# taz.de -- Umbau der Vatikanbank: Auf eine Oblate mit dem Mafioso
       
       > Der Papst will seine Bank zu einer Ethikbank umbauen. Das wäre eine
       > Revolution, denn mit viel Aufhebens um Ethik fiel das skandalumwobene
       > Geldhaus nie auf.
       
 (IMG) Bild: Der Vatikanbanker Roberto Calvi wurde 1982 von der Mafia umgebracht.
       
       ROM taz | Eine „arme Kirche, den Armen zugewandt“, wünscht sich Papst
       Franziskus – und dem Mann, der früher als Kardinal von Buenos Aires mit der
       U-Bahn zur Arbeit fuhr, nimmt man das gerne ab. Ein kleines Problem
       allerdings hat der vor gut drei Monaten angetretene Stellvertreter Christi
       auf Erden: Sein Vatikanstaat beherbergt eine kleine, aber stinkreiche Bank
       – eine, auf deren Nummernkonten ebenso windige wie wohlhabende Gestalten
       ihre Erträge aus Korruption, Drogenhandel, Mafiageschäften parken können.
       
       Bloß 114 Angestellte wirken, äußerst diskret, in der Vatikanbank IOR, die
       offiziell „Institut für religiöse Werke“ heißt. Nur einen einzigen
       Firmensitz hat sie: einen gedrungenen Turm mit dicken Mauern, der wie eine
       Trutzburg wirkt – schon optisch das Gegenteil eines gläsernen
       Geldinstituts.
       
       Mitten in Rom steht er – und doch ist es, auf Vatikan-Territorium gelegen,
       genauso aufgestellt wie ein Geldhaus auf den Kaimaninseln – allerdings
       praktischerweise mit weit kürzeren Anfahrtswegen für Mafiosi, korrupte
       Politiker oder kriminelle Banker.
       
       Eine „Ethische Bank“ solle das IOR jetzt unter Papst Franziskus werden,
       heißt es in katholischen Zeitschriften wie Famiglia Cristiana. Das wäre
       eine Revolution, denn mit viel Aufhebens um die Ethik fiel das IOR nie auf.
       Regelmäßig wuschen hier kirchennahe Politiker ihre Bestechungsgelder – ein
       Konto unterhielt etwa der Christdemokrat und Mafiafreund Giulio Andreotti;
       der Rekord wurde Ende der 80er Jahre mit dem Recycling der
       Mega-Bestechungssumme von über 100 Millionen Euro für die Fusion zwischen
       einem Staatsunternehmen und einem privaten Chemiekonzern erreicht.
       
       Legendär wurde der IOR-Chef von 1971 bis 1989, Kardinal Paul Marcinkus: Mit
       einer „armen Kirche“ hatte der US-Amerikaner litauischer Abstammung nichts
       am Hut. Privat liebte er den Luxus, dienstlich drehte er ein großes Rad mit
       Bankern, die neben katholischer Glaubensfestigkeit vor allem eines
       aufwiesen: kriminelle Energie.
       
       ## Den Konkursverwalter erschießen lassen
       
       Erst war da der Sizilianer Michele Sindona, Freund der Cosa Nostra ebenso
       wie Giulio Andreottis, der sich zu Beginn der 70er Jahre ein kleines
       Bankenimperium zusammenkaufte und nebenher Millionensummen für die Mafia
       wusch – im engen Kontakt mit dem IOR. Sindona machte 1974 pleite, 1979 ließ
       er den Konkursverwalter seiner Bank erschießen und starb, zu lebenslanger
       Haft verurteilt, im Gefängnis an einem mit Zyankali verfeinerten Espresso.
       
       Schon lange vorher hatte Marcinkus enge Bande zu einem grundkatholischen
       wie skrupellosen Banker geknüpft: Roberto Calvi. Calvi schuf ein
       Schattenreich von über 200 Geisterbanken in Offshore-Paradiesen, gemeinsam
       mit Marcinkus wusch er in einer davon Millionen aus dem Kokainhandel. Und
       wieder war auch die Cosa Nostra mit im Boot. Sie hatte Calvi Unsummen
       anvertraut, doch der machte 1982 mit seiner Banco Ambrosiano bankrott – und
       die Cosa Nostra sah ihr Geld nie wieder.
       
       Die Rache folgte prompt: Am 18. Februar 1982 fand man ihn erhängt unter
       einer Brücke in London, die Taschen mit Ziegelsteinen gefüllt. Erst ging
       die Polizei von Selbstmord aus, dann aber stellte sich heraus, dass
       sizilianische Mafiosi ihn getötet hatten – mit feinem Humor hatten sie die
       Black Friars Bridge, die „Brücke der Schwarzen Mönche“, als Exekutionsort
       auserkoren.
       
       Die Calvi-Pleite zog großen Ärger fürs IOR nach sich: Es musste schließlich
       einwilligen, 240 Millionen Dollar zu zahlen – als Entschädigung für die
       aktive Beteiligung an Calvis kriminellen Geschäften. Marcinkus, der per
       italienischem Haftbefehl gesucht wurde, konnte jahrelang den Vatikan nicht
       verlassen. Doch an Italiens Justiz überstellt wurde er selbstverständlich
       nicht.
       
       Großskandale dieser Preisklasse gab es nach Ende der Ära Marcinkus nicht
       mehr. Das undurchsichtige Geschäftsgebaren aber lebte fort. Das IOR in eine
       Ethikbank umwandeln – da hat sich Papst Franziskus nicht weniger
       vorgenommen als eine Herkulesaufgabe.
       
       2 Jul 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Michael Braun
       
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