AKP-Spitze. Der Vorsitzende der ultranationalistischen
       Oppositionspartei MHP, Devlet Bahceli, hatte Neuwahlen gefordert.
       
       MHP-Vorsitzender Bahceli war vor einigen Tagen auf den Protestzug
       aufgesprungen. Er sagte am Samstag, Erdogan habe die Krise im Land mit
       seinen Äußerungen verschärft. Er müsse nun sein Mandat erneuern.
       
       ## Träanengas in Ankara
       
       Istanbuls Bürgermeister hat den Kritikern des umstrittenen Bauprojekts im
       Herzen seiner Stadt zumindest teilweises Entgegenkommen signalisiert. „Wir
       denken definitiv nicht über den Bau eines Einkaufszentrums nach, auch nicht
       über den eines Hotels oder Wohnblocks“, versicherte Stadtoberhaupt Kadir
       Topbas am Samstag. „Es könnte (...) ein Stadtmuseum oder ein
       Ausstellungszentrum entstehen“, fügte er hinzu. Am geplanten Bau eines
       Militärkomplexes auf der Fläche des Gezi-Parks hielt der Bürgermeister
       jedoch fest.
       
       „Der Plan für die Kasernen war Teil unseres Wahlversprechens, und die
       Menschen haben uns die Legitimation dazu erteilt“, sagte Topbas. Die
       endgültige Projektfestlegung werde jedoch „im Dialog“ geschehen und könne
       durchaus auch „eine höhere Anzahl von Bäumen“ umfassen. Die 600 Bäume des
       Gezi-Parks bilden die letzte Grünfläche im Zentrum der Millionenmetropole,
       weshalb sich eine Protestbewegung zu deren Schutz gebildet hatte. Deren
       gewaltsame Niederschlagung durch die Polizei löste landesweite
       Demonstrationen gegen die Regierung aus, bei denen drei Menschen getötet
       und tausende verletzt wurden.
       
       Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hatte am Donnerstag bekräftigt, die
       Umgestaltung des Gezi-Parks ungeachtet der Proteste weiter vorantreiben zu
       wollen.
       
       Am Samstagabend ist die türkische Polizei gewaltsam gegen eine neuerliche
       Demonstration von Regierungskritikern in Ankara vorgegangen. Die
       Sicherheitskräfte setzten Tränengas und Wasserwerfer gegen die rund 5000
       Demonstranten ein, die den neunten Tag in Folge gegen die Regierung von
       Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan protestierten. Hunderte Polizisten
       trieben die Menge auf dem zentralen Kizilay-Platz auseinander, nachdem
       diese den Verkehr blockiert hatte und zunächst nicht weichen wollte.
       Mehrere Menschen wurden nach Fernsehberichten verletzt.
       
       ## Protestaufruf für Sonntagnachmittag
       
       Außenminister Guido Westerwelle (FDP) rief den türkischen
       Ministerpräsidenten zur Achtung der Bürgerrechte auf. „Das ist eine
       Bewährungsprobe für die türkische Regierung, Europa und der Welt zu zeigen,
       dass die Herrschaft des Rechts und die Freiheitsrechte ihr etwas gelten“,
       sagte Westerwelle der Welt am Sonntag. Insbesondere Erdogan sieht der
       Außenminister angesichts der „Überreaktionen der Polizei“ dabei in der
       Pflicht. „Ministerpräsident Erdogan hat eine besondere Verantwortung, die
       Lage zu beruhigen. Dieser Verantwortung muss er sich bewusst sein“, sagte
       Westerwelle.
       
       International ist die türkische Regierung in den vergangenen Tagen
       zunehmend in die Kritik geraten. EU-Erweiterungskommissar Stefan Füle hatte
       Ankara am Vortag aufgerufen, die Verantwortlichen für unverhältnismäßige
       Polizeigewalt gegen Demonstranten zu bestrafen und Grundrechte zu schützen.
       
       Für Sonntagnachmittag rief die Taksim-Plattform, die zu den Organisatoren
       der Demonstrationen gehört, zu einem großen Protest auf dem Platz auf. „Wir
       erwarten alle Bürger, die ihre Rechte an ihrer Stadt, ihrem Gezi-Park und
       alle ihre Forderungen geltend machen“, hieß es in einer Presseerklärung der
       Gruppe. "Wir machen weiter, bis unsere Forderungen erfüllt sind."
       
       Unterdessen berichteten türkische Medien, dass Erdogans AKP am kommenden
       Wochenende zwei große Kundgebungen organisieren will, um Einigkeit und
       Stärke zu demonstrieren. Die Parteispitze habe beschlossen, am nächsten
       Samstag in der Hauptstadt Ankara und dann am Sonntag in Istanbul
       Demonstrationen für die Regierung zu organisieren.
       
       8 Jun 2013
       
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