# taz.de -- Klage gegen Mischfinanzierung: S21-Gegner scheitern vor Gericht
       
       > Ein neuer Versuch, das Megaprojekt in Stuttgart zu stoppen, ist vorerst
       > gestoppt. Die Bahnhofs-Kritiker sind trotzdem ziemlich happy.
       
 (IMG) Bild: Die Sprenglöcher für den Albaufstiegstunnel sind gebohrt.
       
       Stuttgart 21-Gegner sind mit einer Klage vor dem Verwaltungsgericht
       Stuttgart gescheitert. Sie hatten gegen die Ablehnung eines
       S21-Bürgerbegehrens geklagt, das sich gegen die Mitfinanzierung der Kommune
       Stuttgart an dem umstrittenen Bahnprojekt richtete. Diese Mischfinanzierung
       sei verfassungswidrig, argumentierten die Gegner.
       
       Obwohl die Klage abgewiesen wurde: Die S 21-Kritiker sind froh, dass sich
       mit dem Urteil ein Gericht erstmals inhaltlich zur Mischfinanzierung bei
       dem Bahnhofsbau äußerte.
       
       Sie hatten sich auf ein Gutachten des Verfassungsrechtlers Hans Meyer
       berufen. Demzufolge ist es allein Aufgabe des Bundes, den Neubau des
       Bahnhofs zu finanzieren. Es dürfe nicht sein, dass sich reiche Kommunen und
       Länder Entscheidungen des Bundes erkaufen. Doch sowohl die Stadt Stuttgart
       als auch das Land Baden-Württemberg sind mit Millionenbeträgen am Bau von
       S21 beteiligt.
       
       Zwar sehe die Verfassung Ausnahmen für eine Kofinanzierung vor, diese
       bezögen sich aber darauf, dass der Bund Länderaufgaben mitfinanziere, nicht
       umgekehrt, argumentiert Verfassungsexperte Meyer.
       
       Dies sah die zuständige Richterin am Freitag anders. Der entsprechende
       Paragraph 104a des Grundgesetzes verbiete nicht, dass Bund, Länder und
       Gemeinden zusammenarbeiten, wenn dabei jeder im Rahmen seiner
       Aufgabenzuständigkeit arbeite. Eine zulässige Zusammenarbeit habe das
       Bundesverwaltungsgericht in einem Urteil von 1989 insbesondere im Bereich
       des öffentlichen Personenverkehrs gesehen. Die Zuständigkeit der Stadt
       liege bei Stuttgart 21 vor allem in der städtebaulichen Entwicklung.
       Deshalb sei die Co-Finanzierung durch die Kommune auch gerechtfertigt.
       
       ## Bund und Bahn zahlen den Löwenanteil
       
       Von den vertraglich vereinbarten Gesamtkosten in Höhe von 4,5 Milliarden
       Euro sollen die Stadt Stuttgart einen Anteil von 292 Millionen Euro und das
       Land Baden-Württemberg 931 Millionen Euro zahlen. Den restlichen
       Löwenanteil sollen Bund und die Bahn aufbringen. Inzwischen gehen
       Schätzungen der Bahn allerdings davon aus, dass das Bahnhofsprojekt bis zu
       6,8 Milliarden Euro kosten soll. Über die Aufteilung wird noch gestritten.
       
       Im Jahr 2009 war die Klage bereits einmal aus formalen Gründen vom
       Verwaltungsgericht abgelehnt worden. Das Urteil lässt nun ein
       Berufungsverfahren zu. Das werteten die Kläger am Freitag als Hinweis, dass
       die Mischfinanzierung auch in den Augen des Gerichts auf höherer Ebene
       geprüft werden sollte.
       
       „Die Richterin hat dem Problem der Mischfinanzierung eine große Rolle
       zugewiesen", sagte Bernhard Ludwig, Rechtsanwalt und einer der Kläger.
       „Diese Frage muss grundsätzlich geklärt werden.“
       
       Auch der Sprecher des Aktionsbündnisses gegen Stuttgart 21 sieht in dem
       Urteil eine „hervorragende Chance, die Verfassungswidrigkeit der
       Mischfinanzierung im Instanzenweg höchstrichterlich zu klären und damit den
       Ausstieg aus dem Projekt für Stadt und Land unabweisbar zu machen“, sagte
       Eisenhart von Loeper, ebenfalls Rechtsanwalt.
       
       Den Weg des Ausstiegs über die Mischfinanzierung hatte vor der Landtagswahl
       auch der damalige Fraktionschef der Grünen, der heutige Ministerpräsident
       Winfried Kretschmann, aufgezeigt. Seine Fraktion hatte damals das Gutachten
       bei Professor Meyer bestellt. „Wir werden die Zahlungen sofort einstellen
       und bereits gezahlte Beträge zurückverlangen. Mit uns wird es keine
       Fortsetzung des Verfassungsbruchs geben“, tönte Kretschmann damals. Als
       Regierungschef will er davon jedoch nichts mehr wissen.
       
       Gleichzeitig ging S21 am Freitag mit dem Anstich des ersten langen Tunnels
       in eine neue Phase. Im Beisein von Bahnchef Rüdiger Grube und
       Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) wurden Sprenglöcher für den 4,8 km
       langen Albaufstiegstunnel bei Hohenstadt südöstlich von Stuttgart gebohrt.
       „Dieses Projekt ist nicht nur von regionaler und nationaler Bedeutung,
       dieses Projekt hat europäischen Charakter“, sagte Ramsauer. Die neue
       ICE-Strecke zwischen Wendlingen und Ulm ergänzt nicht nur den Umbau des
       Bahnknotens Stuttgart, sie ist auch Teil der europäischen Magistrale von
       Paris über Stuttgart, München, Wien bis Bratislawa.
       
       21 Jul 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Nadine Michel
       
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