# taz.de -- Studie offenbart Ressentiments: Viele Studenten antisemitisch
       
       > Ein großer Teil der Osnabrücker Studierenden ist vor Ressentiments gegen
       > Muslime und Juden nicht gefeit. Trotz Bildung nicht offener als
       > Bevölkerungsmehrheit.
       
 (IMG) Bild: Indikator Ehepartner-Wahl: Viele Studierende raten davon ab, Muslime oder Juden zu heiraten.
       
       Wie nah sind sich Campus und Stammtisch? Eine Untersuchung der Universität,
       die starke anti-jüdische und anti-muslimische Einstellungen bei
       StudentInnen zutage brachte, sorgt in Osnabrück für Aufregung. Nur wenige
       Studierende distanzierten sich klar von diskriminierenden Aussagen.
       Vertreter der Stadt und der Universität zeigen sich erschreckt. Seit
       Jahrzehnten arbeitet Osnabrück an seinem Profil als Friedensstadt, der
       interkulturelle und interreligiöse Dialog wird öffentlich betont und
       gefördert. War alles vergeblich?
       
       ## Studenten nicht toleranter
       
       „Deutsche Frauen sollten keine Muslime heiraten.“ „Muslime provozieren
       Muslimfeindlichkeit durch ihr Verhalten.“ Nur 18 Prozent der befragten
       1.000 Bachelor-StudentInnen der Geistes- und Sozialwissenschaften in
       Osnabrück lehnten diese und vergleichbare Aussagen klar ab und machten ihr
       Kreuz bei „Stimmt gar nicht“. Anonym befragt, fand sich eine überwältigende
       Mehrheit von mehr als 80 Prozent, dass an solchen Aussagen was dran ist
       oder doch etwas dran sein könnte.
       
       Der Osnabrücker Erziehungswissenschaftler Wassilis Kassis hatte zusammen
       mit seiner kanadischen Kollegin Charlotte Schallié eine vergleichende
       internationale Studie gemacht. Dabei wurden Einstellungen von StudentInnen
       erhoben zu Ausländerfeindlichkeit, Geschlechterrollen, Vorurteilen
       gegenüber Minderheiten, antimuslimischen Vorurteilen und Antisemitismus.
       Bisher hatte es keine vergleichbare internationale Studie zu diesem Thema
       gegeben.
       
       Ergebnis: Die Studierenden an der Uni Osnabrück und der University of
       Victoria in British Columbia sind mit den gleichen Vorurteilen behaftet und
       so eingestellt wie die Mehrheit der Bevölkerung. Mehr Bildung,
       internationale Studiengänge und KommilitonInnen aus Ländern rund um den
       Globus scheinen offenere Einstellungen nicht zu fördern.
       
       In der Studie der beiden Sozialwissenschaftler bestätigte sich, dass das
       sogenannte „Judenbild“ ein Indikator für die Qualität der politischen
       Kultur insgesamt ist. Antisemitismus zeigt sich als Einfallstor für
       menschenverachtende Konzepte, mit denen man Respekt und Toleranz für
       Angehörige anderer gesellschaftlichen Gruppen verneint.
       
       ## Nur Null-Toleranz zählt
       
       „Es sollten weniger jüdische Einwanderer nach Deutschland gelassen werden“
       und „Deutsche Frauen sollten keine Juden heiraten“ – den 800 StudentInnen
       in Kanada und den 1.000 StudentInnen in Osnabrück wurden diese und
       vergleichbare Aussagen vorgelegt. Nur 60 Prozent von ihnen lehnten mit
       einem „Stimmt gar nicht“ eine solche Auffassung klar ab. Satte 40 Prozent
       meinten „Stimmt völlig“, „Stimmt eher“ und „Stimmt eher nicht“.
       
       Die Interpretation, dass StudentInnen, die „Stimmt eher nicht“ angekreuzt
       hatten, ebenfalls anti-semitische Einstellungen pflegten, begründet
       Studienleiter Wassilis Kassis unter anderem mit Bezug auf Hannah Arendt.
       „Es ist eine theoretische und philosophische Setzung“, erklärt er. Nur wenn
       man gegenüber solchen Einstellungen „null Toleranz“ zeige, sei man gefeit,
       wenn das gesellschaftliche und politische Klima repressiv werde. Das habe
       Hannah Arendt in ihren Arbeiten und Veröffentlichungen zur Geschichte von
       Nazi-Tätern gezeigt.
       
       Die Stadt zeigt sich bislang sprachlos angesichts der brisanten Studie.
       Rita Maria Rzyski, Stadträtin für Familie, Bildung, Kultur und derzeit
       Vertreterin auf dem vakanten Posten des Oberbürgermeisters, möchte „zu so
       einem relevanten Thema“ derzeit nicht Stellung nehmen.
       
       Die Universität äußert, dass sie das Thema „sehr ernst“ nehme, betont aber
       auch, dass die Studierenden bereits mit diesen Einstellungen an die Uni
       kämen. „Wir können nur einen Beitrag dazu leisten, diese Ressentiments
       abzubauen“, heißt es. Das Miteinander von Studierenden aus verschiedenen
       Ländern und vielfältigen Kulturen gedeihlich zu gestalten, sei eine
       „Kernaufgabe der Hochschulentwicklung“.
       
       ## Die Uni wollte es wissen
       
       „Was geht uns die Thematik an? Was wollen und können wir aus der Studie
       lernen?“, fragten die Wissenschaftler Kassis und Schallié bei der
       Präsentation ihrer Ergebnisse. Kassis zieht keine schnellen Schlüsse und
       will auf keinen Fall Aktionismus. Die Universitätsleitung habe sein Projekt
       von Anfang an auch als eine Studie zur Qualitätssicherung begriffen. „Die
       Universität wollte es wissen, hat mich unterstützt und wollte nichts
       verschweigen oder vertuschen“, lobt Kassis. „Das finde ich mutig.“
       
       12 Jul 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Gunhild Seyfert
       
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 (DIR) Schwerpunkt Nahost-Konflikt
       
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