# taz.de -- US-Präsident auf Afrika-Reise: Sorge um Mandela statt Obamania
       
       > Barack Obama ist zur ersten Afrikareise seiner Amtszeit aufgebrochen.
       > Spät für politisches Engagement – aber nicht für persönliche
       > Betroffenheit.
       
 (IMG) Bild: Hübsch machen für Obama: die Ehrengarde in Dakar.
       
       BERLIN taz | Es ist Barack Obamas historisches Pech, dass er ausgerechnet
       in dem Moment in Afrika landet, in dem ganz Afrika mit dem einzigen noch
       berühmteren Schwarzen fiebert: Nelson Mandela, der im Sterben liegende
       Ex-Präsident Südafrikas. Mandelas Schicksal bewegt Afrikaner weitaus mehr
       als die Rundreise eines US-Präsidenten, dem Afrika einst als
       Hoffnungsträger huldigte und von dem es heute umso enttäuschter ist.
       
       Obama landete in der Nacht zum Donnerstag in Senegal, wird am Freitag nach
       Südafrika weiterreisen und am Montag zur letzten Station Tansania. Es wird
       in Afrika ebenso wie in den USA mit Verwunderung registriert, dass dies
       seine erste richtige Afrikareise seit seinem Amtsantritt 2009 ist. Im Juli
       2009 hatte Obama einen Blitzbesuch von gerademal 20 Stunden in Ghana
       absolviert.
       
       „Afrika ist für die Sicherheit und den Wohlstand der internationalen
       Gemeinschaft und insbesondere der USA wichtiger denn je“, heißt es in der
       aktuellen Afrikastrategie des Weißen Hauses aus dem Jahr 2012. Daran sind
       zwei Dinge hervorzuheben: Sicherheit kommt an erster Stelle; und die neue
       Obama-Strategie gab es erst gegen Ende seiner ersten Amtszeit. Verspätet
       und einseitig versuchen sich die USA zurückzumelden.
       
       Bill Clinton, Obamas Vorgänger als Demokrat an der Spitze der USA, gab mit
       dem „Afrika Growth and Opportunities Act“ (AGOA), der Afrikas ärmsten
       Ländern unter Bedingungen zollfreien Zugang zum US-Markt gewährt, einen
       wichtigen Impuls für afrikanische Exportnationen. George W. Bush, Obamas
       unmittelbarer Vorgänger, engagierte die USA massiv in der Aidsbekämpfung.
       Obama lässt sich nicht auf Afrika ein, vielleicht um nicht als Präsident
       der Schwarzen aufzutreten.
       
       ## China präsentiert sich in Afrika geschickter als die USA
       
       Eine durchdachte Afrikapolitik einer Großmacht müsste den zwei Gesichtern
       Afrikas Rechnung tragen. Der Kontinent gilt international als globale
       Wachstumshoffnung, mit Wachstumsraten von konstant über 5 Prozent im Jahr,
       starkem Rückgang der Armut in einzelnen Ländern und massiven Investitionen
       vor allem aus Asien. Afrika ist allerdings gleichzeitig der Kontinent nicht
       endenwollender Konflikte, von Somalia bis Kongo, zu denen sich neue
       Instabilität und islamistische Gewalt in Nordafrika und der Sahelzone
       gesellt. Der Kontrast zwischen dem aufstrebenden und dem verelendeten
       Afrika wird immer schärfer.
       
       Die USA interessieren sich vor allem für das blutige Gesicht Afrikas. Sie
       führen Drohnenkriege gegen Islamisten in Somalia; eine weitere US-Basis zu
       diesem Zweck entsteht in Malis Nachbarland Niger. Sie interessieren sich
       für die internationale Jagd auf den flüchtigen ugandischen Rebellenführer
       Joseph Kony. Sie weiten ihre Sicherheitskooperation mit wichtigen
       Regionalmächten wie Nigeria und Äthiopien aus.
       
       Aber für das dynamische Afrika steht China als Partner unangefochten an
       erster Stelle. China richtet regelmäßige Afrika-Staatengipfel aus, seine
       Führer reisen ständig nach Afrika und bringen Investitionen und Kredite
       mit. Das chinesische Handelsvolumen mit Afrika ist doppelt so groß wie das
       der USA.
       
       China steht im Straßenbild afrikanischer Hauptstädte für Prestigebauten,
       Paläste, Sportstadien, neue Straßen. Die USA machen sich vor allem durch
       ihre teils absurden und erniedrigenden Sicherheitsvorkehrungen rund um ihre
       Botschaftsgelände bemerkbar, manche davon wahre Festungen. Der
       Gesamteindruck ist der einer sich einigelnden Supermacht, die vom normalen
       Afrika wenig weiß und damit wenig zu tun haben will.
       
       ## Obama verzichtet auf Besuch des Grabes seines Vaters
       
       „Wir sind Zeugen eines allmählichen, aber kontinuierlichen Rückzuges der
       USA aus Afrika“, sagte kürzlich der Sudanese Mo Ibrahim, Gründer eines der
       erfolgreichsten Mobilfunkunternehmen des Kontinents und Wortführer der
       neuen Business-Schicht Afrikas. „Wir verstehen das nicht. Die USA sind
       jahrelang ein großer Freund gewesen, aber sobald Afrika seinen eigenen
       Aufstieg einleitet, ziehen sie sich total zurück.“
       
       Obama möchte nun verlorenen Boden gutmachen. Er will in Tansania, eine der
       aufstrebenden Wirtschaftsmächte, einen Wirtschaftsgipfel abhalten. Und das
       Emotionale wird breiten Raum einnehmen. Zwar wird Obama auch jetzt nicht
       das Grab seines Vaters in Kenia besuchen – Kenia mit einem vom
       Internationalen Strafgerichtshof angeklagten Präsidenten kommt als
       Reiseziel nicht in Frage. Aber am Donnerstag wollte die Familie Obama in
       Senegal die als Mahnmal erhaltenen europäischen Festungen auf der Insel
       Gorée besichtigen, von wo einst Millionen Afrikaner als Sklaven in die USA
       verschifft wurden – darunter möglicherweise die Vorfahren seiner Frau und
       damit auch seiner Töchter. Es wird ein Privatbesuch, ohne Presse.
       
       Die noch heute für jeden Besucher bedrückenden Todesverliese von Gorée,
       deren einziger Ausgang ins Meer führt ohne Hoffnung auf Wiederkehr – sie
       machen die ganze unaufgearbeitete Wucht dieser komplexen historischen
       Beziehung deutlich: zwischen einem von Sklavenhändlern ausgebeuteten Afrika
       und dem Staat, der am anderen Ufer des Atlantik durch schwarze Sklaven
       aufgebaut wurde. Obama ist der erste US-Präsident, der zu Afrika eine
       persönliche Beziehung hat, ob er will oder nicht. Vielleicht ist es gerade
       deswegen für ihn so schwer, eine Politik zu entwickeln.
       
       27 Jun 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dominic Johnson
       
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