# taz.de -- Proteste in Tunesien: „Verschwindet! Verschwindet!“
       
       > Angesichts der politischen Krise bietet der Innenminister seinen
       > Rücktritt an. Doch die Proteste gegen die Islamisten halten an.
       
 (IMG) Bild: Bengalos gegen Islamisten: Protest in Tunis
       
       BERLIN taz | Der tunesische Innenminister Lotfi Ben Jeddu hat seinen
       Rücktritt angeboten und die Bildung einer Allparteien-Regierung angeregt,
       um das nordafrikanische Land zu befrieden. „Ich habe den großen Wunsch,
       zurückzutreten,“ sagte der Unabhängige dem Rundfunksender Mosaique am
       Dienstag. Es müsse eine Regierung der nationalen Einheit gebildet werden,
       um Tunesien aus der Sackgasse herauszuführen.
       
       Noch am Montag hatte Ministerpräsident Ali Larajedh von der islamistischen
       Ennahda erklärt, seine Regierung werde dem Druck nicht nachgeben. Er
       kündigte Neuwahlen für den 17. Dezember an. Das ist der Tag, an dem sich
       Mohamed Bouzizi in Sidi Bouzid im Jahr 2010 verbrannte und damit den Sturz
       des Diktators Ben Ali mit auslöste. Die Forderung nach dem Rücktritt der
       Regierung und der Verfassungsgebenden Versammlung wies Ali Larajedh zurück.
       
       Nach der Ermordung eines zweiten Oppositionspolitikers binnen weniger
       Monate in der vergangenen Woche entladen sich die Spannungen zwischen
       Anhängern und Gegnern der islamistisch geführten Regierung zunehmend in
       Gewalt.
       
       Nach nächtlichen Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Polizei war die
       Stimmung am Dienstag geladener denn je. „Verschwindet! Verschwindet!“,
       riefen die Oppositionellen. Sie fordern die Ablösung der Regierung und die
       Auflösung der Verfassungsgebenden Versammlung.
       
       Ennahda regiert zusammen mit zwei Parteien des säkularen Lagers – den
       Sozialdemokraten (Ettakatol) und der Mitte-Links-Partei von Präsident
       Moncef Marzouki.
       
       Auch Ettakatol hatte die Übergabe der Macht an eine Regierung der
       nationalen Einheit verlangt. Eine entsprechende Forderung habe man der
       Ennahda-Partei vorgelegt, sagte das führende Ettakatol-Mitglied Lobni Jribi
       der Nachrichtenagentur Reuters. Eine Einheitsregierung würde den größten
       Konsens ermöglichen, betonte der Politiker der gemäßigten linken Partei.
       
       Inzwischen haben 60 Abgeordnete säkularer Parteien ihre Arbeit in der
       Verfassungsgebenden Versammlung niedergelegt. Neben den weltlich
       ausgerichteten Oppositionsparteien fordert auch die Gewerkschaft UGTT die
       Ablösung der Regierung.
       
       ## Negativbeispiel Ägypten
       
       Noureddine Bhiri, stellvertretender Ministerpräsident und Mitglied der
       Ennahda, rief eigens eine Pressekonferenz ein, um die Gesprächsbereitschaft
       seiner Regierung und seiner Partei zu betonen. Er warnte davor,
       Institutionen wie die Verfassungsgebende Versammlung zu „zerstören“.
       „Keiner kann wollen, dass Tunesien zu Ägypten oder Somalia wird“, fügte er
       hinzu.
       
       Die tunesischen Sicherheitsbehörden hatten am Freitag die Namen von 14
       radikalen Islamisten veröffentlicht, die an der Ermordung des
       Oppositionspolitikers Mohamed Brahmi am Donnerstag und des Oppositionellen
       Chokri Belaid im Februar beteiligt gewesen sein sollen.
       
       Die Ermordung Brahmis hatte die gegenwärtige Krise ausgelöst. Nach Angaben
       der Regierung in Tunis wurde bei beiden Morden dieselbe Waffe benutzt.
       
       Als Hauptverdächtiger gilt Bubaker al-Hakim, ein in Paris geborener
       Islamist, verlautete am Montag aus informierten Kreisen. Der 30-Jährige war
       2008 wegen der Gründung einer Gruppe, die Männer für den Kampf gegen die
       US-Besatzer im Irak rekrutierte, zu sieben Jahren Haft verurteilt worden.
       
       Terror und Verunsicherung spielt sich auch an der Grenze Tunesiens zu
       Algerien ab. Dort zirkulieren Waffen, dort agieren radikale Islamisten, die
       immer wieder Militärposten angreifen. Am Montag wurden acht tunesische
       Soldaten getötet. Vier weitere Soldaten seien verletzt worden, berichtete
       das Fernsehen.
       
       30 Jul 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Edith Kresta
       
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