# taz.de -- Kommentar Polizei-Todesschütze: Mehr Facebook-Videos bitte!
       
       > Notwehr soll der Schuss des Berliner Polizisten gewesen sein, tröten
       > Polizei und Politik im Einheitschor. Die polizeiinternen Standards müssen
       > sofort geändert werden.
       
 (IMG) Bild: Der abgesperrte Neptunbrunnen vor dem Roten Rathaus in Berlin
       
       Das ist tatsächlich mal eine überraschende Nachricht: Unionspolitiker
       kritisieren den Einsatz von Videos bei der Aufklärung einer Gewalttat im
       öffentlichen Raum! Diese Bilder seien menschenverachtend, meint Michael
       Kretschmer. Der ist immerhin Medienexperte der CDU-Bundestagsfraktion.
       
       Es geht ihm natürlich nicht um die Videoüberwachung an sich. Sondern um
       ganz spezielle Bilder, die seit Freitag bei Facebook und Youtube zu sehen
       sind: Ein Passant hat mit seinem Handy einen [1][Berliner Polizisten
       gefilmt], der einen nackten Messerträger erschießt.
       
       Das wirft gleich mehrere Fragen auf. Wessen Würde denn bitteschön durch das
       Posten der Bilder verletzt worden sein soll? Die des Erschossenen? Vor
       allem aber: Wieso hat ein [2][knappes Dutzend Polizisten] vor Ort keine
       andere Möglichkeit, einen einzigen Mann zu stellen? Wieso geht ein Beamter
       mit gezogener Pistole auf einen offensichtlich Verwirrten zu? Und dann noch
       so nah? Wieso schießt er ihm aus nächster Nähe in die Brust?
       
       Natürlich ist es falsch, nur aufgrund der Videobilder zu behaupten, dass
       der Polizist definitiv falsch gehandelt hat. Genauso fatal aber ist der
       seit Freitag laut trötende Einheitschor aus Polizeiführung,
       Polizeigewerkschaft, Staatsanwaltschaft und konservativen Innenpolitikern,
       nach der der Beamte zweifellos in Notwehr geschossen habe. Diese
       Verweigerung jeglichen Nachdenkens ist tatsächlich menschenverachtend.
       
       Denn selbst wenn sich am Ende zeigt, dass der Schießende sich an alle
       gesetzlichen Vorgaben und polizeiinternen Standards für Extremsituationen
       gehalten hat, er also formal korrekt gehandelt hat, dann kann es ja nur
       eine Konsequenz daraus geben: Diese Regeln müssen sofort geändert werden.
       Und wenn es für diese Erkenntnis ein zufälliges Handyvideo auf Facebook
       braucht, dann bitte mehr davon.
       
       1 Jul 2013
       
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