# taz.de -- Misshandlungen in Haasenburg-Heimen: Hamburger Senator in Erklärungsnot
       
       > Ein Haasenburg-Flüchtling widerspricht der Sozialbehörde. Die hatte
       > behauptet, der Junge habe seine Aussagen zu Misshandlungen zurückgezogen.
       
 (IMG) Bild: Tür zu: In der Haasenburg.
       
       BERLIN taz | Vor wenigen Tagen schickte die Hamburger Sozialbehörde den aus
       einem Heim der Haasenburg GmbH geflohenen Andre* zurück in eine Einrichtung
       des Trägers – und die Frage, was der Junge alles gesagt oder nicht gesagt
       haben soll, hat sich mittlerweile zum Politikum entwickelt.
       
       Verschiedene Medien streuten, der Junge habe seine Vorwürfe zurückgezogen.
       Als Quelle wird die Hamburger Sozialbehörde genannt. Der Anwalt des Jungen,
       Rudolf von Bracken, hat inzwischen mit seinem Mandanten telefoniert und
       berichtet: „Er hat nichts zurückgenommen. Er ist entrüstet, dass das
       behauptet wird.“
       
       Auch das Brandenburgische Jugendministerium erklärt nun, der 16-Jährige
       habe Misshandlungsvorwürfe im Gespräch mit Mitarbeitern des
       Landesjugendamts bestätigt. Brandenburg hatte einen Belegungsstopp für
       Heime der Haasenburg GmbH erlassen und fühlt sich nun bestätigt.
       
       In einer Presseerklärung der Hamburger Sozialbehörde hatte es zuvor dagegen
       geheißen, der Junge sei von „zuständigen Fachkräften“ befragt worden und
       habe die Vorwürfe nicht bestätigt. „Der Jugendliche ist ausdrücklich zu den
       Vorkommnissen befragt worden und er hat sie nicht wiederholt“, sagte
       Pressesprecher Olaf Dittmann der Hamburger Morgenpost. 
       
       Die taz fragte bei der Behörde nach, ob der Junge bei dem Gespräch unter
       Druck stand, oder auf ihn ein solcher ausgeübt wurde. Die Antwort wurde mit
       Verweis auf „Sozialdatenschutz“ verweigert. Auch die Frage, ob die Behörde
       Journalisten gegenüber erklärt habe, der Junge habe widerrufen, blockt die
       Pressestelle mit dem gleichen Grund ab. Am Montag nun legte der Hamburger
       Senat nach. SPD-Sozialsenator Detelf Scheele sagte: „Gegenwärtig gibt es
       keine Anzeichen, dass Hamburger gefährdet wären.“
       
       Die taz hatte die Gelegenheit, mit dem Hamburger Jungen nach seiner Flucht
       zu sprechen.
       
       taz: Erzähl bitte, wie Du das erste Mal „begrenzt“ wurdest. 
       
       Andre: Sie haben mich zu dritt oder viert auf den Boden geschmissen. Ich
       bin mit dem Gesicht aufgekommen. Dann haben sie mich über den Boden gezogen
       wobei ich mir eine Schürfwunde zugezogen habe. Dann haben sie die Griffe
       angewendet. Höllische Schmerzen. Ich hatte schon ein angebrochenes
       Handgelenk. Danach hatte ich ein bis zwei Wochen Schmerzen in der Hand. Die
       haben mich auch nicht zum Arzt gefahren. 
       
       Und dann? 
       
       Mir kamen die Tränen, ich konnte nicht mehr klar denken vor Schmerzen. Da
       habe ich gesagt: Ich möchte mit der Polizei sprechen, um das zu melden. Das
       haben die verweigert. Dann wollte ich einen Brief an meine Mutter schicken,
       damit die das weiterleitet. Das haben sie mir auch verboten.
       
       Laut Andre sei das vor sieben Monaten passiert. Das Oberlandesgericht
       Hamburg muss nun entscheiden, ob er weiter in einer geschlossenen
       Einrichtung untergebracht wird. Im Fall des 16-Jährigen Tobias*, der
       ebenfalls floh und nach seiner Rückkehr in ein Heim der Haasenburg GmbH
       Misshandlungsvorwürfe vor den Brandenburger Behörden wiederholte, wird das
       Amtsgericht Ottweiler am 22. Juli verhandeln.
       
       Scheele werde sich „erklären müssen, warum er untätig bleibt und gegen
       jeden Sachverstand den entwichenen Jugendlichen sogar wieder zurück
       geschickt hat“, sagt Christiane Blömeke, jugendpolitische Sprecherin der
       Grünen in Hamburg. Bela Rogalla, Landessprecher der Hamburger Linken sagte,
       Senator Scheele solle „die notwendigen Konsequenzen ziehen: Die Kinder und
       Jugendlichen müssen sofort vor Zwang und Gewalt in der Haasenburg geschützt
       werden“.
       
       Auch das brandenburgische Jugendministerium hält weiter an den
       Suspendierungen von drei Mitarbeitern und dem Belegungsstopp fest. Die
       Haasenburg GmbH geht gegen den Belegungsstopp des Ministeriums nun
       juristisch vor.
       
       Mittlerweile könnte ein viertes Kind aus der Einrichtung geflohen sein. In
       der Antwort auf eine schriftliche Anfrage der Hamburger Fraktion Die Linke
       an den Senat heißt es, ein Kind sei bei einem Außentermin „entwichen“.
       Näheres gibt die Behörde nicht preis. Begründung: Sozialdatenschutz.
       
       * Namen geändert
       
       16 Jul 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Kaija Kutter
 (DIR) Kai Schlieter
       
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