# taz.de -- Medien in Ägypten: Propaganda und Gegenpropaganda
       
       > „Al-Dschasira“ wehrt sich gegen den Vorwurf, Sprachrohr der Muslimbrüder
       > zu sein. Tendenziös berichten auch andere – zugunsten des Militärs.
       
 (IMG) Bild: Newsroom von „Al-Dschasira“ in Doha, Katar.
       
       KAIRO taz | Es sind klare Worte, mit denen sich Al-Dschasira verteidigt:
       Ägyptische Medien und Behörden führten eine strategische Hetzkampagne, um
       „Hass gegenüber Al-Dschasira und seinen Mitarbeitern“ zu säen. So heißt es
       in einer Mitteilung, die der Sender vergangene Woche [1][auf seiner
       arabischsprachigen Website veröffentlichte].
       
       Damit geht Al-Dschasira deutlich in die Offensive. Das Statement ist die
       jüngste Reaktion auf schwere Vorwürfe, Al-Dschasira berichte einseitig
       zugunsten Mohammed Mursis und seiner Muslimbruderschaft. Am 3. Juli hatte
       das Militär gegen den ägyptischen Präsidenten geputscht, nachdem Millionen
       von Menschen gegen ihn auf die Straße gegangen waren.
       
       Ein „Propaganda-Kanal“ für die Muslimbruderschaft sei Al-Dschasira,
       kritisierte der bekannte ägyptische Autor und Journalist Abdel Latif
       el-Menawi. Dem konkurrierenden Nachrichtensender Al-Arabija sagte er,
       Al-Dschasira räume Vertretern der Muslimbruderschaft unverhältnismäßig viel
       Sendezeit ein, um die Ereignisse aus ihrer Sicht zu kommentieren.
       
       Selbst in den eigenen Reihen regt sich Widerstand. Wie die emiratische
       Tageszeitung [2][Gulf News online berichtete], sollen bereits in den ersten
       Tagen nach der Entmachtung Mursis 27 Mitarbeiter aus Protest gekündigt
       haben, der Großteil von ihnen Mitarbeiter des ägyptischen Ablegers
       „Al-Dschasira Live Ägypten“. Auch am Hauptsitz des Senders im katarischen
       Doha sollen Ägypter ihre Kündigung eingereicht haben. Al-Dschasira
       bestätigte, es habe Kündigungen gegeben, äußerte sich jedoch nicht zu deren
       Anzahl.
       
       ## Wer ist das Volk?
       
       Allerdings ist Al-Dschasira bei Weitem nicht das einzige Medium, das sich
       den Vorwurf der tendenziösen Berichterstattung gefallen lassen muss.
       Populäre TV-Sender und Zeitungen fahren eine entgegengesetzte Kampagne, um
       Mursi und die Muslimbruderschaft als terroristische Vereinigung
       darzustellen und das Militär zu feiern.
       
       Etwa die Tageszeitung Al-Masri al-Yaum: Den Armeechef und
       Verteidigungsminister Abdel Fatah al-Sisi bezeichnet sie als
       „Volkspräsidenten für die Verteidigung“. Ohnehin trägt die Zeitung die
       Schlacht um die Frage, wer das Volk sei, mit vollem Elan aus. Auf der
       Titelseite ihrer Samstagsausgabe war der mit Sisi-Anhängern gefüllte
       Tahrirplatz zu sehen. Darüber, noch über dem Zeitungsnamen, prangte ein
       roter Banner mit der Aufschrift „Wir sind das Volk“.
       
       Ahmed Soudan, Sprecher der Muslimbruderschaft, sagte der taz: „Sowohl die
       privaten als auch die staatlichen Medien in Ägypten fokussieren auf die
       Protestierenden auf dem Tahrirplatz, die den Militärputsch unterstützen.
       Die Millionen Mursi-Unterstützer blenden sie aus und verbreiten gefälschte
       Nachrichten.“
       
       Tatsächlich ist Al-Dschasira mit seiner tendenziösen Berichterstattung
       zugunsten der Muslimbrüder eher die Ausnahme. Der Sender ist ein Kind
       Katars, der einzigen Golfmonarchie, die der Muslimbruderschaft wohlwollend
       gegenübersteht und den Putsch des ägyptischen Militärs nicht begrüßt hat.
       
       ## Reporter geben sich nicht mehr zu erkennen
       
       Trotz seiner Nähe zur katarischen Regierung war es dem Sender gelungen,
       sich international als seriöses Medienunternehmen zu etablieren. Besonders
       die Berichterstattung zum Arabischen Frühling 2011 brachte dem Sender
       Sympathien ein.
       
       Doch seit die Ägypter in ein Pro- und Anti-Mursi-Lager gespalten sind,
       gerät Al-Dschasira zwischen die Fronten. Ein Mitarbeiter des Senders sagte
       der taz, er und seine Kollegen könnten nicht mehr frei von den Kundgebungen
       der Mursi-Gegner berichten. Auf dem Tahrirplatz etwa würde er nicht mehr
       offen als Al-Dschasira-Mann auftreten.
       
       Auch von offizieller Seite werden dem Sender Hürden in den Weg gelegt. Die
       Armeeführung hatte im Zuge der Entmachtung Mursis nicht nur verschiedene
       islamische TV-Kanäle schließen lassen, sondern auch die Al-Dschasira-Büros
       in Kairo durchsucht und Mitarbeiter verhaftet.
       
       In seiner Mitteilung beschwert sich der Sender zudem, er sei von
       verschiedenen staatlichen Pressekonferenzen ausgeschlossen worden. Bereits
       wenige Tage nach Mursis Sturz hatten aufgebrachte Kollegen
       Al-Dschasira-Mitarbeiter aus einer Pressekonferenz des Militärs
       geschmissen.
       
       29 Jul 2013
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.aljazeera.net/news/pages/8abf3212-ca0f-498e-8506-554d6248ffda
 (DIR) [2] http://gulfnews.com/news/region/egypt/al-jazeera-staff-resign-after-biased-egypt-coverage-1.1206924
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jannis Hagmann
       
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