# taz.de -- Die Wahrheit: „Ich verkaufe Heringe!“
       
       > Ein Exklusiv-Interview mit Edward Snowden über Atomspione, Groupies, den
       > Mord an John F. Kennedy und die Verschwörung der Tempelritter.
       
       taz: Wie geht es Ihnen, Mr. Snowden? 
       
       Edward Snowden: Mehr schlecht als recht.
       
       Können Sie das etwas spezifizieren? 
       
       Es dürfte genügen, wenn ich Ihnen mitteile, dass ich jeden Tag fünfhundert
       Drohanrufe und mehrere tausend E-Mails von gewaltbereiten Absendern
       erhalte.
       
       Ist nicht auch mal was Nettes dabei? Zum Beispiel ein Autogrammwunsch? 
       
       Mag sein. Ich lösche das meiste Zeug ungelesen.
       
       Können Sie sich nicht eine neue E-Mail-Adresse zulegen? Und Ihr Telefon
       abmelden? 
       
       Wo denken Sie hin? Ich will doch meine Stammkunden nicht verlieren.
       
       Sie betreiben ein Fischgeschäft in Liverpool … 
       
       Ja. Seit sieben Jahren. Und zwar mit wachsendem Erfolg. Aber seit dieser
       Geschichte mit dem anderen Edward Snowden geht alles drunter und drüber.
       
       Sie meinen Ihren Namensvetter, den US-amerikanischen Geheimnisträger Edward
       Snowden, der sich auf der Flucht befindet. 
       
       An und für sich wäre es ja nicht schlimm, dass wir den gleichen Namen
       haben. Wenn nur die Leute nicht so dumm wären! Ich meine, alle Welt weiß,
       dass dieser Edward Snowden nicht in Liverpool wohnt und auch keine kleinen
       Fische verkauft. Und trotzdem lebe ich förmlich im Belagerungszustand. Was
       glauben Sie, wer mir hier alles die Bude einrennt! Paparazzi, Headhunter,
       Atomspione, Psychopathen, Voyeure, prominentengeile Groupies … Neulich
       wollte mich jemand für den senegalesischen Geheimdienst anwerben, und ein
       Reporter aus Melbourne hat mir zehntausend Pfund dafür geboten, dass ich
       ihm verrate, wo die Amis ihre Aliens gefangen halten.
       
       Und haben Sies ihm gesagt? 
       
       Ich kann Ihnen sagen, was ich ihm gesagt habe. „Junge“, habe ich gesagt,
       „wenn du glaubst, dass die US-Regierung jeden kleinen Fischverkäufer in
       ihre am besten gehüteten Staatsgeheimnisse einweiht, dann eröffne doch
       selbst ein Fischgeschäft!“
       
       Wollen Sie damit andeuten, dass die Amerikaner tatsächlich Aliens gefangen
       halten? 
       
       Wie bitte?
       
       Sie haben in Bezug auf gefangen gehaltene Aliens von amerikanischen
       Staatsgeheimnissen gesprochen. Was wissen Sie darüber? 
       
       Was soll ich darüber wissen? Ich verkaufe Heringe! Und keine
       Staatsgeheimnisse!
       
       Wer hat John F. Kennedy ermordet? 
       
       Fragen Sie ihn doch selbst!
       
       Soll das heißen, dass John F. Kennedy noch lebt? Ist damals ein
       Stellvertreter erschossen worden? 
       
       Hören Sie, ich habe wirklich keine Zeit für diesen Blödsinn …
       
       Lebt auch Elvis noch? Musste Marilyn Monroe sterben, weil sie zu viel über
       die Beteiligung der Illuminaten am Berliner Mauerbau wusste? Scheiterte die
       Invasion in der Schweinebucht an einer Verschwörung der Tempelritter?
       Stimmt es, dass die Vatikanbank die Herstellung des Aids-Virus finanziert
       hat? Zeigt das Turiner Grabtuch in Wirklichkeit die Gesichtszüge von Jack
       the Ripper? War Jesus Christus ein chaldäisch-babylonischer Doppelagent?
       Ist unser Sonnensystem nur ein Hologramm, mit dem uns die Russen
       vortäuschen wollen, dass es irdisches Leben gibt? Existiert Gott? Wie
       lauten die deutschen Lottozahlen vom kommenden Wochenende? Hallo? Hallo?
       Mr. Snowden? Sind Sie noch am Apparat?
       
       16 Aug 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Gerhard Henschel
       
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