# taz.de -- Politische Powerpaare: Genosse, I'm in love
       
       > Oskar liebt Sahra, Bill seine Hillary und Doris ihren Gerd. Und alle
       > schauen hin. Was reizt uns an Politikerpaaren?
       
 (IMG) Bild: Lafontaine und Wagenknecht: Liebe in aller Öffentlichkeit. Geht das gut?
       
       Kein Interview mit Doris, in dem sie nicht nach Gerd gefragt wird. Kein
       Artikel über Hillary, in dem Bill nicht erwähnt wird. Kaum eine
       Auseinandersetzung mit Sahra, ohne dass auf Oskar verwiesen wird.
       Politikerpaare umgibt eine besondere Aura. Verlieben sich zwei Ingenieure,
       spricht niemand von einer Ingenieurs-Beziehung. Heiraten zwei Lehrer,
       entsteht keine Lehrerehe. Kommen aber zwei Spitzenpolitiker zusammen, wird
       es interessant. Warum reizen uns politische Powercouples?
       
       Als Oskar Lafontaine Ende 2011 Sahra Wagenknecht als seine neue Partnerin
       präsentierte, hatten die jahrelangen Gerüchte ein Ende. Und die Ehen der
       beiden auch. Er war ihr Mentor, sie ist die Betonlinke. Gleiche Ideen,
       gleicher Kurs, gleiche Ideale. Gemeinsam – so fürchteten besonders die
       pragmatischen Ostlinken – würden sie versuchen, ihren Linksaußen-Kurs in
       der Partei durchzusetzen. Politikstrategie am Küchentisch? Zwar hat sich
       Lafontaine mittlerweile ins Saarland zurückgezogen und Wagenknecht ist in
       der Partei nicht wie gewünscht bis ganz oben gekommen. Ihre Zukunft ist
       aber offen.
       
       Interesse am Privatleben öffentlicher Personen ist nicht verwerflich.
       Unerreichbare, unnahbare Persönlichkeiten, die wir nur medial erleben,
       werden – sobald sie miteinander Beziehungen eingehen – plötzlich
       menschlich. Wir können uns vergleichen, uns spiegeln. Überlegen: Wie leben
       sie ihren Alltag? Wie trennen sie Berufliches und Privates? Wie gehen sie
       mit politikinternen Streitigkeiten um? Ihre Probleme sind plötzlich die
       unsrigen.
       
       Gleichzeitige beäugen wir sie kritisch. Politiker sollen uns regieren. Im
       Prinzip wünschen wir uns Maschinen, die unabhängig von Emotionen unsere
       Interessen vertreten. Sind zwei Spitzenpolitiker liiert, sehen wir einen
       Interessenskonflikt. Protegieren die sich? Konzentrieren die ihre Macht in
       der Beziehung?
       
       Als Hillary Clinton zur Präsidentschaftskandidatin in den USA aufstieg, kam
       in den USA die Frage auf, ob das denn funktioniere: Der Expräsident als
       Wahlkampfhelfer für seine Frau - kann das Land sich überhaupt nochmal ein
       solches Paar leisten? Die Unsicherheit dieser Ehe – voller Affären und
       Krisen. Und wollen die Clintons sich das nochmal antun, jeder Schritt,
       begleitet von der Öffentlichkeit, [1][fragte] etwa der US-Journalist David
       Remnick 2006.
       
       Was die Clintons in den USA, sind Doris Schröder-Köpf und Gerd Schröder in
       Deutschland. Sie haben die Rollen getauscht. Sie gab ihren Job als
       Journalistin auf, unterstützte ihn, galt als engste Vertraute des Kanzlers.
       Jetzt steht sie im Rampenlicht, der Exkanzler ist ihr Wahlkampfhelfer.
       
       Doch ohne ihn ist sie nicht denkbar. Ohne ihn säße sie nicht für die SPD im
       Landtag von Niedersachen. Die Frau ohne Stallgeruch, ohne Hausmacht. Er
       schwebt wie ein Schatten über ihr, sie wird das Gerd-Etikett nicht los.
       
       Die Öffentlichkeit problematisiert das zu Recht.
       
       Wir sehen Prominenten gerne beim Verlieben zu – und beim Scheitern.
       Vielleicht lesen wir nicht die Gala, sondern die Frankfurter Allgemeine,
       die Süddeutsche oder die taz - und interessieren uns nicht für Showstars,
       für Angelina Jolie und Brad Pitt, David und Victoria Beckham, sondern für
       Politiker. Sie sind seriös, sie können wir ernst nehmen. Sie glauben wir zu
       kennen. Wenn sie miteinander Beziehungen eingehen, können wir uns mit ihnen
       identifizieren.
       
       Der Paarberater [2][Michael Mary] sagt im Interview mit der sonntaz: „Es
       ist immer faszinierend, öffentliche Personen im Hinblick darauf zu
       beobachten, ob sie Ideale leben können oder nicht.“ Wenn es funktioniere,
       spreche man von Traumpaaren. „Wenn der schöne Traum dann platzt, findet man
       Trost für das eigene Scheitern."
       
       Die sonntaz hat ein politisches Powerpaar begleitet. Sven Lehmann, 33, ist
       Grünenchef in Nordrhein-Westfalen und seit fast 12 Jahren mit Arndt Klocke
       zusammen. Der 42-Jährige war Lehmanns Vorgänger als Parteichef, später
       Fraktionsvize und ist heute ein Sprecher der Fraktion. Sie sagen, sie
       bräuchten Tabus und Termine in ihrer Beziehung - politisch wie privat.
       
       Wie viel Eros steckt in Macht? Finden Sie, Politikerpaare sollten
       öffentlich zueinander stehen? Auch damit Wähler erfahren, wer da womöglich
       mit wem mauschelt? Oder interessiert Sie das überhaupt gar nicht? Wenn Sie
       was über verliebte Promis lesen wollen, kaufen Sie sich lieber die Bunte?
       Diskutieren Sie mit! Wir freuen uns auf Ihre Kommentare.
       
       12 Jul 2013
       
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