# taz.de -- Unfreiwilliger Exhibitionist: Digital ist die Rache
       
       > Ein Mann fotografiert mit einem gestohlenen Handy. Er weiß nicht, dass
       > die Bilder im Netz hochgeladen werden. Ein Triumph für die Bestohlene.
       
 (IMG) Bild: Bitte recht freundlich: Hafid schaut in die Welt.
       
       Hafid aus Dubai ist jetzt berühmt. Er weiß es nur nicht. Seit Tagen
       kursiert der Link zu einem Blog, der hauptsächlich Fotos zeigt, im Netz:
       Selbstporträts, Hafid und seine Kumpels am Strand, wie sie vor Autos
       posieren, vor Moscheen, beim Teetrinken. Unter den Bildern wird Hafid in
       ein paar Zeilen fertiggemacht. [1][Titel des Blogs: „Das Leben eines
       Fremden, der mein Telefon gestohlen hat“].
       
       Wie dieser Name schon andeutet, geht die Geschichte laut der anonymen
       Betreiberin des Blogs so: Fünf Stunden nachdem sie auf Ibiza gelandet ist
       und sich erst einmal gepflegt betrunken hat, wurde ihr das Telefon
       gestohlen. Offenbar von Hafid. Was die beklaute Autorin daher weiß, dass
       Hafid das Gerät munter weiternutzt – und nicht bedacht hat, dass jedes
       Foto, dass er damit schießt, direkt in einen Cloudspeicher hochgeladen
       wird, einen, auf den die Bestohlene weiter Zugriff hat.
       
       „Darum werden wir uns an tiefen Einblicken in sein Leben erfreuen“,
       frohlockt sie. Und erklärt auch, woher sie eigentlich Hafids Namen kennen
       will. Der nämlich habe kurz nach dem Verschwinden des Handys auf seinen
       Facebook-Account zugegriffen und ihr eine persönliche Nachricht von seinem
       eigenen Account zukommen lassen.
       
       Süß ist die Rache im Digitalzeitalter. Auch wenn die eigentliche Besitzerin
       ihr Telefon niemals wiedersehen wird – ganz hilflos ist sie nicht. Ihr
       bleibt immer noch, diesen Typen, den mutmaßlichen Dieb, bloßzustellen,
       peinliche Bildunterzeilen unter grauenvoll ungelenk gestellte Fotos zu
       posten. Und all das, ohne dass Hafid es bisher erfahren hat.
       
       Schadenfreude – die gehässigste Form des Humors. Selbst wenn diese ganze
       Geschichte ein Fake ist, dann ist sie doch so nah an der möglichen
       Wirklichkeit, dass Tausende darüber lachen. Über diesen mittelmäßigen
       Fotografen, dessen Leben zur Comedy gerät, weil er zu dumm war, seine
       Spuren zu verwischen.
       
       4 Aug 2013
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://lifeofastrangerwhostolemyphone.tumblr.com/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Meike Laaff
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Rache
 (DIR) Selfie
 (DIR) Medien
 (DIR) Überwachungsgesellschaft
 (DIR) Youtube
 (DIR) Internet
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) „Selfies“ bei Beerdigungen: Knutsch. #Funeral
       
       Schmollmund, Victory-Zeichen: Jugendliche posieren auf Beerdigungen und
       posten diese Selbstporträts im Netz. Ist das noch normal?
       
 (DIR) Woher kommt die Angst vor Technik?: „Wir sind bequeme, faule Wesen“
       
       Vor allem Eltern stehen neuer Technik wie Tablet-Computern skeptisch
       gegenüber. Medienprofessor Frank Hartmann begründet diese Angst mit
       Kontrollverlust.
       
 (DIR) Kommentar Überwachungsgesellschaft: Die digitale Unterwerfung
       
       Die Empörung über die gigantische Ausspähung privater Daten ist groß, aber
       ein Protest dagegen kaum vorhanden. Wir haben verlernt, kollektiv zu
       handeln.
       
 (DIR) Audiovisuelle Erlebnisse im Internet: Das Netz will nicht fernsehen
       
       Eigenständige Produktionen im Internet sind so schwierig zu finanzieren wie
       später zu finden. Ohne einen TV-Sender im Rücken haben sie kaum eine
       Chance.
       
 (DIR) Stalking im Internet: Betreff: Du stirbst
       
       „Wollen wir Mailfreunde werden?“, fragt der Mann. Sie schreibt ihm eine
       nette Abfuhr – ein Fehler. Was folgt, sind sieben Jahre Belästigung.