# taz.de -- Die Wahrheit: „Melancholie und Atemnot“
       
       > Absoluter Gedankenstillstand, offenes Maul, erhöhter Speichelfluss,
       > herausquellende Augen. Eugen Egner spricht über die Ekelstarre.
       
 (IMG) Bild: Stiefsohn des Adoptivkindes: Eugen Egner.
       
       taz: Herr Egner, bei den diesjährigen Wuppertaler Tagen der Medienkritik
       haben Sie einen aufsehenerregenden Vortrag über das Phänomen der
       „Ekelstarre“ gehalten. Was verstehen Sie darunter? 
       
       Eugen Egner: Nehmen wir mal an, Sie würden im Internet ein Synonym für das
       Wort „Hosenträger“ suchen. Binnen Kurzem landen Sie auf
       [1][synonyme.woxikon.de], wo Ihnen die folgenden Werbesprüche ins Auge
       springen: „Kostenlose Testversion – Jetzt anmelden und Microsoft®Dynamics
       CRM unverbindlich testen!“, „Goldene MasterCard für 0 Euro – Keine
       Extrakosten, ab 18 Jahren. Zahlen Sie Gebührenfrei – Dauerhaft“,
       „Taschenrechner Profis – Dynatech einfach günstig alle
       Taschenrechnermarken“, „Der neue Opel ADAM – Der Lifestyle-Stadtflitzer.
       Zum Konfigurator …“
       
       Reicht! 
       
       Sehen Sie? Das meine ich. Bevor man ein Synonym für „Hosenträger“ gefunden
       hat, wird man mit Begriffen wie „MasterCard“ und „Lifestyle-Stadtflitzer“
       konfrontiert. Und dann setzt die Ekelstarre ein.
       
       Sie haben aber doch sicher Verständnis für die Notwendigkeit, Anzeigenraum
       zu verkaufen? 
       
       Nein. Jedenfalls nicht, wenn der Anzeigenraum mit Texten gefüllt wird, die
       zur Ekelstarre führen: „FactoringOptimale Liquidität, keine Ausfälle &
       Professioneller Debitorenservice!“, „BMI Rechner gratis – Wie hoch ist Ihr
       BMI? Hier sehen, ob Ihr Gewicht ok ist …“
       
       Können Sie darüber nicht hinweglesen? 
       
       Wenn ich einen Ausdruck wie zum Beispiel „Debitorenservice“ aufgeschnappt
       habe, ist es bereits zu spät.
       
       Dann verfallen Sie in besagte Ekelstarre? 
       
       Für mehrere Stunden.
       
       Wie würden Sie die Symptome beschreiben? 
       
       Absoluter Gedankenstillstand, offenes Maul, erhöhter Speichelfluss,
       herausquellende Augen, starke Transpiration, Bewegungsunfähigkeit,
       Magensausen, Herzrasen, Übelkeit, Versiegen der Libido, Haarausfall,
       Zahnfäule, Gelenkschmerzen, Melancholie und Atemnot.
       
       Klingt gefährlich. 
       
       Ist es auch. Die Erforschung der Ekelstarre steckt zwar noch in den
       Kinderschuhen, doch es existieren recht verlässliche Schätzungen, nach
       denen jährlich weltweit etwa 300 Millionen Menschen an der Ekelstarre
       erkranken und schließlich elend zugrunde gehen.
       
       Was kann man dagegen unternehmen? 
       
       Da gibt es zwei Möglichkeiten: Man kann die Opfer mit
       psychopharmazeutischen Medikamenten über ihr tatsächliches Befinden
       hinwegtäuschen oder die Menschheit in die Steinzeit zurückbomben. Die erste
       Möglichkeit hat den Nachteil, dass sie einen an und für sich vollkommen
       gesunden körperlichen Reaktionsablauf unterbricht und die Kranken noch
       tiefer ins Elend stößt. Die zweite Möglichkeit bringt andere Nachteile mit
       sich, die ich an dieser Stelle nicht näher erörtern möchte.
       
       Was schlagen Sie also vor? 
       
       Wieso? Wer hat gesagt, dass ich irgendwas vorschlagen muss? Nur zur
       Erinnerung: Sie haben mir ein Informationshonorar in Höhe von 35 Euro, eine
       Goldene MasterCard und einen Lifestyle-Stadtflitzer dafür versprochen, dass
       ich hier irgendwelche Gemeinplätze absondere!
       
       Nur eine Frage noch: Sind Sie eigentlich mit dem Wuppertaler Zeichner und
       Schriftsteller Eugen Egner verwandt? 
       
       Nicht direkt. Unsere Geschwister sind verschwägert, womit es sich aber
       schon hat, wenn man davon absieht, dass ich seinen Stiefvater adoptiert
       habe.
       
       Den berühmten Hollywood-Altmeister Klaus-Rüdiger Egner. 
       
       Nein, den anderen. Den nicht ganz so berühmten Eduscho-Sanierer
       Klaus-Rüdiger Egner-Dierks.
       
       Der 2009 von Mannheim nach Kaiserslautern umgezogen ist? 
       
       Genau. Wo er dann diese Biathlon-Legende geheiratet hat.
       
       Marijke Rispel van Swachteren. Die Miss Ludwigshafen von 2006. Eine
       bildhübsche Frau. 
       
       Sie sagen es. Aber die hat es faustdick hinter den Ohren …
       
       Warten Sie mal – hat die sich nicht 2012 mit dieser
       geschlechtsumgewandelten irischen Ex-Rockröhre zusammengetan? Mir ist
       irgendwie so. 
       
       Da verwechseln Sie was. Sie meinen Dorte-Nadine van Sluchteren und Mizz
       Fuggbird. Die aber inzwischen auch schon wieder geschieden sind.
       
       Und was ist das Synonym für Hosenträger? 
       
       Es gibt keins.
       
       Das ist ein schönes Schlusswort. 
       
       Nicht wahr? Und wo sind jetzt die Autoschlüssel?
       
       Herr Egner, wir danken Ihnen für das Gespräch.
       
       19 Jul 2013
       
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